Entscheidungsstichwort (Thema)

Raub. Pauschgebühr für den als Pflichtverteidiger bestellten Rechtsanwalt

 

Verfahrensgang

LG Bochum (Aktenzeichen 10 KLs 3 Js 735/04)

 

Tenor

Dem Antragsteller wird anstelle der gesetzlichen Gebühr der Grundgebühr Nr. 4100, 4101 VV RVG in Höhe von 162 EUR und der gesetzlichen Gebühr der gerichtlichen Verfahrensgebühr Nr. 4112, 4113 VV RVG in Höhe von 151 EUR ein Pauschgebühr von jeweils 250 EURO (in Worten: zweihundertfünfzig EURO) bewilligt.

 

Tatbestand

I.

Dem ehemaligen Angeklagten wurde im vorliegenden Verfahren versuchter schwerer Raub vorgeworfen. Der ehemalige Angeklagte ist deswegen inzwischen vom Landgericht zu einer Freiheitsstrafe von 5 Jahren verurteilt worden. Das Urteil ist rechtskräftig.

Der Antragsteller ist dem ehemaligen Angeklagten im ersten Hauptverhandlungstermin am 18. Februar 2005 auf Antrag des ehemaligen Angeklagten zum Pflichtverteidiger bestellt worden. Der Antragsteller beantragt nunmehr für seine für den ehemaligen Angeklagten erbrachten Tätigkeiten die Gewährung einer Pauschgebühr anstelle der gesetzlichen Grundgebühr Nr. 4100, 4101 VV RVG und der gerichtlichen Verfahrensgebühr Nr. 4112, 4113 VV RVG. Dies hat er im Wesentlichen mit folgenden Tätigkeiten begründet:

Der Antragsteller ist dem ehemaligen Angeklagten am Freitag, dem 18. Februar 2005, als Pflichtverteidiger beigeordnet worden, nachdem er sich vorab gegenüber dem bis dahin tätigen Wahlanwalt mit der Übernahme der Pflichtverteidigung einverstanden erklärt hatte. Anschließend hat sich der Antragsteller am Wochenende in die ihm vom Wahlanwalt zur Verfügung gestellten Akten – der Umfang betrug rund 300 Seiten – eingearbeitet. Der nächste Hauptverhandlungstermin hat am Dienstag, dem 22. Februar 2005 stattgefunden. Während des gerichtlichen Verfahrens hat der Antragsteller mehrere Schreiben und Anträge verfasst. Darunter haben sich fünf Beweisanträge befunden, die jeweils am folgenden Hauptverhandlungstag in der Hauptverhandlung gestellt worden sind. Der Antragsteller hat sich außerdem mit drei Sachverständigengutachten auseinander gesetzt und gegen das Urteil des Landgerichts Revision eingelegt. Er hat außerdem an den fünf Hauptverhandlungsterminen teilgenommen, insoweit wird aber eine Pauschgebühr nicht geltend gemacht. Zudem hat der Antragsteller Besprechungen mit der Ehefrau des ehemaligen Angeklagten, dem früheren Verteidiger und dem Mandanten selbst geführt, sowie diesen zweimal in der Justizvollzugsanstalt besucht.

Wegen des weiteren Umfangs der Inanspruchnahme und der von dem Antragsteller für seinen Mandanten erbrachten Tätigkeiten wird auf die dem Antragsteller bekannt gemachten Stellungnahmen des Leiters des Dezernats 10 vom 8. Mai 2006 Bezug genommen.

Die gesetzlichen (Pflichtverteidiger-)Gebühren des Antragstellers errechnen sich, soweit eine Pauschgebühr geltend gemacht wird, wie folgt:

Grundgebühr Nr. 4100, 4101 VV RVG

162,00 EUR

Verfahrensgebühr gerichtliches Verfahren Nr. 4112, 4113 VV RVG

151,00 EUR

Der Vorsitzende der Strafkammer hat das Verfahren wegen der kurzen Einarbeitungszeit als „besonders schwierig” angesehen. Der Vertreter der Staatskasse ist dem entgegengetreten. Er sieht das Verfahren auch nicht als „besonders umfangreich” an.

 

Entscheidungsgründe

II.

1.

Auf den Antrag des Antragstellers ist das am 1. Juli 2004 in Kraft getretene RVG anwendbar. Damit war gemäß § 51 Abs. 2 Satz 4 RVG in Verbindung mit § 42 Abs. 3 RVG der Einzelrichter zuständig. Die Übertragung des Sache auf den Senat zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung war nicht geboten.

2.

Dem Antragsteller war gem. § 51 Abs. 1 RVG anstelle der Grundgebühr Nr. 4100, 4101 VV RVG und der gerichtlichen Verfahrensgebühr Nr. 4112, 4113 VV RVG eine Pauschgebühr zu bewilligen, da er insoweit in einem „besonders umfangreichen” Verfahren tätig geworden ist.

a) Der Antragsteller hat eine Pauschgebühr für die Grundgebühr und die gerichtliche Verfahrensgebühr erster Instanz beantragt. Zutreffend weist der Vertreter der Staatskasse in seiner dem Antragsteller bekannten Stellungnahme darauf hin, dass gemäß § 51 Abs. 1 Satz 1 RVG die Bewilligung einer Pauschgebühr für einzelne Verfahrensabschnitte möglich ist. Als Verfahrensabschnitt ist jeder Teil des Verfahrens anzusehen, für den besonderen Gebühren im Vergütungsverzeichnis vorgesehen sind (vgl. zu allem Burhoff, RVG Straf- und Bußgeldsachen, § 51 Rn. 26). Zutreffend ist es auch, wenn dann nur darauf abgestellt wird, ob dieser Verfahrensabschnitt „besonders umfangreich” oder „besonders schwierig” gewesen ist. Die übrigen vom Antragsteller erbrachten Tätigkeiten sind dann für die Bewilligung einer Pauschgebühr ohne Bedeutung (Burhoff, a.a.O.). Auf dieser Grundlage gilt:

b) Das Verfahren war nicht „besonders schwierig” im Sinne von § 51 Abs. 1 RVG. Zwar hat der Vorsitzende das Verfahren wegen der kurzen Einarbeitungszeit als besonders schwierig angesehen. Der Senat vermag sich jedoch vorliegend nicht der insoweit grundsätzlich maßgeblichen Einschätzung des Vorsitzenden (vgl. dazu Sen...

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