Leitsatz (amtlich)

Der Nachweis einer testamentarischen Erbfolge, die durch das Pflichtteilsverlangen eines Miterben bedingt ist, kann gegenüber dem Grundbuchamt nicht durch die notarielle Urkunde und ggf. ergänzende Vorlage von Belegen oder eine eidesstattliche Versicherung über das Pflichtteilsverlangen, sondern nur durch einen Erbschein geführt werden.

 

Normenkette

GBO § 35 Abs. 1 S. 2

 

Verfahrensgang

AG Castrop-Rauxel (Aktenzeichen CR 4070-19)

 

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 500 EUR festgesetzt.

 

Gründe

Die Beschwerde des Beteiligten ist nach den §§ 71 GBO statthaft und auch im Übrigen zulässig. Die angefochtene Verfügung enthält inhaltlich die Auferlegung der Verpflichtung, zur Durchführung der Grundbuchberichtigung nach dem Tode der Mutter des Beteiligten einen Erbschein beizubringen. Die Verfügung findet ihre rechtliche Grundlage in § 82 S. 1 GBO (s. dazu die nachstehenden Ausführungen). Nach der Rechtsprechung des Senats, von der abzurücken er keinen Anlass sieht, ist bereits die Verfügung, durch die einem Beteiligten eine Verpflichtung i.S.d. § 82 S. 1 GBO auferlegt wird, mit der Beschwerde nach § 71 Abs. 1 GBO anfechtbar (FGPrax 2011, 322). Der Senat geht davon aus, dass die Beschwerde des Beteiligten sich nicht auch zusätzlich gegen die weitere ausgesprochene "Androhung" eines Zwangsgeldes i.H.v. 200 EUR richtet. Diese Androhung ist verfahrensrechtlich ohnehin gegenstandslos, weil sie als Voraussetzung für eine spätere Festsetzung eines Zwangsgeldes in der dafür maßgeblichen Vorschrift des § 35 FamFG nicht mehr vorgesehen ist.

In der Sache ist das Rechtsmittel unbegründet. Nach § 82 S. 1 GBO soll das Grundbuchamt, wenn das Grundbuch hinsichtlich der Eintragung des Eigentümers außerhalb des Grundbuchs unrichtig geworden ist, dem Eigentümer die Verpflichtung auferlegen, den Antrag auf Berichtigung des Grundbuchs zu stellen und die zur Berichtigung des Grundbuchs erforderlichen Unterlagen zu beschaffen. Die Voraussetzungen dieser Vorschrift liegen hier vor:

Die verstorbene Mutter des Beteiligten ist in Abt. I des Grundbuchs neben einer Reihe anderer Personen als Eigentümerin in Gesellschaft bürgerlichen Rechts eingetragen. Diese Eintragung gilt mit dem In-Kraft-Treten des ERVGBG vom 18.8.2009 (Art. 229 § 21 EGBGB) als Eintragung der teilrechtsfähigen BGB-Gesellschaft i.S.d. § 899a S. 1 BGB. An die Eintragung der Gesellschafter knüpft sich die besondere Vermutungswirkung des § 899a S. 1 BGB. Im Hinblick darauf erweitert § 82 S. 3 GBO den Grundbuchberichtigungszwang auch auf die Eintragung eines Gesellschafters, und zwar auch in den Altfällen, in denen ihre Eintragung noch vor In-Kraft-Treten des ERVGBG erfolgt ist.

Die Eintragung der Mutter des Beteiligten ist durch ihren Tod unrichtig geworden. Aufgrund des notariellen Testaments der Eltern des Beteiligten vom 24.3.1995 steht fest, dass der Beteiligte zumindest Miterbe nach seiner letztverstorbenen Mutter geworden ist. Das Grundbuchamt konnte deshalb Maßnahmen des Berichtigungszwangs gegen den Beteiligten richten. Der Beteiligte hat seine Verpflichtung zur Mitwirkung an der Grundbuchberichtigung nicht bereits dadurch erfüllt, dass er am 12.3.2012 einen Antrag auf Berichtigung des Grundbuchs gestellt hat. Denn seine Verpflichtung erstreckt sich nach § 82 S. 1 GBO ausdrücklich auch auf die Beschaffung der zur Berichtigung notwendigen Unterlagen. Dazu gehört im Falle der Erbfolge insbesondere die Beschaffung eines Erbscheins, soweit dieser im Rahmen des § 35 GBO zur Berichtigung erforderlich ist. Die Beibringung eines Erbscheins kann deshalb auch isoliert Gegenstand einer Maßnahme des Berichtigungszwangs sein.

Zu Recht hat das Grundbuchamt angenommen, dass hier zur Berichtigung des Grundbuchs die Vorlage eines Erbscheins unabweisbar erforderlich ist. Nach § 35 Abs. 1 S. 1 GBO kann der Nachweis der Erbfolge grundsätzlich nur durch einen Erbschein geführt werden. Beruht jedoch die Erbfolge auf einer Verfügung von Todes wegen, die in einer öffentlichen Urkunde enthalten ist, so genügt nach § 35 Abs. 1 S. 2 Halbs. 1 GBO die Vorlage dieser Verfügung und die Niederschrift über deren Eröffnung. Diese Ausnahmebestimmung greift in der hier vorliegenden Fallkonstellation nicht ein. Hier liegt allerdings das eröffnete notarielle Testament der Eltern des Beteiligten vom 24.3.1995 vor. In einem solchen Fall hat das Grundbuchamt das Testament auch inhaltlich darauf zu prüfen, ob durch die Urkunde diejenige Erbfolge belegt ist, die durch die beantragte Berichtigung im Grundbuch vollzogen werden soll. Wenn sich durch die Prüfung Zweifel ergeben, die nur durch weitere Ermittlungen über den Willen des Erblassers oder über die tatsächlichen Verhältnisse geklärt werden können, muss das Grundbuchamt auf der Vorlage eines Erbscheins bestehen. Zur Durchführung eigener Ermittlungen ist das Grundbuchamt nicht befugt (vgl. etwa BayObLG Rpfleger 2000, 266; OLG Köln Rpfleger 2000, 157; Senat Rpfleger 2001, 71). So liegen die Ding...

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