Entscheidungsstichwort (Thema)

Zulässigkeit einer Anwalts-Aktiengesellschaft

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die anwaltliche Berufstätigkeit im Rahmen einer Aktiengesellschaft ist nicht i.S.d. § 37 Abs. 4 Nr. 5 AktG von einer Genehmigung abhängig. Davon zu trennen ist die Frage, ob die Anwalts-Aktiengesellschaft auf Antrag in Anlehnung an die §§ 59c ff. BRAO zur Anwaltschaft zugelassen werden muss (vgl. BGH NJW 2005, 1568 ff.).

2. Bei der Eintragung einer Anwalts-Aktiengesellschaft im Handelsregister findet eine inhaltliche Überprüfung der Satzungsbestimmungen auf die Einhaltung berufsrechtlicher Mindeststandards nicht statt. Eine solche Überprüfung ist ausschließlich den berufsrechtlichen Organen der Rechtsanwaltschaft vorbehalten.

 

Normenkette

AktG § 37 Abs. 4 Nr. 5; BRAO §§ 59c ff.

 

Verfahrensgang

LG Bochum (Beschluss vom 18.05.2005; Aktenzeichen 13 T 1/05)

AG Bochum (Beschluss vom 13.04.2005; Aktenzeichen 14 AR 128/05)

 

Tenor

Der angefochtene Beschluss und der Beschluss des AG Bochum vom 13.4.2005 werden aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Behandlung und Entscheidung an das AG zurückverwiesen.

 

Gründe

I. Die Beteiligte hat ihre Eintragung in das Handelsregister beantragt. Nach § 3 der Satzung ist Gegenstand des Unternehmens u.a. "die Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten einschließlich der Rechtsberatung durch Übernahme von Rechtsanwaltsaufträgen, deren Ausführung nur durch in den Diensten der Gesellschaft stehende, zugelassene Rechtsanwälte unabhängig und eigenverantwortlich unter Beachtung ihres Berufsrechts erfolgt, wofür die Gesellschaft die erforderlichen personellen, sachlichen und räumlichen Voraussetzungen tätigt".

Das AG hat den Antrag mit der Begründung zurückgewiesen, dass die Beteiligte weder eine Zulassung zur Anwaltschaft noch eine Erlaubnis nach dem Rechtsberatungsgesetz vorgelegt habe. Die hiergegen gerichtete Beschwerde der Beteiligten hat das LG zurückgewiesen, wogegen sich die Beteiligte mit der weiteren Beschwerde wendet.

II. Die weitere Beschwerde ist nach den §§ 27, 29 FGG statthaft sowie formgerecht eingelegt.

Die Beschwerdebefugnis der Beteiligten ergibt sich daraus, dass ihre Erstbeschwerde ohne Erfolg geblieben ist.

In der Sache ist die weitere Beschwerde begründet, da die Entscheidung des LG auf einer Verletzung des Rechts beruht, § 27 FGG. Dies führt zur Aufhebung der Entscheidung und Zurückverweisung der Sache.

In verfahrensrechtlicher Hinsicht ist das LG zutreffend von einer zulässigen Erstbeschwerde ausgegangen. In der Sache hält die landgerichtliche Entscheidung der rechtlichen Prüfung letztlich nicht stand.

Das LG hat seine Entscheidung im Wesentlichen durch Bezugnahme auf die Gründe der amtsgerichtlichen Entscheidung begründet.

Der Auffassung, dass mit dem Antrag auf Eintragung einer Aktiengesellschaft, deren Unternehmensgegenstand ganz oder teilweise in anwaltlicher Tätigkeit besteht, eine Zulassung der Gesellschaft zur Anwaltschaft (bzw. eine entsprechende Unbedenklichkeitsbescheinigung der Zulassungsbehörde oder -körperschaft) oder eine Erlaubnis vorzulegen sei, folgt der Senat nicht. Nach § 37 Abs. 4 Nr. 5 AktG ist mit der Anmeldung der Gesellschaft zum Handelsregister die Genehmigungsurkunde vorzulegen, wenn der Gegenstand des Unternehmens der staatlichen Genehmigung bedarf. Eine solche Genehmigungspflicht für die anwaltliche Betätigung einer Aktiengesellschaft besteht indessen mangels einer gesetzlichen Grundlage nicht.

Die anwaltliche Berufstätigkeit fällt in den Schutzbereich des Art. 12 Abs. 1 S. 1 GG, auch soweit diese in der Form einer juristischen Person ausgeübt wird (Art. 19 Abs. 3 GG; vgl. BGH NJW 2005, 1568, 1569 sowie allg. BVerfG NJW 2000, 3635, 3636). Gemäß Art. 12 Abs. 1 S. 2 GG bedarf danach jede Regelung des Berufszugangs oder der Berufsausübung der gesetzlichen Grundlage. Eine ausdrückliche gesetzliche Regelung der Zulassungspflichtigkeit einer Aktiengesellschaft bei anwaltlicher Betätigung im Rahmen des Unternehmensgegenstandes existiert ersichtlich nicht.

Das RechtsberatungsG ist seinem Schutzzweck nach auf den Regelungszusammenhang der Organisation anwaltlicher Berufstätigkeit nicht anwendbar (BGH NJW 2005, 1570; BayObLG NJW 1995, 199, 201). Solange also die Satzung der einzutragenden AG allein eine rechtsberatende und vertretende Tätigkeit durch zugelassene Rechtsanwälte vorsieht, ist der Schutzbereich des RechtsberatungsG nicht tangiert.

Durch die vorgenannte Entscheidung des BGH ist allerdings höchstrichterlich geklärt, dass auch eine Aktiengesellschaft aus verfassungsrechtlichen Gründen unter bestimmten Voraussetzungen Anspruch auf eine förmliche Zulassung in Anlehnung an die §§ 59c ff. BRAO hat. Hiervon zu trennen ist jedoch die Frage, ob eine Anwalts-AG (i.G.) zur Zulassung nach Maßgabe der BRAO verpflichtet ist (ebenso Henssler, AnwBl. 2005, 374, 376; Kilian JR 2006, 206, 207), mithin die Voraussetzungen des § 37 Abs. 4 Nr. 5 AktG vorliegen. Hierzu hat der BGH keine Aussage getroffen, da in dem von ihm zu entscheidenden Fall ein Antrag auf Zulassung vorlag.

Na...

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