Leitsatz (amtlich)

Der Einspruch gegen einen Bußgeldbescheid kann auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkt werden (Aufgabe von OLG Hamm; Beschl. v. 09. 11. 1999, 4 Ss OWi 1061/99, DAR 2000, 130). Ist im Bußgeldbescheid keine Schuldform angegeben, ist von fahrlässiger Begeungsweise auszugehen.

 

Verfahrensgang

AG Tecklenburg (Aktenzeichen 26. 03. 2002)

 

Tenor

Die Rechtsbeschwerde wird auf Kosten des Betroffenen verworfen.

 

Gründe

I.

Durch Bußgeldbescheid des Landrats des Kreises Steinfurt vom 27. Dezember 2001 wurde gegen den Betroffenen wegen Überschreitens der zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h um 53 km/h eine Geldbuße von 170, 00 Euro festgesetzt und außerdem ein Fahrverbot für die Dauer eines Monats angeordnet sowie eine Anordnung gemäß § 25 Abs. 2 a StVG getroffen. Nach den Angaben des Bußgeldbescheides ist die Geschwindigkeitsmessung durch Nachfahren mit dem Funkstreifenwagen MS-3661, dessen Tachometer bis zum 11. Januar 2001 justiert war (nach dem von der Polizei der Anzeige beigefügten Beiblatt war der Tacho tatsächlich justiert bis 11. 01. 2002), erfolgt. Die Länge der Messstrecke hat ca. 1. 500 Meter, der Abstand zum vorausfahrenden Fahrzeug ca. 150 Meter betragen. Es wurde ein "Toleranzwert" von 15 % der gemessenen Geschwindigkeit mit 27 km/h berücksichtigt.

Gegen diesen Bußgeldbescheid hat der Betroffene Einspruch eingelegt, den er mit Schriftsatz seines hierzu bevollmächtigten Verteidigers vom 07. März 2002 auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkt hat.

Das Amtsgericht Tecklenburg, das diese Beschränkung als wirksam angesehen hat, hat gegen den Betroffenen "wegen einer fahrlässig begangenen Verkehrsordnungswidrigkeit der Geschwindigkeitsüberschreitung eine Geldbuße von 170, 00 Euro festgesetzt" und außerdem ein einmonatiges Fahrverbot mit der Anordnung nach § 25 Abs. 2 a StVG verhängt.

Bei der Verurteilung ist das Amtsgericht von folgendem rechtskräftig feststehenden Sachverhalt ausgegangen:

"Der Betroffene N. A. befuhr am 05. 11. 2001 gegen 17: 30 Uhr in Lengerich die Bundesautobahn A 1 in Fahrtrichtung Dortmund. Innerhalb einer ausgeschilderten Geschwindigkeitsbegrenzungszone auf 100 km/h befuhr er die Bundesautobahn mit mindestens 153 km/h und überschritt damit die zulässige Höchstgeschwindigkeit um mindestens 53 km/h. Bei sorgfältiger Beachtung der Beschilderung und entsprechender Fahrweise hätte der Betroffene den Verstoß vermeiden können. "

Gegen das Urteil richtet sich die Rechtsbeschwerde des Betroffenen mit näheren Ausführungen zur Rüge der Verletzung sachlichen Rechts.

Die Generalstaatsanwaltschaft hat beantragt,

das angefochtene Urteil mit den zugrundeliegenden Feststellungen aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Amtsgericht Tecklenburg zurückzuverweisen.

II.

Die zulässige Rechtsbeschwerde ist nicht begründet.

1.

Zutreffend ist das Amtsgericht von der Wirksamkeit der Beschränkung des Einspruchs auf den Rechtsfolgenausspruch ausgegangen.

Nach der seit dem 01. März 1998 geltenden Regelung in § 67 Abs. 2 OWiG kann ein Einspruch gegen einen Bußgeldbescheid auf bestimmte Beschwerdepunkte beschränkt werden. Damit ist eine Beschränkung auf den Rechtsfolgenausspruch möglich. Soweit der Senat in seiner früheren Entscheidung vom 09. November 1999 in 4 Ss OWi 1061/99 (DAR 2000, 130) eine abweichende Ansicht vertreten hat, hält er daran nicht mehr fest. Er schließt sich nunmehr der Auffassung des hiesigen 2. Strafsenats (vgl. dessen Beschluss vom 12. Mai 2000 in 2 Ss OWi 408/2000) sowie der inzwischen herrschenden Meinung in der Rechtsprechung und Literatur an (vgl. BayObLG, NZV 2000, 50; OLG Celle, NdsRpfl 1999, 347, KG, Wistra 99, 196; Katholnigg, NJW 1998, 568, 570 sowie jetzt auch Göhler, OWiG, 13. Auflage, § 67 Rdnr. 34 e).

Voraussetzung für die Zulässigkeit der Beschränkung des Einspruchs auf den Rechtsfolgenausspruch ist allerdings, dass der Bußgeldbescheid den Anforderungen des § 66 Abs. 1 OWiG entspricht. Der Wirksamkeit der Beschränkung steht nicht entgegen, dass der Bußgeldbescheid - wie hier - keine Angaben zur Schuldform enthält. In diesem Fall geht der Bußgeldrichter - wie es dem angefochtenen Urteil im übrigen auch zu entnehmen ist - von fahrlässiger Begehungsweise aus (vgl. OLG Celle a. a. O. ). Im übrigen ist die dem Betroffenen zur Last gelegte Tat hinreichend im Bußgeldbescheid konkretisiert.

Die Auffassung der Generalstaatsanwaltschaft, das angefochtene Urteil enthalte keine ausreichenden tatsächlichen Feststellungen zur Schuldfrage, weil in den Urteilsgründen die angewandte Messmethode nicht mitgeteilt und darüberhinaus nicht dargelegt sei, dass mögliche Fehlerquellen einem etwaigen Toleranzabzug unterliegen, und das hindere die Annahme einer wirksamen Beschränkung des Einspruchs auf den Rechtsfolgenausspruch, trifft nicht zu. Im Bußgeldbescheid (vgl. Seite 2 des Bescheides) sind die erforderlichen Angaben hinreichend vollständig niedergelegt, auf diesem Hintergrund sind nähere Feststellungen zur angewandten Messmethode und zu den anzunehm...

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