Entscheidungsstichwort (Thema)

Genehmigungsfreiheit der Ausschlagung der Erbschaft für ein Kind

 

Tenor

Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Unna vom 12.04.2018 (12 F 116/18) abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die durch die Eltern des Antragstellers in der Urkunde des Notars C aus T, UR-Nr. .../2018, für den Antragsteller erklärte Ausschlagung der Erbschaft nach dem am ........2017 verstorbenen X bedarf nicht der familiengerichtlichen Genehmigung gemäß § 1643 BGB.

Gerichtskosten für das Beschwerdeverfahren werden nicht erhoben. Eine Erstattung außergerichtlicher Auslagen wird nicht angeordnet.

 

Gründe

I.) Der am ........2003 geborene Antragsteller erstrebt zwecks Vorlage bei der Nachlassabteilung des Amtsgerichts eine Bescheinigung, dass die von seinen sorgeberechtigten Eltern für ihn erklärte Erbausschlagung nach seinem Großvater keiner Genehmigung bedarf.

Der Antragsteller ist der Enkel des am ........1942 geborenen und am ........2017 verstorbenen X (im Folgenden: Erblasser). Der Erblasser errichtete keine Verfügung von Todes wegen. Seine Ehefrau war vorverstorben. Er hinterließ zwei Kinder, nämlich zum einen den Vater des Antragstellers und zum anderen seine Tochter Z. Der Antragsteller ist das einzige Kind seiner Eltern.

Im Jahr 2009 hatte der Erblasser dem Vater des Antragstellers ein mit einem Haus bebautes Grundstück schenkweise übertragen. Eine ähnliche Schenkung an seine Tochter unterblieb. Nach dem Vortrag des Antragstellers, seiner Eltern und weiterer, vom Amtsgericht angeschriebener Personen hatte der Erblasser die Absicht, das andere ihm gehörende Grundstück S-Straße in T seiner Tochter zuzuwenden, um seine beiden Kinder gleichmäßig zu bedenken. Vor seinem unerwarteten Ableben fand er hierzu keine Gelegenheit mehr. Der Nachlass besteht im Wesentlichen aus diesem weiteren Grundstück.

Der Vater des Antragstellers möchte dem Willen des Erblassers zur Geltung verhelfen. Er und die gesamte Familie empfänden es als ungerecht, wenn er zusätzlich zu dem bereits zu Lebzeiten des Erblassers erhaltenen Hausgrundstück auch noch zur Hälfte an der weiteren Immobilie beteiligt würde. Um Schenkungssteuern in nicht unerheblicher Höhe zu ersparen, sah er davon ab, die Erbschaft anzunehmen und seinen hälftigen Anteil an der Immobilie seiner Schwester zu schenken. Vielmehr schlug er zunächst für sich und sodann gemeinsam mit seiner ebenfalls sorgeberechtigen Ehefrau auch für den Antragsteller die Erbschaft aus.

Die Schwester des Vaters des Antragstellers beantragte sodann, ihr einen Erbschein zu erteilen, durch den sie als alleinige Erbin nach ihrem Vater ausgewiesen werde. Das Nachlassgericht wies darauf hin, dass es eine familiengerichtliche Genehmigung der Ausschlagung für den minderjährigen Antragsteller für erforderlich halte. Zwar sei die Ausschlagung nach dem Wortlaut des § 1643 Abs. 2 Satz 2 BGB genehmigungsfrei. Der Normzweck gebiete vorliegend jedoch eine Genehmigung in Fällen wie diesem, in welchem die werthaltige Erbschaft durch die Ausschlagung in eine bestimmte Richtung gelenkt werde.

Der Antragsteller ist der Ansicht gewesen, der klare Wortlaut des § 1643 Abs. 2 Satz 2 BGB sehe die Genehmigungsfreiheit vor. Im Übrigen liege auch kein von der obergerichtlichen Rechtsprechung entwickelter Ausnahmefall vor. Hilfsweise hat er die Erteilung der Genehmigung beantragt.

Das Amtsgericht hat Erkundigungen über den Willen des Erblassers eingeholt. Es hat sodann das beantragte Negativattest abgelehnt und die hilfsweise beantragte familiengerichtliche Genehmigung verweigert. Es ist von einer Genehmigungspflicht ausgegangen. Weiter hat es ausgeführt, die Ermittlungen hätten zwar bestätigt, dass es der Wille des Erblassers gewesen sei, seiner Tochter die andere Immobilie zuzuwenden. Insofern sei es tragisch, dass der Erblasser nichts mehr veranlasst habe. Ausschlaggebender Gesichtspunkt sei jedoch, ob die Ausschlagung der Erbschaft dem Kindeswohl entspreche. Angesichts eines Wertes der Immobilie bzw. der gesamten Erbschaft von 190.000 EUR könne hiervon nicht ausgegangen werden.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die Beschwerde des Antragstellers, mit der er seine erstinstanzlichen Anträge weiter verfolgt. Er macht geltend, der vorliegende Fall sei dem vergleichbar, in welchem das OLG Köln in seiner Entscheidung vom 26.04.2012 (12 UF 10/12) von einer Genehmigungsfreiheit ausgegangen sei. Durch die Ausschlagungen sei dem Willen des Erblassers Rechnung getragen worden. Sein Vater hätte ebenso gut die Erbschaft annehmen und seinen Anteil sodann verschenken können, ohne dass es irgendeiner familiengerichtlichen Genehmigung bedurft hätte. Bei der Interessenabwägung könnten nicht nur wirtschaftliche Überlegungen angestellt werden. Vielmehr sei entscheidend auch das Interesse am Erhalt des Familienfriedens zu berücksichtigen. Die Interessen des Antragstellers seien ausreichend dadurch gewahrt, dass nicht nur sein Vater, sondern auch seine Mutter für ihn die Erbschaft ausges...

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