Entscheidungsstichwort (Thema)

AKB A 2.2.3 Satz 1: Überschwemmungsschaden vergrößert durch "Wasserschlag"

 

Leitsatz (amtlich)

Wird das kaskoversicherte Fahrzeug "durch unmittelbare Einwirkung von Überschwemmung" beschädigt und vergrößert sich dann der Umfang der Beschädigung dadurch, dass versucht wird, den Motor zu starten (sog. Wasserschlag), hat der Versicherer nach den üblichen Bedingungen auch dafür einzustehen (vorbehaltlich besonderer Vorschriften wie etwa § 82 VVG).

 

Verfahrensgang

LG Münster (Urteil vom 30.11.2015)

 

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das am 30.11.2015 verkündete Urteil der 115. Zivilkammer des LG Münster unter Zurückweisung des Rechtsmittels im Übrigen teilweise abgeändert.

Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 6.295,38 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 30.09.2014 und als Nebenforderung weitere 546,50 EUR zu zahlen.

Die Klage bleibt im Übrigen abgewiesen.

Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

 

Gründe

I. Der Kläger macht aus einer bei dem Beklagten genommenen Teilkaskoversicherung einen Anspruch wegen eines Überschwemmungsschadens geltend.

Der Vertrag bestimmt unter A. 2.2. AKB:

"Versicherungsschutz besteht bei Beschädigung, Zerstörung oder Verlust des Fahrzeugs einschließlich seiner mitversicherten Teile durch die nachfolgenden Ereignisse:

[...]

A. 2.2.3 [Satz 1:] Versichert ist die unmittelbare Einwirkung von Sturm, Hagel, Blitzschlag, Überschwemmung Lawinen oder Muren auf das Fahrzeug. [...]. [Satz 5:] Eingeschlossen sind Schäden, die dadurch verursacht werden, dass durch diese Naturgewalten Gegenstände auf oder gegen das Fahrzeug geworfen werden. [Satz 6:] Ausgeschlossen sind Schäden, die auf ein durch diese Naturgewalten veranlasstes Verhalten des Fahrers zurückzuführen sind."

Am Pfingstmontagabend des Jahres 2014 traf der Sturm "Ela" mit Extremregen u.a. die Stadt Mülheim an der Ruhr. Wie in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat unstreitig gewesen ist, geschah Folgendes:

Der versicherte Kastenwagen befuhr den Bereich einer Unterführung. Der Fahrer musste verkehrsbedingt anhalten. Der Wagen wurde dann in kürzester Zeit von Wasser eingeschlossen. Dem Fahrer war es nicht mehr möglich, den Wagen in Sicherheit zu bringen. Das Wasser stieg u.a. bis in die Fahrerzelle und erreichte jedenfalls auch Teile des Motors. Der Motor war schon damit reparaturbedürftig.

Ein von dem Beklagten beauftragter Gutachter ermittelte später einen Nettowiederbeschaffungsaufwand von - nach Abzug der Selbstbeteiligung - 6.295,38 EUR.

Diesen Betrag zuzüglich Nebenforderungen hat der Kläger mit seiner Klage geltend gemacht.

Der Beklagte hatte eine Zahlung zunächst mit der Begründung abgelehnt, dass das Fahrverhalten zu der Überschwemmung des Wagens beigetragen habe; der Fahrer habe sich offenbar nicht auf die besonderen Verhältnisse eingerichtet (Schreiben vom 30.06.2014, GA 25). Der Beklagte hat dann eingewendet, der Motor sei nach der Überschwemmung gestartet worden; dadurch erst sei es - mittelbar - zu einem so genannten "Wasserschlag" gekommen.

Das LG hat die Klage abgewiesen. Es hat als unstreitig angesehen, dass der Motor bei Eintritt der Überschwemmung ausgeschaltet gewesen sei und nach der Überschwemmung (vor Reparatur) gestartet worden sei. Damit fehle es an einer unmittelbaren Beschädigung des Motors durch Überschwemmung.

Auf das Urteil (GA 120-122) wird - auch wegen der Anträge - Bezug genommen.

Der Kläger macht mit der Berufung vor allem geltend: Das Gutachten habe keinen "Wasserschlag" festgestellt. In der Berufungsbegründung heißt es dazu, der Kläger habe bereits in erster Instanz vorgetragen, es sei nach der Überschwemmung lediglich versucht worden, den Motor zu starten; tatsächlich sei dieser aber nicht angesprungen. In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat der Kläger erklärt, er könne nicht angeben, ob der Motor bei Einwirken der Überschwemmung noch gelaufen sei; nach der Überschwemmung sei allenfalls versucht worden - ohne Erfolg -, den Motor zu starten.

Der Kläger beantragt, den Beklagten unter Abänderung des angefochtenen Urteils zu verurteilen, an ihn 6.295,38 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit - die Zustellung ist am 29.09.2014 erfolgt - sowie als Nebenforderung weitere 827,80 EUR zu zahlen.

Der Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt die angefochtene Entscheidung. Auf entsprechenden Hinweis in der Terminsverfügung hat er ausgeführt, auch ein verkehrsgerechter Gebrauch des Fahrzeugs nach einer Überschwemmung sei eine weitere - mittelbare - Schadensursache.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien in der Berufungsinstanz wird auf die Schriftsätze verwiesen.

II. Die Berufung hat überwiegend Erfolg. Die Klage ist bis auf einen Teil der geltend gemachten Rechtsanwaltskosten begründet.

1. Der Kläger hat gemäß § 1 Satz 1 VVG in Verbindung mit dem Versicherungsvertrag Anspruch auf Zahlung von 6.295,38 E...

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