Leitsatz (amtlich)

1. Mit der Ausübung des Kapitalwahlrechts verliert eine Rentenversicherung, die nicht dem Betriebsrentengesetz oder dem Altersvorsorgeverträge-Zertifizierungsgesetz unterliegt, ihren Charakter als Altersversorgung i.S. des § 2 Abs. 2 Nr. 3 VerAusglG und unterfällt nicht mehr dem Ausgleichssystem des Versorgungsausgleichs.

2. Entzieht ein Ehegatte durch Ausübung des Kapitalwahlrechts ein Anrecht dem Versorgungsausgleich und wird dies wegen der Vereinbarung der Gütertrennung nicht dadurch kompensiert, dass der andere Ehegatte über den Zugewinnausgleich an dem Vermögenswert teilhat, ist es regelmäßig grob unbillig i.S. des § 27 VersAusglG, wenn er seinerseits eine ungeschmälerte Teilhabe an den Anrechten des anderen Ehegatten begehrt.

3. Zur Wiederherstellung des Halbteilungsgrundsatzes und der Teilhabegerechtigkeit ist der Ausgleich der Anrechte des anderen Ehegatten in dem Umfang herabzusetzen, in dem er durch die Ausübung des Kapitalwahlrechts benachteiligt ist. Die insoweit vorzunehmende Wertermittlung der Anrechte kann mit Hilfe der korrespondierenden Kapitalwerte i.S. des § 47 VersAusglG vorgenommen werden.

4. Ist hierbei eine Kürzung des Ausgleichs eines Anrechts in der allgemeinen Rentenversicherung vorzunehmen, so kann der Kapitalbetrag, um welchen die Kürzung vorzunehmen ist, dadurch in Entgeltpunkte umgerechnet werden, dass er entweder durch den am Ende der Ehezeit maßgeblichen Umrechnungsfaktor, der in der Auskunft mitgeteilt ist, dividiert wird oder mit dem Faktor zur Umrechnung von Beiträgen, Barwerten, Deckungskapitalien und Deckungsrücklagen in der allgemeinen Rentenversicherung in Entgeltpunkte multipliziert wird.

 

Normenkette

VersAusglG § 2 Abs. 2 Nr. 3, §§ 27, 47

 

Verfahrensgang

AG Soest (Aktenzeichen 16 F 84/18)

 

Tenor

Auf die Beschwerde des Antragsgegners wird der Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Soest vom 19.11.2018 im Ausspruch zum Versorgungsausgleich teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Im Wege der internen Teilung wird zu Lasten des Anrechts der Antragstellerin bei der E A (Vers.-Nr. 00 000000 ... 507) zugunsten des Antragsgegners ein Anrecht in Höhe von 11,2914 Entgeltpunkten auf das vorhandene Konto 00 000000 hellip; 028 bei der E X, bezogen auf den 31.03.2018, übertragen.

Im Wege der internen Teilung wird zu Lasten des Anrechts des Antragsgegners bei der E X (Vers.-Nr. 00 000000 hellip; 028) zugunsten der Antragstellerin ein Anrecht in Höhe von 3,2724 Entgeltpunkten auf das vorhandene Konto 00 000000 hellip; 507 bei der E A, bezogen auf den 31.03.2018, übertragen im Wege der internen Teilung wird zu Lasten des Anrechts des Antragsgegners bei der C D GmbH zugunsten der Antragstellerin ein Anrecht in Höhe von 482,54 EUR im Monat, bezogen auf den 31.03.2018, übertragen.

Ein Versorgungsausgleich der Anrechte der Antragstellerin bei der N Lebensversicherungs-AG (Vers.-Nr. 0.000.000.056), der Q Lebensversicherung AG (Vers.-Nr. hellip;; 00000059) und der P e. V. (Vers.-Nr. 00000.0001) und des Anrechts des Antragsgegners bei der B Lebensversicherung AG (Vers.-Nr. 00000000 005) findet nicht statt.

Wegen der Anrechte des Antragsgegners bei der B M dac (Vers.-Nr. 00000000 007 und 00000000 006) bleibt ein Wertausgleich nach der Scheidung vorbehalten.

Die weitergehende Beschwerde des Antragsgegners wird zurückgewiesen.

Die Beschwerde der Beteiligten zu 8. ist erledigt.

Der Antragsgegner trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens nach einem Wert von 8.475 EUR.

 

Gründe

A. Die Beteiligten streiten über den Versorgungsausgleich.

Die am 00.00.1969 geb. Antragstellerin und der am 00.00.1966 geb. Antragsgegner schlossen am 00.06.1992 die Ehe. Wenige Tage vor der Eheschließung, am 00.05.1992, hatten sie in einem notariellen Ehevertrag die Gütertrennung vereinbart (Urk. Nr. 00 der Urkundenrolle für 1992 des Notars T mit Amtssitz in Hamm). Aus ihrer Ehe gingen 2 Kinder hervor, die am 00.00.1997 geb. Zwillinge L und H C. Am 00.04.2010 trennten sich die Eheleute; der Antragsgegner zog seinerzeit aus der ehelichen Wohnung, dem ihm gehörenden Hausgrundstück S 00 in M1, aus. Die Antragstellerin verblieb mit beiden Söhnen in diesem Haus.

Mit Schriftsatz vom 19.03.2018 hat die Antragstellerin die Ehescheidung beantragt. Am 17.04.2018 ist dieser Antrag dem Antragsgegner zugestellt worden.

Die beteiligten Eheleute haben in der Ehe folgende Versorgungsanrechte erworben:

1. Antragstellerin:

a) Anrecht in der gesetzlichen Rentenversicherung bei der E A. Diese hat in ihrer Rentenauskunft vom 15.06.2018 den Ehezeitanteil mit 24,0377 Entgeltpunkten und den Ausgleichswert mit 12,0189 Entgeltpunkten angegeben.

b) Private Rentenversicherung nach dem Altersvorsorgeverträge-Zertifizierungsgesetz ("Riester-Rente") bei der N-Lebensversicherungs-AG; diese hat in ihrer Auskunft vom 15.05.2018 den Ehezeitanteil mit 13.295,72 EUR angegeben, von dem 12.798,07 EUR auf das Deckungskapital und 497,65 EUR auf das Fondsgewinnguthaben entfielen. Den Ausgleichswert hat sie mit 6.647,87 EUR beziffert, von denen 6.399,0...

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