Leitsatz (amtlich)

Wird dem Kläger auf Grund einer Anzeige von Seiten des Beklagten (wegen eines vermeintlichen groben und gefährlichen Fahrmanövers in einer Autobahnbaustelle) die Fahrerlaubnis vorläufig über einen längeren Zeitraum entzogen, kann er den beklagten Anzeigeerstatter deshalb nicht auf Schadensersatz in Anspruch nehmen, auch wenn dieser später zu dem Vorfall unterschiedliche Darstellungen gibt, die schließlich zur Einstellung des Strafverfahrens gegen den Kläger führen. Ein solches Aussageverhalten begründet nicht schon den Vorwurf der falschen Anschuldigung.

Unterschiedliche Aussagen des Anzeigeerstatters geben keinen Anlass zur Einholung eines aussagepsychologischen Gutachtens.

 

Verfahrensgang

LG Bielefeld (Urteil vom 31.05.2005; Aktenzeichen 7 O 446/04)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das am 31.5.2005 verkündete Urteil der 7. Zivilkammer des LG Bielefeld wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsmittels werden dem Kläger auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger darf die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 120 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte zuvor in derselben Höhe Sicherheit leistet.

 

Gründe

A. Der Kläger begehrt materiellen Schadensersatz i.H.v. 25.342,09 EUR und in einer Größenordnung von 2.000 EUR vorgestelltes Schmerzensgeld aus Anlass des durch eine Strafanzeige des Beklagten gegen ihn eingeleiteten Strafverfahrens wegen vorsätzlicher Straßenverkehrsgefährdung, in welchem ihm für die Zeit vom 28.1.2003 bis zur Verfahrenseinstellung am 22.1.2004 die Fahrerlaubnis vorläufig entzogen war.

Der Beklagte hatte den Kläger am 6.9.2002 gegen 8:00 Uhr ggü. Beamten der Autobahnpolizeiwache M bezichtigt, ihn auf der BAB ... in Fahrtrichtung C. bei N. verkehrswidrig und erheblich gefährdend mit seinem Pkw Audi überholt zu haben, indem er mittig an seinem, des Beklagten, auf dem rechten Fahrstreifen geführten Pkw Mercedes und einem weiteren, auf dem linken Fahrstreifen fahrenden Pkw vorbeigefahren sei und sodann beim Einscheren auf den rechten Fahrstreifen ihn zu einem starken Abbremsen zur Vermeidung eines Auffahrunfalls genötigt habe. Dem Kläger wurde daraufhin mit Beschluss des AG Münster vom 28.1.2003 vorläufig die Fahrerlaubnis entzogen. Nachdem der Kläger erstinstanzlich vom AG Münster zu einer Geldstrafe verurteilt worden war, obwohl der Beklagte in der Hauptverhandlung den Überholvorgang anders - nämlich rechts über den Standstreifen statt mittig - dargestellt hatte, wurde das Strafverfahren in der Berufungsinstanz schließlich mit Zustimmung des Klägers gem. § 153 StPO eingestellt, nachdem der Beklagte als Zeuge in der Hauptverhandlung den Überholvorgang erneut abweichend - nunmehr über den linken Fahrstreifen - beschrieben hatte.

Der Kläger hat behauptet, der Beklagte habe ihn von Anfang an zu Unrecht bezichtigt, während jener zwischenzeitlichen Erinnerungsverlust hinsichtlich des genauen Ablaufs des Überholvorgangs behauptet und geltend gemacht hat, er habe sich stets um eine wahrheitsgemäße Schilderung bemüht und nie die Absicht gehabt, den Kläger wahrheitswidrig zu belasten.

Das LG hat die Klage abgewiesen, da es sich nach Anhörung der Parteien von einem Tatvorsatz des Beklagten hinsichtlich des Vergehens nach § 164 StGB nicht hat überzeugen können. Insoweit sei zumindest nicht auszuschließen, dass der von dem Beklagten bei seinen Zeugenvernehmungen gleichbleibend geschilderte Handlungskern eines bedrohlichen und verkehrswidrigen Überholvorgangs trotz der bestehenden Abweichungen in der Darstellung von Einzelheiten zutreffend sei.

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes bis zum Abschluss der ersten Instanz wird auf das angefochtene Urteil einschließlich seiner Entscheidungsgründe Bezug genommen.

Mit der Berufung begehrt der Kläger Aufhebung des angefochtenen Urteils und Zurückverweisung des Rechtsstreits; hilfsweise verfolgt sein erstinstanzliches Klageziel weiter. Er rügt unzulängliche Tatsachenfeststellung des LG, das verfahrensfehlerhaft seinem Antrag auf Einholung eines aussagepsychologischen Sachverständigengutachtens zum Beweis der Unglaubhaftigkeit der belastenden Angaben des Beklagten nicht nachgekommen sei und auch deshalb das Vorliegen des nötigen Anbeweises für seine, des Klägers, beantragte Parteivernehmung gem. § 448 ZPO verkannt habe. Die - bewusste - Unwahrhaftigkeit der vom Beklagten in seiner Strafanzeige erhobenen Anschuldigung erweise sich - zumindest hinlänglich für die weiter beantragte Beweiserhebung - aus dem zweimaligen Wechsel der Darstellung des angeblich gefährlichen Überholvorgangs im Lauf des Strafverfahrens und seinem Versuch, die Widersprüche auf deren Vorhalt hin vorgeblichen Fehlern der seine vorhergehenden Aussagen aufnehmenden Personen zuzuschreiben.

Der Zurückweisung der Berufung beantragende Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil und hält daran fest, den Kläger nicht zu Unrecht bezichtigt zu haben..

Der Senat hat die Parteien persönlich gem. § 141 ZPO gehört. Wegen des Inh...

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