Normenkette

ZPO § 120 Abs. 4, §§ 124, 172

 

Verfahrensgang

AG Siegen (Beschluss vom 25.06.2008; Aktenzeichen 15 F 513/05)

 

Tenor

Der Antrag der Beschwerdeführerin vom 27.12.2008 auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand hinsichtlich der versäumten Beschwerdefrist wird zurückgewiesen.

Die sofortige Beschwerde vom 20.7.2008 gegen den Beschluss des AG - FamG - Siegen vom 25.6.2008 wird als unzulässig verworfen.

 

Gründe

I. Der Beschwerdeführerin wurde mit Beschluss des AG - FamG - Siegen vom 24.5.2005 ratenfreie Prozesskostenhilfe für das Scheidungsverbundverfahren gewährt. Das Verfahren fand in der Hauptsache mit am 6.9.2005 verkündetem Urteil seinen Abschluss.

Mit Schreiben des AG - Rechtspflegerin - vom 19.5.2008 (Bl. 3 PKH-Heft) wurde die Beschwerdeführerin aufgefordert, sich gem. § 120 Abs. 4 ZPO dazu zu erklären, ob zwischenzeitlich eine Änderung ihrer wirtschaftlichen Verhältnisse eingetreten sei. Nachdem das formlos übersandte Aufforderungsschreiben zunächst als unzustellbar in den Postrücklauf gekommen war, wurde es der Beschwerdeführerin erneut - nunmehr unter der von der Post mitgeteilten aktuellen Anschrift "I-Straße" in L - übersandt. Nachdem keine Reaktion der Beschwerdeführerin zu verzeichnen war, hob das AG mit Beschluss vom 25.6.2008 (Bl. 6 PKH-Heft) die am 24.5.2005 bewilligte Prozesskostenhilfe unter Bezug auf die §§ 124 Nr. 2, 120 Abs. 4, 118 Abs. 2 ZPO auf.

Dieser Beschluss wurde den ehemaligen Prozessbevollmächtigten der Beschwerdeführerin formlos und der Beschwerdeführerin selbst nebst Rechtsmittelbelehrung förmlich am 28.6.2008 zugestellt (Bl. 9 PKH-Heft).

Mit am Dienstag, dem 29.7.2008 beim AG eingegangenem Schriftsatz vom 20.7.2008 legte die Beschwerdeführerin gegen den Beschluss vom 25.6.2008 "Beschwerde" ein. Zur Begründung führte sie aus, dass sie außer Kindergeld keine Einkünfte habe und eine Erinnerung in Bezug auf die Abgabe der Erklärung zu ihren persönlichen Verhältnissen nicht erhalten habe (Bl. 10 PKH-Heft).

Die Beschwerdeführerin wurde daraufhin vom AG mit Verfügung vom 5.8.2008 gebeten, ihre Einkünfte nachzuweisen und insoweit den mitübersandten Formularvordruck auszufüllen.

Nachdem bis zum 18.9.2008 keine Reaktion erfolgte, half das AG der Beschwerde nicht ab und legte die Sache dem Senat zur Entscheidung vor.

Am 20.10.2008 ging beim AG der von der Beschwerdeführerin ausgefüllte Vordruck zu ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen ein (Bl. 15 PKH-Heft).

Mit ihr am 19.12.2008 mittels Niederlegung zugestellter Verfügung, auf deren Inhalt bzgl. der Einzelheiten Bezug genommen wird (Bl. 41 PKH - Heft) wurde die Beschwerdeführerin vom Senat darauf hingewiesen, dass die (sofortige) Beschwerde verspätet eingelegt worden sein dürfte; sie wurde auf die Möglichkeit der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand verwiesen.

Einen entsprechenden Antrag stellte die Beschwerdeführerin mit am 5.1.2009 eingegangenen Schriftsatz, der zu den Gründen der Fristversäumung keine Angaben enthielt.

II.1. Das als sofortige Beschwerde gem. § 11 Abs. 1 RpflG, §§ 127 Abs. 2 Satz 2, 567 f. ZPO zu wertende Rechtsmittel ist unzulässig, weil es verspätet eingelegt worden ist.

Die Notfrist von einem Monat (§ 127 Abs. 2 S. 3, 569 Abs. 1 ZPO), innerhalb der die sofortige Beschwerde hätte eingelegt werden müssen und die mit der ordnungsgemäßen Zustellung des angefochtenen Beschlusses am 28.6.2008 zu laufen begann, war bei Eingang des Beschwerdeschriftsatzes beim AG am 29.7.2008 bereits verstrichen.

Die Zustellung des Beschlusses an die - spätere - Beschwerdeführerin selbst und nicht an die im früheren Hauptsacheverfahren für sie tätig gewordenen Rechtsanwälte war auch wirksam. Eine Zustellung an die - früheren - Prozessbevollmächtigten ist nicht vorgeschrieben. (so im Ergebnis auch: OLG Naumburg FamRZ 2006, 1401 und OLGR 2008,404; OLG Bremen, Beschluss vom 20.12.2007, Az 5 WF 45/07; OLG Köln FamRZ 2007, 908).

Von dem Grundsatz, dass selbst bei Vorhandensein eines Vertreters die Zustellung an den Vertretenen wirksam ist, macht § 172 ZPO konkret definierte Ausnahmen. Danach hat in einem anhängigen Verfahren die Zustellung an den für den Rechtszug bestellten Prozessbevollmächtigten zu erfolgen. Entgegen der Meinung des BAG (NZA 2006, 1128) gehört zum Rechtszug nicht das Verfahren nach § 120 Abs. 4, 124 ZPO auf Überprüfung der bewilligten Prozesskostenhilfe wegen Veränderung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse. Der Rechtszug gem. § 172 ZPO beinhaltet ausschließlich die materiell-rechtliche Auseinandersetzung zweier Parteien. Er endet grundsätzlich mit Einlegung eines Rechtsmittels oder Eintritt der Rechtskraft der Entscheidung über den/die von der oder den Partei/en geltend gemachten Anspruch/Ansprüche. Das Verfahren nach § 120 Abs. 4, 124 ZPO ist demgegenüber ein reines Verwaltungsverfahren (so auch LAG Hamm, Beschl. v. 3.9.2004 - 4 Ta 575/04), das mit der Aufforderung des Rechtspflegers beginnt, sich zu Änderungen bei den wirtschaftlichen Verhältnissen zu äußern. Es hat mit dem materiell-rechtlichen Streit d...

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