Entscheidungsstichwort (Thema)

Unzulässigkeit der Auslieferung nach Griechenland aufgrund dortiger Haftbedingungen

 

Leitsatz (amtlich)

Die Auslieferung eines Verfolgten nach Griechenland zur Strafverfolgung wegen Wohnungseinbruchdiebstahls ist derzeit unzulässig, weil im Hinblick auf die dortigen Haftbedingungen die Besorgnis einer unmenschlichen Behandlung des Verfolgten im Sinne des Art. 3 EMRK besteht, welche vorliegend durch die allgemein gehaltenen Auskünfte der griechischen Behörden nicht ausgeräumt worden ist.

 

Normenkette

IRG § 73; EMRK Art. 3

 

Tenor

Die Auslieferung des Verfolgten nach Griechenland zur Strafverfolgung wegen der ihm in dem Europäischen Haftbefehl der Staatsanwaltschaft bei dem Berufungsgericht in Athen vom 13.02.2017 (Az. FE 7826) i. V. m. dem nationalen Haftbefehl des 7. Untersuchungsrichters beim Gericht erster Instanz in Athen vom 20.12.2016 (Az.: Haftbefehl Nr. 18) zur Last gelegten Taten ist unzulässig.

 

Gründe

I.

Die griechischen Behörden ersuchen auf der Grundlage des Europäischen Haftbefehls der Staatsanwaltschaft bei dem Berufungsgericht in Athen vom 13.02.2017 (Az. FE 7826) um die Auslieferung des Verfolgten zur Strafverfolgung wegen (bandenmäßigen) Wohnungseinbruchsdiebstahls u. a..

Die Ausschreibung gründet sich auf den Europäischen Haftbefehl der Staatsanwaltschaft bei dem Berufungsgericht in Athen vom 13.02.2017 - Aktenzeichen: FE 7826 -, der sich wiederum auf den nationalen Haftbefehl des 7. Untersuchungsrichters beim Gericht erster Instanz in Athen vom 20.12.2016 - Aktenzeichen: Haftbefehl Nr. 18 - stützt.

Bezüglich der einzelnen, dem Verfolgten vorgeworfenen Taten wird auf den Inhalt des förmlichen Auslieferungshaftbefehls des Senates vom 06.06.2017 Bezug genommen.

In diesem hatte der Senat angemerkt, dass er im Hinblick auf die Problematik der Haftbedingungen in griechischen Strafanstalten, die möglicherweise nicht durchweg völkerrechtlich verbindlichen Mindeststandards genügen, und im Hinblick auf die später noch zu treffende Zulässigkeitsentscheidung die Generalstaatsanwaltschaft darum bittet, bei den griechischen Justizbehörden eine individuelle, auf den Verfolgten bezogene völkerrechtlich verbindliche Zusicherung einzuholen, aus der sich ergibt, dass der Verfolgte für den Fall seiner Auslieferung an die Griechische Republik für den Fall der weiteren Inhaftierung, sei es zum Zweck der Untersuchungshaft, sei es - im Fall einer späteren Verurteilung - zum Zweck der Strafhaft, in einer Haftanstalt untergebracht wird, in der durchgehend gewährleistet ist, dass die Haftbedingungen den Anforderungen der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten vom 04.11.1950 bzw. den Mindestgrundsätzen für die Behandlung der Gefangenen der Vereinten Nationen (vom 13.05.1977) und/oder den Europäischen Strafvollzugsgrundsätzen vom 11.01.2006 entsprechen. Ferner wurde um eine Zusicherung gebeten, wonach Besuche durch diplomatische oder konsularische Vertreter der Bundesrepublik Deutschland beim Verfolgten während der Dauer seiner Inhaftierung jederzeit möglich sind.

Diesem Hinweis entsprechend hatte die Generalstaatsanwaltschaft Hamm unter dem 07.06.2017 mit einem - in die griechische Sprache übersetzten und postalisch, per E-Mail und Telefax übermittelten - Schreiben die griechischen Behörden um die Abgabe entsprechender Zusicherungen gebeten. Die griechischen Behörden wurden sodann mit ebenfalls übersetztem und auf den o.g. Übertragungswegen übermittelten Schreiben der Generalstaatsanwaltschaft vom 24.07.2017 an die Beantwortung des Schreibens vom 07.06.2017 erinnert.

Auf Antrag der Generalstaatsanwaltschaft Hamm hatte der Senat mit Beschluss vom 01.08.2017 die Fortdauer der Auslieferungshaft gegen den am 28.05.2017 festgenommenen Verfolgten angeordnet und in dem Beschluss darauf hingewiesen, dass der Senat die Frage der Fortdauer der Auslieferungshaft unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit einer kritischen Prüfung zu unterziehen haben werde, sofern bis zum 01.09.2017 keine bzw. keine ausreichende Antwort der griechischen Behörden auf die Schreiben der Generalstaatsanwaltschaft Hamm vom 07.06.2017 und 24.07.2017 vorliegen sollte.

Mit Schreiben vom 28.07./04.08.2017 haben die griechischen Behörden mitgeteilt, dass sich die Haftbedingungen in den Haftanstalten Griechenlands verbessert hätten, weil es aufgrund verschiedener gesetzgeberischen Maßnahmen gelungen sei, die Belegungsquote von 121,4% auf 97,6% zu senken. Hierauf habe auch der Europarat in einer Presseerklärung vom 14.03.2017 hingewiesen.

Die Generalstaatsanwaltschaft hatte im Hinblick auf diese bei ihr am 04.08.2017 eingegangenen ergänzenden Angaben der griechischen Behörden den Vorgang dem Senat zur Bewertung der ergänzenden Stellungnahme der griechischen Behörden vorgelegt.

Mit Beschluss vom 22.08.2017 hatte der Senat die Fortdauer der Auslieferungshaft angeordnet. In dem Beschluss hatte er ausgeführt, dass er die Einschätzung der griechischen Behörden, dass allein aufgrund einer positiven Veränderun...

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