Verfahrensgang

LG Detmold (Beschluss vom 22.09.1989; Aktenzeichen 1 O 546/85)

 

Tenor

Der Beschluß der Rechtspflegerin vom 22.09.1989 wird aufgehoben. Die Bewilligung der Prozeßkostenhilfe durch Beschluß vom 25.09.1987 bei Ratenzahlung in Höhe von 210,– DM monatlich bleibt aufrechterhalten.

Der Beschwerdewert wird auf 6.227,14 DM festgesetzt (§§ 11 Abs. 2 Satz 5, 20 Ziff. 4 c RpflG, 120 Abs. 4 ZPO).

 

Gründe

Die form- und fristgerecht gemäß § 11 RpflG erhobene Erinnerung ist begründet.

Zwar ist auch nach rechtskräftiger Entscheidung des Prozesses das Gericht und damit der Rechtspfleger zur Änderung von Entscheidungen über die zu leistenden Zahlungen im Sinne des § 120 Abs. 4 Satz 1 ZPO zuständig. Es war das erklärte Ziel des Gesetzgebers, durch die Einführung dieser Bestimmung die Änderung der Prozeßkostenhilfe auf eine sichere gesetzliche Grundlage zu stellen und auch nach Beendigung des Rechtsstreits einer Einflußnahme der Justizverwaltung zu entziehen (BT-Drucks. 10/3054 S. 18 – vgl. auch OLG Celle JurBüro 1987, 772; SchlHOLG JurBüro 1988, 741; OLG Bamberg JurBüro 1989, 1445; OLG Saarbrücken JurBüro 1988, 98; Mümmler JurBüro 1988, 1306; Kalthoener/Büttner NJW-Schriften 47 Rdn. 425). Die gegenteilige Auffassung (vgl. Baumbach/Lauterbach/Hartmann ZPO, 48. Aufl., § 120 Anm. 8 C c) berücksichtigt dies nicht.

1. Die Voraussetzungen einer Aufhebung der Prozeßkostenhilfe liegen jedoch nicht vor.

§ 120 Abs. 4 ZPO läßt eine Änderung der Entscheidung über die zu leistenden Zahlungen zu, wenn sich die für die Prozeßkostenhilfegewährung maßgebenden persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse wesentlich geändert haben. Im vorliegenden Fall hat aber die Rechtspflegerin dem Inhalt des Beschlusses zufolge nicht Zahlungen geändert, sondern die Gewährung der Prozeßkostenhilfe selbst aufgehoben, und zwar nach dem Verständnis des Beschlusses ex tunc. Denn die Aufhebung der Prozeßkostenhilfe hat Rechtsfolgen lediglich für die bereits entstandenen Kosten. Zukünftige Kosten entstehen in dem rechtskräftig abgeschlossenen Rechtsstreit nicht mehr.

Eine Aufhebung der Prozeßkostenhilfe sieht jedoch § 120 Ziff. 4 ZPO nicht vor. Eine derartige Rechtsfolge ist lediglich aus § 124 ZPO abzuleiten. Die Voraussetzungen dieser Norm liegen jedoch ersichtlich nicht vor.

Auch in entsprechender Anwendung von § 120 Ziff. 4 ZPO oder § 124 ZPO ist nach überwiegender Meinung eine Aufhebung bei nachträglich verbesserten Vermögensverhältnissen nicht möglich, und zwar weder ex tunc noch ex nunc (OLG Bremen FamRZ 1983, 637; OLG Koblenz FamRZ 1985, 725 (11. Senat); OLG Karlsruhe FamRZ 1986, 372; OLG Frankfurt NJW RR 1986, 798; Baumbach/Lauterbach/Hartmann a.a.O. § 120 Anm. 8 Ca). Eine weitere Meinung läßt eine Aufhebung der Prozeßkostenhilfe bei nachträglich verbesserten Vermögensverhältnissen ex nunc, also für die künftig entstehenden Kosten zu (Grunsky NJW 1980, 2045; Schneider MDR 1981, 6; Zöller-Schneider a.a.O. § 124 Rdn. 17). Nur eine Mindermeinung vertritt die Auffassung, der Entscheidung Rückwirkung auf den Zeitpunkt der Veränderung der maßgeblichen Verhältnisse beizulegen (OLG Koblenz FamRZ 1985, 727 (13. Senat); BVerfG NJW 1985, 1768; OLG Düsseldorf NJWRR 1987, 252).

Der Senat schließt sich der erstgenannten Auffassung an. Eine Aufhebung bei (nur) geänderten wirtschaftlichen Voraussetzungen sieht das Gesetz nicht vor. Auch die Entstehungsgeschichte des Gesetzes zeigt, daß Fälle des späteren Vermögenserwerbs durch die Partei unberücksichtigt bleiben sollten. Denn der Vermittlungsausschuß ist dem Anrufungsbegehren des Bundesrates bezüglich § 124 ZPO in seiner Beschlußempfehlung vom 16.04.1980 nicht gefolgt (BT-Druck S. 8/3905; Bundesratsprotokoll, 486. Sitzung vom 09.05.1980, Seite 175). Der Bundesrat hat dem Gesetzentwurf daraufhin in der zu § 124 ZPO unveränderten Fassung zugestimmt. Darüber hinaus zeigt die Einfügung von § 120 Abs. 4 ZPO, daß der Gesetzgeber eine Änderung der persönlichen oder wirtschaftlichen Verhältnisse nur zum Anlaß genommen hat, dem Gericht die Befugnis zu geben, die Entscheidung über die zu leistenden Zahlungen zu ändern. Die Möglichkeit einer Aufhebung der Entscheidung über die Prozeßkostenhilfe hat der Gesetzgeber – in Kenntnis der seit Jahren vertretenen extensiven Auslegung zu § 124 ZPO – nicht vorgesehen. Darüber hinaus Wäre auch nach der insbesondere von Schneider vertretenen Auffassung eine Aufhebung nur für die künftig entstehenen Kosten möglich. Sie würde also nicht die Aufhebung im vorliegenden Falle rechtfertigen.

2. Der Senat hat auch geprüft, ob die Entscheidung der Rechtspflegerin als Nachzahlungsanordnung abgeändert werden kann. Denn die Entscheidung bewirkt für die Klägerin allein, daß sie die noch offenen Kosten statt in Raten in einem Betrage zu zahlen hat.

Unstreitig ist, daß eine Änderung der Entscheidung über die zu leistenden Zahlungen gemäß § 120 Abs. 4 ZPO nicht nur bedeutet, daß aus einer Bewilligung ohne Ratenzahlung eine solche mit Ratenzahlung gemacht und daß umgekehrt verfahren werden kann. Die Änderu...

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