Leitsatz (amtlich)

Wird mit der Verfahrensrüge eine Verletzung rechtlichen Gehörs dadurch geltend gemacht, dass über einen rechtzeitig gestellten Antrag, die Hauptverhandlung wegen Verhinderung des Verteidigers zu verlegen, so spät entschieden worden sei, dass es dem Betroffenen unmöglich gewesen sei, sich in der Hauptverhandlung angemessen zu verteidigen, muss auch dargelegt werden, aus welchem Grund der Betroffene im Hinblick auf die Bedeutung der Sache für ihn und die Schwierigkeit der Sach- und Rechtslage nicht in der Lage gewesen sein soll, sich selbst angemessen zu verteidigen.

 

Verfahrensgang

AG Hagen (Entscheidung vom 18.10.2005)

 

Tenor

Der Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde wird auf Kosten des Betroffenen verworfen.

 

Gründe

I.

Mit Bußgeldbescheid vom 7. Juni 2005 der Stadt Hagen ist gegen den Betroffenen wegen Verstoßes gegen §§ 4 Abs. 1, 1 Abs. 2, 49 StVO; § 24 StVG eine Geldbuße in Höhe von 30,- EUR festgesetzt worden. Ihm wird zur Last gelegt, am 1. Februar 2005 in Hagen auf dem Graf-von-Galen-Ring seinen Pkw ohne zwingenden Grund stark abgebremst zu haben, so dass der Fahrer des nachfolgenden Fahrzeugs auffuhr. An beiden Fahrzeugen entstand erheblicher Sachschaden. Einige der Pkw-Insassen erlitten Verletzungen.

Auf den Einspruch des Verteidigers des Betroffenen vom 15. Juni 2005 bestimmte das Amtsgericht Hagen mit Verfügung vom 4. Oktober 2005 Termin zur Hauptverhandlung auf den 18. Oktober 2005. Auf den mit Schreiben seines Verteidigers vom 7. Oktober 2005 gestellten und mit zeitlicher Kollision durch die Wahrnehmung eines weiteren Termins vor dem Landgericht Hagen begründeten Verlegungsantrag, teilte das Amtsgericht Hagen mit Verfügung vom 12. Oktober 2005 mit, der Hauptverhandlungstermin müsse aufrecht erhalten bleiben. Es sei für die Sache eine Hauptverhandlungsdauer von 1 Stunde und 15 Minuten vorgesehen und der nächste zur Verfügung stehende Termin sei erst der 30. November 2005. Angesichts der lange zurückliegenden Tatzeit am 1. Februar 2005 sei es nicht vertretbar, die Bußgeldsache weiter hinaus zu schieben. Darüber hinaus werde der Betroffene in Anbetracht des einfach gelagerten Sachverhalts sowie des Umstandes, dass es sich lediglich um eine Geldbuße in Höhe von 30,00 Euro handele und ein Fall der notwendigen Verteidigung nicht vorliege, in seinen Rechten nicht unzumutbar behindert, wenn nicht ein bestimmter Verteidiger ihn zum Termin begleite.

Mit Urteil vom 18. Oktober 2005 hat das Amtsgericht Hagen den Betroffenen wegen einer vorsätzlich begangenen Verkehrsordnungswidrigkeit nach §§ 4 Abs. 1, 1 Abs. 2, 49 StVO, § 24 StVG zu einer Geldbuße in Höhe von 40,00 Euro verurteilt. Die Hauptverhandlung fand in Abwesenheit des Verteidigers statt. Gegen dieses Urteil wendet sich der Betroffene mit seinem am 25. Oktober 2005 beim Amtsgericht Hagen eingegangenen Schriftsatz seines Verteidigers, in dem er die Zulassung der Rechtsbeschwerde beantragt hat, die er sodann mit Schriftsatz seines Verteidigers vom 8. Dezember 2005 näher begründet hat. Er rügt unter anderem die Verletzung rechtlichen Gehörs.

II.

Der Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde ist statthaft und fristgerecht angebracht worden, im Übrigen jedoch unzulässig.

Da die festgesetzte Geldbuße nicht mehr als 100,00 Euro beträgt, richten sich die Voraussetzungen für die Zulassung der Rechtsbeschwerde nach § 80 Abs. 2 OWiG. Danach ist die Rechtsbeschwerde in den Verfahren mit den sogenannten weniger bedeutsamen Fällen nur zulässig zur Fortbildung des materiellen Rechts (§ 80 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 80 Abs. 2 OWiG) oder, wenn das Urteil wegen Versagung rechtlichen Gehörs aufzuheben ist (§ 80 Abs. 1 Nr. 2 OWiG). Bei einer Verurteilung bis 100,00 Euro kann die Rechtsbeschwerde nicht zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zugelassen werden; die Zulassung ist insoweit bei Verstößen bis 100,00 Euro noch weiter eingeschränkt.

1.

Die Verfahrensrüge des Betroffenen, mit der er die Verletzung rechtlichen Gehörs rügt, entspricht nicht den Anforderungen der §§ 79 Abs. 3, 80 Abs. 3 OWiG ii Verbindung mit § 344 Abs. 2 S. 2 StPO. Nach diesen Vorschriften muss bei einer Verfahrensrüge der Tatsachenvortrag so vollständig sein, dass das Rechtsbeschwerdegericht allein aufgrund der Begründungsschrift prüfen kann, ob ein Verfahrensfehler vorliegt, wenn das tatsächliche Vorbringen des Betroffenen zutrifft. Rügt der Beschwerdeführer die Versagung des rechtlichen Gehörs, muss durch den Tatsachenvortrag in der Begründungsschrift schlüssig dargelegt werden, dass ein Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG vorliegt. Der Anspruch auf rechtliches Gehör ist (nur) dann verletzt, wenn dem Betroffenen keine Möglichkeit eingeräumt wird, sich zu allen entscheidungserheblichen und ihm nachteiligen Tatsachen und Beweisergebnissen zu äußern (vgl. Göhler, OWiG, 14. Aufl., § 80 Rdnr. 16 a m. w. N.).

Diesen Anforderungen genügt die Verfahrensrüge im vorliegenden Falle nicht, da er ausschließlich Ausführungen zum Ausbleiben des Verteidigers in der Hauptverhandlung macht und insowe...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge