Leitsatz (amtlich)

Die Abgrenzung zwischen einem Inhaltsirrtum im Sinne von § 119 Abs. 1 BGB und einem Eigenschaftsirrtum im Sinne von § 119 Abs. 2 BGB kann im Einzelfall schwierig sein.

Der Abgrenzungsstreit kann dahingestellt bleiben, wenn der Anfechtende jedenfalss einem Eigenschaftsirrtum erlegen ist.

So sind bei dem Kauf eines Pferdes Alter und Stammbaum wertbildende Merkmale und daher verkehrswesentliche Eigenschaften im Sinne von § 119 Abs. 2 BGB.

 

Verfahrensgang

LG Essen (Aktenzeichen 12 O 6/17)

 

Tenor

Die Berufung des Beklagten gegen das am 09.02.2018 verkündete Urteil der 12. Zivilkammer des Landgerichts Essen wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Beklagte.

Das angefochtene Urteil ist nunmehr ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

Dieses Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

A. Die Parteien hatten einen Kaufvertrag über ein Pferd namens "H" geschlossen, welches von dem Kläger an den in den Niederlanden lebenden Beklagten veräußert und übereignet wurde. Aufgrund hier nicht relevanter Gründe kamen die Parteien überein, dass der Beklagte die Möglichkeit erhalten sollte, das Pferd "H" gegen ein anderes Pferd des Klägers zu tauschen.

Am 13.12.2016 teilte der Kläger dem Beklagten per E-mail mit, dass dieser "H" gegen das Pferd "F" tauschen könne. Der Kläger erläuterte dem Beklagten per E-mail vom selben Tag, dass "F" aus einer sogenannten "Linienzucht" stamme und Vater des Pferdes "F" das Pferd "Q" und Mutter "Q2" sei. Der Beklagte bat - ebenfalls per E-Mail vom 13.12.2016 - um die Übersendung eines Fotos. Dieser Bitte kam der Kläger nach (vgl. zur E-mail-Korrespondenz Bl. 74 f. d. A.).

Ein Mitarbeiter des Klägers hatte jedoch nicht die Stute "F" aus dem Stall geholt, um diese zu fotografieren, sondern fotografierte das Pferd "G". Der Kläger übersandte dem Beklagten daher ein Foto des Pferdes "G" und nicht des Pferdes "F". Die Gründe sind streitig.

Die Parteien vereinbarten, dass der Beklagte sich mit dem Pferd "H" aus den Niederlanden zum Gut des Klägers begeben und sich dort zunächst das Pferd anschauen sollte, welches er im Austausch für "H" erhalten sollte. Dabei ging der Beklagte davon aus, es handele sich bei dem Pferd, welches er im Austausch erhalten solle, um das Pferd, dessen Fotografie ihm vorab zugesandt worden war.

Am 15.12.2016 begab sich der Beklagte vereinbarungsgemäß mit "H" zum Kläger. Durch einen Mitarbeiter des Klägers - den Zeugen D - wurde dem Beklagten sodann die Stute "G" vorgeführt. Der Beklagte sah sich das Pferd an und glich es mit der vorab vom Kläger erhaltenen Fotografie ab. Die Parteien waren sich dann einig, dass der Beklagte das vorgeführte Pferd im Austausch für "H" erhalten sollte. Der Kläger ging jedoch davon aus, dass es sich bei dem vorgeführten Pferd um das von ihm in seiner E-mail erwähnte und bezüglich der Abstammung näher beschriebene Pferd "F" handele.

Die Parteien unterzeichneten nach Besichtigung des Pferdes einen schriftlichen Kaufvertrag (vgl. Anlage K 1 = Bl. 7 f.). In diesem mit "Sales Contract for a Horse" überschriebenen Vertrag ist unter § 1 als Verkaufsobjekt das Pferd "T's F" genannt. Der Beklagte ging bei der Vertragsunterzeichnung davon aus, dass es sich bei dem in dem Kaufvertrag bezeichneten Pferd "F" um das Pferd handele, welches ihm zuvor vorgeführt worden war und über welches sich die Parteien dahingehend geeinigt hatten, dass der Beklagte dieses Pferd im Austausch für H erhalten solle.

Tatsächlich wurde dem Beklagten das Pferd "G" ausgehändigt. Zudem wurde ihm jedoch der Equidenpass für das im Kaufvertrag bezeichnete Pferd "F" überreicht. Der Beklagte verbrachte das Pferd "G" und den Equidenpass für das Pferd "F" in die Niederlande. Dort las der Beklagte den in dem übergebenen Pferd zu Identifikationszwecken implantierten Mikrochip aus und stellte fest, dass der ihm überreichte Equidenpass nicht zu dem ihm übergebenen Pferd gehörte. An diese Feststellung anschließend entwickelte sich zwischen den Parteien erneut eine Korrespondenz per E-mail, im Rahmen derer der Kläger dem Beklagten anbot, das Pferd "F" in die Niederlande zu verbringen und das Pferd "G" abzuholen. Der Beklagte lehnte den angebotenen Austausch ab.

Mit Schreiben seiner Prozessbevollmächtigten vom 22.12.2016 (Anlage K 2 = Bl. 9 ff. d. A.) legte der Kläger dem Beklagte seine Auffassung dar, weiterhin Eigentümer des Pferdes "G" zu sein. Vorsorglich erklärte er auch die Anfechtung der Willenserklärung, welche darauf gerichtet war, dem Beklagten das Pferd "G" zu übereignen. Des Weiteren forderte der Kläger den Beklagten unter Fristsetzung zum 27.12.2016 auf, das Pferd "G" an ihn herauszugeben.

Der Kläger hat die Ansicht vertreten, er sei aufgrund des zwischen den Parteien geschlossenen Kaufvertrages allein zur Übereignung des Pferdes "F" verpflichtet gewesen. Eine Verpflichtung zur Übereignung der Stute "G" sei durch den Kaufvertrag hingegen nicht begründet worden. Die Übergabe des Pferdes "G" sei aufgrund eines Versehen...

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