Leitsatz (amtlich)

1. Über die Beschwerde gegen die Festsetzung eines Zwangsgeldes nach § 82 GBO hat der Einzelrichter zu entscheiden.

2. Bei der Beurteilung der Frage, ob berechtigte Gründe für eine Zurückstellung des Berichtigungszwangs vorliegen, ist als Parallelwertung des Gesetzgebers die Gebührenfreiheit nach § 60 Abs. 4 KostO für Erben des eingetragenen Eigentümers in den Blick zu nehmen, wenn der Eintragungsantrag binnen zwei Jahren seit dem Erbfall bei dem Grundbuchamt eingereicht wird.

 

Normenkette

GBO § 82; FamFG § 35; ZPO § 568

 

Verfahrensgang

AG Hagen (Beschluss vom 18.03.2010; Aktenzeichen HL-529-1)

 

Tenor

Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben.

 

Gründe

I. In dem eingangs genannten Grundbuch ist Frau G geborene M als Eigentümerin eingetragen. Mit Schreiben vom 17.11.2009 übersandte das Nachlassgericht dem Grundbuchamt eine Ablichtung der Niederschrift über die Eröffnung der Verfügung von Todes wegen vom 17.11.2009, aus der sich ergibt, dass die eingetragene Eigentümerin am 16.9.2009 verstorben ist und ein notarielles Testament vom 6.8.1949 (UR-Nr. .../1949 des Notars Dr. N in I3) hinterlassen hat. In dem Testament setzte die Erblasserin (Zitat:) "meine Kinder" ein.

Mit Verfügung vom 3.12.2009 gab das Grundbuchamt dem Beteiligten auf, bis zum 1.3.2010 einen Grundbuchberichtigungsantrag zu stellen. Der Beteiligte hatte bereits mit dem am 4.12.2009 bei dem AG eingegangenen Schreiben vom 2.12.2009 mit der Begründung, er sei das einzige Kind seiner Mutter, sein Vater habe ein Nießbrauchsrecht an dem Nachlassvermögen erhalten, einen Grundbuchberichtigungsantrag gestellt. Mit Schreiben vom 8.12.2009 forderte das Grundbuchamt von dem Beteiligten die Vorlage eines Erbscheins, weil die Erblasserin in dem Testament pauschal "die Kinder" eingesetzt habe, das Grundbuchamt aber nicht Ermittlungen zu den Familienverhältnissen anstellen könne. Der Verfahrensbevollmächtigte des Beteiligten übersandte daraufhin unter dem 15.1.2010 eine notariell beurkundete eidesstattliche Versicherung vom 17.12.2009 und beantragte erneut dessen Eintragung als Alleineigentümer. In der notariellen Urkunde versicherte der Beteiligte, er sei der einzige Abkömmling seiner Mutter, die auch keine außerehelichen oder adoptierte Abkömmlinge habe.

Das Grundbuchamt teilte mit mehreren Schreiben mit, es sei weiterhin ein Erbschein vorzulegen, da der Erbnachweis nicht durch das Testament und die eidesstattliche Versicherung erbracht sei. Es bestimmte eine Frist zur Vorlage eines Erbscheins bis zum 8.3.2010 und kündigte an, andernfalls das Berichtigungszwangsverfahren fortzuführen und ein Zwangsgeld festzusetzen.

Mit Beschluss vom 18.3.2010 setzte das AG ein Zwangsgeld von 200 EUR fest, weil der Beteiligte der Beteiligte die Verfügung vom 3.12.2009 bezüglich der Vorlage eines Erbscheins nicht befolgt habe, und forderte den Beteiligten unter Androhung der Festsetzung eines weiteren Zwangsgeldes auf, den Erbschein bis zum 23.4.2010 vorzulegen.

Hiergegen richtet sich die rechtzeitig eingelegte Beschwerde, mit welcher der Beteiligte beantragt, den angefochtenen Beschluss aufzuheben und das Grundbuchamt anzuweisen, die Grundbuchberichtigung nach Maßgabe des Antrags vom 15.1.2010 zu vollziehen.

II. Über die Beschwerde hat gem. §§ 35 Abs. 5 FamFG, 568 ZPO der Einzelrichter zu entscheiden (Demharter, GBO, § 71 Rz. 3 und 81 Rz. 3). Sie ist gem. § 71 Abs. 1 GBO zulässig und hat in der Sache Erfolg, soweit der Beteiligte mit dem Rechtsmittel die Aufhebung der Zwangsgeldfestsetzung erstrebt.

Der angefochtene Beschluss des Grundbuchamtes vom 25.3.2010 ist in dem grundbuchrechtlichen Amtsverfahren nach § 82 S. 1 GBO ergangen. Nach dieser Vorschrift soll das Grundbuchamt, wenn das Grundbuch hinsichtlich der Eintragung des Eigentümers durch Rechtsübergang außerhalb des Grundbuchs unrichtig geworden ist, dem Eigentümer die Verpflichtung auferlegen, den Antrag auf Berichtigung des Grundbuches zu stellen und die zur Berichtigung des Grundbuchs notwendigen Unterlagen zu beschaffen. Die Erzwingung der auferlegten Verpflichtung erfolgt nach Maßgabe des § 35 FamFG, also durch Androhung eines der Höhe nach bestimmten Zwangsgeldes für den Fall, dass der Beteiligte die ihm auferlegte Verpflichtung nicht innerhalb einer zu bestimmenden Frist erfüllt. Bleibt die Androhung erfolglos, kann das Zwangsgeld nunmehr festgesetzt werden.

Allerdings soll das Grundbuchamt nach § 82 S. 2 GBO Maßnahmen des Grundbuchberichtigungszwangs zurückstellen, solange berechtigte Gründe dafür vorliegen; liegen solche vor, kann von der für eine Zwangsgeldfestsetzung erforderlichen schuldhaften Nichterfüllung der einem Beteiligten auferlegten Verpflichtung nicht ausgegangen werden. Bei der Beurteilung der Frage, ob berechtigte Gründe für eine Zurückstellung des Berichtigungszwangs vorliegen, ist als Parallelwertung des Gesetzgebers die Gebührenfreiheit nach § 60 Abs. 4 KostO für Erben des eingetragenen Eigentümers in den Blick zu nehmen, wenn der Eintragungsantrag binnen zwei Jahren seit dem Erbfall bei...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge