Verfahrensgang

LG Essen (Beschluss vom 12.03.2007; Aktenzeichen 44 O 192/06)

 

Nachgehend

BGH (Beschluss vom 22.01.2009; Aktenzeichen I ZB 115/07)

 

Tenor

wird auf die sofortige Beschwerde der Gläubigerin vom 27.3.2007 unter Abänderung des Beschlusses der 4. Zivilkammer des LG Essen vom 12.3.2007 gegen die Schuldnerin ein Ordnungsgeld i.H.v. 5.000 EUR verhängt.

Die Kosten des Verfahrens trägt nach einem Beschwerdewert von 5.000 EUR die Schuldnerin.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

 

Gründe

I. Der Schuldnerin wurde durch rechtskräftiges Urteil des LG vom 20.12.2006 im Wege der einstweiligen Verfügung - verkündet am Schluss der mündlichen Verhandlung in Abwesenheit der Parteien - unter Androhung der gesetzlichen Ordnungsmittel untersagt, im geschäftlichen Verkehr für das Mittel O mit nachfolgenden Werbeaussagen zu werben:

"Bisher fanden Sie auf dem Markt nur synthetisch hergestelltes Vitamin C mit Retardwirkung. Aufgrund der höheren Bioverfügbarkeit kam für uns aber nur ein natürliches Vitamin C mit dem gleichen Effekt in Frage";

klarstellend: die Werbung mit dem ersten dieser Sätze bleibt zulässig, wenn der zweite Satz in der Werbung nicht ergänzend aufgeführt wird.

Eine Aufbrauchfrist wird nicht gewährt"

Am 11.1.2007 beinhaltete die Internetpräsentation der Schuldnerin in Bezug auf das Produkt "O" die folgende Aussage:

"Apropos natürlich: Während viele Mitbewerber nach wie vor lediglich synathetisch hergestelltes Vitamin-C mit Retardwirkung(Langzeitwirkung) anbieten - weil es einfach und billiger in der Herstellung ist - haben wir uns für Mutter Natur entschieden. Der Grund ist klar: Die Bioverfügbarkeit, also Verwertung, im Körper von natürlichem Vitamin C ist im allgemeinen bedeutend größer als die des synthetisch hergestellten Vitamin C".

Am 12.1.2007 wurde der Schuldnerin (im Parteibetrieb) das Unterlassungsurteil zugestellt wie auch (vom LG) das Sitzungsprotokoll.

Die Schuldnerin veranlasste nunmehr sogleich die Umstellung der streitgegenständlichen Werbung und die Streichung der beanstandeten Passage.

Der Gläubiger hat wegen der Internetwerbung vom 11.1.2007 gegen die Schuldnerin die Verhängung einer angemessenen Ordnungsmaßnahme beantragt. Er meint, das Urteil sei mit seiner Verkündung wirksam. Bei der Zustellung des Verfügungsurteils handele es sich demgegenüber nur um eine allgemeine Vollstreckungsvoraussetzung, die der Zuwiderhandlung auch nachfolgen könne.

Die Schuldnerin hat sich damit verteidigt, dass sich ihre Internetpräsentation auf einen Zeitpunkt vor der Zustellung des Urteils beziehe. Sie vertritt die Auffassung, dass die Festsetzung eines Ordnungsmittels voraussetze, dass zeitlich vor der Zuwiderhandlung der Unterlassungstitel sowie die vorherige Androhung zugestellt sein müsse. Sie wendet sich mit näheren Ausführungen überdies gegen das Vorliegen eines entsprechenden Verschuldens.

Das LG hat den Antrag des Gläubigers auf Verhängung eines Ordnungsmittels zurückgewiesen, mit der Begründung, dass eine Maßnahme nach § 890 ZPO wegen Zuwiderhandlung die Vollstreckbarkeit des Urteils voraussetze. Voraussetzung dafür sei nach § 750 I ZPO die Zustellung des Urteils. Nach dem Zeitpunkt der Zustellung sei eine Verletzung der Unterlassungsverpflichtung nicht erfolgt. Dabei sei zu berücksichtigen, dass die Verhängung eines Ordnungsgeldes ein schuldhaftes Handeln der Schuldnerin voraussetze, ferner, dass der Schuldnerin eine kurze Überlegungsfrist dazu zuzubilligen sei, ob sie bei einem nur für vorläufig vollstreckbaren Urteil eine etwaige Sicherheit leiste. Soweit - wie hier - eine Urteilsverkündung in Abwesenheit der Parteien und ihrer Vertreter erfolge, müsse die Schuldnerin auch die Möglichkeit haben, zunächst die Urteilsgründe zu lesen, um über eine Abwendungsbefugnis sachgerecht entscheiden zu können. Die Kammer gehe davon aus, dass der Schuldnerin ein zur Verhängung von Ordnungsgeld hinreichendes schuldhaftes Verhalten erst bei einer Zuwiderhandlung ab dem Zeitpunkt vorgeworfen werden könne, zu welchem sie erstmals auch die Möglichkeit gehabt habe, die Urteilsbegründung zur Kenntnis zu nehmen.

Der Gläubiger verfolgt seinen Ordnungsmittelantrag mit der von ihm eingelegten sofortigen Beschwerde weiter. Die Schuldnerin verteidigt den angegriffenen Beschluss. Das LG hat der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

II. Die nach §§ 793, 567 ff., 890 ZPO zulässige sofortige Beschwerde des Gläubigers ist begründet und führt zur Verhängung des titulierten Ordnungsgeldes.

Die allgemeinen Zwangsvollstreckungsvoraussetzungen liegen vor, insbesondere ist durch die Zustellung vom 12.1.2007 die Vollziehungsfrist des § 929 II ZPO eingehalten worden. Eine schuldhafte Zuwiderhandlung gegen das streitgegenständliche Unterlassungsgebot i.S.d. § 890 I ZPO ist zu bejahen, da die Schuldnerin ihr Produkt wiederum mit einer größeren Bioverfügbarkeit als bei einem synthetisch hergestellten Vitamin C bewo...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge