Leitsatz (amtlich)

1. Der Prozessbevollmächtigte des Streithelfers hat keinen Anspruch auf die Vergleichsgebühr, wenn der Vergleich nur zwischen den Parteien abgeschlossen worden ist und keine Rechtsverhältnisse des Streitverkündeten regelt, und zwar auch dann nicht, wenn der Vergleichsinhalt mit ihm abgestimmt worden ist und er zugestimmt hat.

2. Eine entgegengesetzte in der Kostengrundentscheidung zum Ausdruck gekommene Auffassung des Gerichts in Form einer Regelung der dem Streithelfer durch den Vergleich erwachsenen Kosten hat für die Kostenfestsetzung keine Bindungswirkung dahin, dass die Vergleichsgebühr allein deshalb anzusetzen wäre.

 

Normenkette

BRAGO § 23 Abs. 1

 

Verfahrensgang

LG Münster (Aktenzeichen 24 O 166/97)

 

Tenor

Der den Streithelfern von der Beklagten zu erstattende Betrag wird abändernd auf 24.344,15 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 2.3.2001 festgesetzt.

Der weitergehende Kostenfestsetzungsantrag der Streithelfer vom 27.2.2001 wird zurückgewiesen.

Die Streithelfer tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens nach einem Gegenstandswert von 7.361,25 DM.

 

Gründe

Der als „Erinnerung” bezeichnete Rechtsbehelf der Beklagten ist als sofortige Beschwerde zulässig (§§ 104 Abs. 3 ZPO, 11 Abs. 1 RPflG) und hat auch in der Sache Erfolg.

Die Streithelfer können die hälftige Erstattung einer Vergleichsgebühr nach § 23 Abs. 1 BRAGO nicht verlangen, so dass der ihnen von der Beklagten zu erstattende Betrag um 7.361,25 DM auf 24.344,15 DM zu kürzen ist.

Ihre zweitinstanzlichen Prozessbevollmächtigten haben keine Vergleichsgebühr verdient, weil sie beim Abschluss des am 11.1.2001 geschlossenen Prozessvergleichs nicht i.S.v. § 23 Abs. 1 BRAGO mitgewirkt haben. Der Vergleich ist allein von der Klägerin und der Beklagten geschlossen worden, die den Rechtsstreit auf diese Weise mit Wirkung auch für die Streithelfer und die von ihnen eingelegte Berufung erledigen konnten (vgl. Zöller/Vollkommer, ZPO, 22. Aufl., § 67 Rz. 5).

Ein Vergleich ist gem. § 779 Abs. 1 BGB ein Vertrag, durch den der Streit oder die Ungewissheit über ein Rechtsverhältnis im Wege gegenseitigen Nachgebens beseitigt wird. In diesem Sinne haben die Klägerin und die Beklagte ihre Auseinandersetzung über die von der Klägerin geltend gemachten Schadensersatzansprüche wegen eines ihr entstandenen Wasserschadens unter gleichzeitiger Einigung über die Kosten des Rechtsstreits beendet.

An diesem Vertrag waren die Streithelfer weder in sachlicher Hinsicht noch bezüglich der ihnen entstandenen Prozesskosten beteiligt. Sie haben keine Willenserklärung abgegeben, durch die sie eine Rechtsposition ganz oder teilweise aufgegeben haben. Im Vergleich ist unter Nr. 1 geregelt, dass der Haftpflichtversicherer der Beklagten einen bestimmten Betrag auf die von der Klägerin geltend gemachte Forderung zu zahlen hat, ohne dass zusätzlich eine irgendwie geartete Verbindlichkeit der Streithelfer gegenüber einer der Parteien positiv festgelegt oder ausgeschlossen ist. Zwar hat die Klägerin unter Nr. 3 des Vergleichs „etwaige Ersatzansprüche” aus dem Schadensfall gegen die Streithelfer an den Haftpflichtversicherer der Beklagten abgetreten. Auch daraus lässt sich jedoch keine Vergleichsbeteiligung der Streithelfer ableiten, weil die Abtretung ihrer Zustimmung nicht bedurfte.

Schließlich sind unter Nr. 2 des Vergleichs vom 11.1.2001 entgegen dem gerichtlichen Vergleichsvorschlag vom 7.12.2000 nur die Kosten des Rechtsstreits geregelt worden, zu denen die außergerichtlichen Kosten der Streithelfer, wie aus § 101 Abs. 1 ZPO folgt, nicht gehören, so dass über sie der 24. Zivilsenat mit Beschluss vom 30.1.2001 entsprechend § 91a ZPO zu bestimmen hatte (s. Zöller/Herget, ZPO, 22. Aufl., § 101 Rz. 9). Die Streithelfer sind mit dem Vergleich also keine irgendwie geartete Verpflichtung eingegangen. Alle Bestimmungen des Vergleichs konnten unabhängig von ihrer Zustimmung von der Klägerin und der Beklagten getroffen werden.

Bei dieser Sachlage lässt sich auch der rein tatsächlichen Abklärung des gerichtlichen Vergleichsvorschlags zwischen den Streithelfern und ihren Prozessbevollmächtigten und der zustimmenden Mitteilung an das Gericht mit Schriftsatz vom 20.12.2000 nicht entnehmen, dass die Streithelfer am 11.1.2001 Parteien eines Vergleichsvertrages geworden sind, zumal die Abstimmung zunächst schon deshalb notwendig erschien, weil sich der Vergleichsvorschlag entgegen dem späteren Vergleich auch auf die außergerichtlichen Kosten der Streithelfer bezog.

Der Prozessbevollmächtigte eines Streithelfers hat keinen Anspruch auf die Vergleichsgebühr, wenn der zwischen den Parteien geschlossene Vergleich, wie hier, nicht zugleich Rechtsverhältnisse des Streithelfers regelt. Es genügt auch nicht, wenn der Rechtsanwalt des Streithelfers bei dem Vergleich der Parteien mitgewirkt hat (siehe OLG Hamm JurBüro 1975, 913; Beschl. v. 26.3.1992 – 4 W 16/92, OLGReport Hamm 1993, 300; JurBüro 1995, 81; von Eicken in Gerold/Schmidt/von Eicken/Madert, BRAGO, 14. Aufl., § 23 Rz. 28; Fraunholz in Riedel/Sußbauer, BRAGO...

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