Verfahrensgang

LG Münster (Entscheidung vom 28.10.2010; Aktenzeichen 2 O 736/09)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 27.03.2014; Aktenzeichen IX ZR 2/12)

BGH (Beschluss vom 21.06.2012; Aktenzeichen IX ZR 2/12)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das am 28. Oktober 2010 verkündete Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Münster wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten der Berufung.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger darf die Zwangsvollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird zugelassen.

 

Gründe

I.

Der Kläger macht als Insolvenzverwalter über das Vermögen von K, geborene B, Ansprüche gegen die Beklagte, geboren 1921, die Stiefmutter der Insolvenzschuldnerin, im Wege der Insolvenzanfechtung geltend.

Die Beklagte ist seit ihrer Geburt schweizer Staatsangehörige und hatte ihren Wohnsitz stets in der Schweiz. Die Beklagte gewährte der Insolvenzschuldnerin, die seit ihrer Geburt über die deutsche Staatsangehörigkeit verfügt, Darlehen auf Grund von Verträgen aus den Jahren 1987 und 2005. Die Darlehensverträge unterzeichnete die Beklagte in der Schweiz.

Zur Sicherung der Darlehensrückzahlungsansprüche der Beklagten trat die Insolvenzschuldnerin am 15.05.2006 Honoraransprüche aus einem Vertrag mit der Y vom 18.04./11.05.2005 zu 50 % an die Beklagte ab. Nachdem auf Grund eines Eigenantrages der Insolvenzschuldnerin vom 10.11.2006 das Amtsgericht Münster mit Beschluss vom 13.11.2006 den Kläger zum vorläufigen Insolvenzverwalter bestellte, schloss der Ehemann der Insolvenzschuldnerin in deren Namen einen Vergleich mit der Y über eine Summe von 27.000,00 €. Der Ehemann der Insolvenzschuldnerin holte für die Schuldnerin am 02.03.2007 das Geld persönlich in Frankreich ab, übergab einen erstrangigen Teilbetrag von 16.600,00 € an einen weiteren Gläubiger der Insolvenzschuldnerin in Düsseldorf und reiste weiter an den Wohnsitz der Beklagten in der Schweiz, um dort der Beklagten den Restbetrag von 10.340,00 € auszuhändigen.

Mit Beschluss vom 04.05.2007 eröffnete das Amtsgericht das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Insolvenzschuldnerin und bestellte den Kläger zum Insolvenzverwalter.

Der Kläger behauptet, am 02.03.2007 sei die Insolvenzschuldnerin zahlungsunfähig gewesen. Die Beklagte habe Kenntnis von der Zahlungsunfähigkeit der Insolvenzschuldnerin gehabt. Die Insolvenzschuldnerin habe auch mit Gläubigerbenachteiligungsvorsatz gehandelt. Der Kläger ist der Auffassung, die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte ergebe sich aus Art. 3 EuInsVO.

Im Übrigen wird hinsichtlich des Sachverhaltes auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

Das Landgericht hat die Klage als unzulässig abgewiesen. Eine internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte sei nicht gegeben. Diese folge weder aus den Normen über die örtliche Zuständigkeit, insbesondere §§ 13, 17; 32; 19 a ZPO, noch dem Luganer Übereinkommen noch Art. 3 Abs. 1 EuInsVO. Aus letzterer Regelung könne nicht hergeleitet werden, dass eine internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte bestehe, wenn sich eine Anfechtungsklage gegen einen Anfechtungsgegner in einem Drittstaat richte. Im Übrigen wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils verwiesen.

Gegen dieses Urteil wendet sich der Kläger mit der Berufung. Zur Begründung führt er im Wesentlichen aus: Der Wohnsitzstaat der Beklagten, die Schweiz, gehöre zwar nicht zum Anwendungsgebiet der EuInsVO. Allerdings richte sich die internationale Zuständigkeit nach Art. 3 EuInsVO auch bei Auslandsbeziehungen zu Drittstaaten allein nach der Verordnung, sofern sie im Eröffnungsstaat Anwendung finde. Wenn man mit dem Europäischen Gerichtshof den Anfechtungsprozess als Annexverfahren zum Eröffnungsverfahren unter die Zuständigkeitsnorm des Art. 3 EuInsVO stelle, könne die Frage, ob der Anfechtungsgegner seinen Sitz in einem EU-Mitgliedsstaat haben müsse, oder ob ein Drittlandbezug ausreiche, nicht anders beantwortet werden als bei dem Eröffnungsverfahren.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

unter Abänderung des am 28.10.2010 verkündeten Urteils des Landgerichts Münster die Beklagte zu verurteilen, an ihn 8.015,08 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 30.12.2009 sowie bezifferte Zinsen in Höhe von 582,40 € zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

II.

Die zulässige Berufung ist nicht begründet. Auch nach Auffassung des Senats ergibt sich eine internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte weder aus dem Luganer Übereinkommen 1988, noch den Normen über die örtliche Zuständigkeit in der ZPO und der EuInsVO. Das beruht im Einzelnen auf folgenden Erwägungen:

1.

Luganer Übereinkommen 1988

Das Luganer Übereinkommen 1988 ist zwar auf den vorliegenden Fall grundsätzlich anwendbar (a), sein sachlicher Anwendungsbereich ist aber nicht ...

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