Verfahrensgang

AG Steinfurt (Beschluss vom 19.10.1999; Aktenzeichen 10 F 22/98)

 

Gründe

I.

Die Antragstellerin hat mit ihrem dem Antragsgegner am 5.3.1998 zugestellten Scheidungsantrag die Scheidung ihrer am 6.10.1972 geschlossenen Ehe begehrt. Sie hat in der Ehezeit vom 1.10.1.972 bis 28.2.1998 bei der LVA Westfalen Versorgungsanwartschaften in Höhe von monatlich 707,16 DM und nach Auskunft des Stichting Bureau Voor Duitse Zaken in Nimwegen/Niederlande vom 15.12.1998 eine sogenannte AOW-Pension (AOW = Allgemeines Altersgesetz) für Unverheiratete in Höhe von ehezeitbezogen - 34,60 hfl monatlich erworben. Dem stehen Anwartschaften des Antragsgegners bei der LVA für die Ehezeit in Höhe von monatlich 1.238,93 DM gegenüber. Das Familiengericht hat die Ehe der Parteien nach Abtrennung des Versorgungsausgleichs mit Urteil vom 12.5.1999 geschieden; mit dem angefochtenen Beschluss vom 19.10.1999 hat es sodann die jeweiligen Anwartschaften der Parteien bei der LVA im Wege des öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleichs ausgeglichen. Dazu hat es vom Versicherungskonto des Antragsgegners auf das Versicherungskonto der Antragstellerin Anwartschaften in Höhe von monatlich 265,88 DM (bezogen auf das Ende der Ehezeit zum 28.2.1998) übertragen.

Gegen diese ihr am 25.10.1999 zugestellte Entscheidung richtet sich die am 4.11.1999 eingegangene Beschwerde der LVA Westfalen, die geltend macht, die niederländische Rente der Antragstellerin müsse ebenfalls ausgeglichen werden.

Die nach §§ 629 a Abs. 2, 621 e ZPO zulässige befristete Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Grundsätzlich sind auch Anrechte bei ausländischen Versorgungsträgern in den Versorgungsausgleich einzubeziehen (BT-Drucks. 7/4361, S. 40; BGH, FamRZ 1982, 473; Borth, Versorgungsausgleich, 3. Aufl., 10. Kapitel, Rdn. 881). Allerdings liegt eine berücksichtigungsfähige Anwartschaft nur vor, wenn die ausländische Versorgung für den Fall des Alters oder der Berufs- und Erwerbsunfähigkeit auf einer erbrachten Leistung des Anspruchsberechtigten beruht(§ 1587 Abs. 1 Satz 2 BGB). Deswegen sind Anwartschaften, die durch den Staat allgemein finanziert werden, wie es bei den sogenannten Volksrenten der Fall ist, nicht berücksichtigungsfähig (vgl. auch OLG Bamberg, FamRZ 1980, 62, 63; Borth, Rdn. 882).

Bei der von der Antragstellerin erworbenen Anwartschaft auf eine sogenannte AOW-Pension handelt es sich um eine solche gemäß 1587 Abs. 1 Satz 2 BGB nicht in den Versorgungsausgleich einzubeziehende - Volksrente (so auch Rahm/Künkel/Paetzold, Handbuch des Familiengerichtsverfahrens, Losebl., Grundwerk 4. Aufl. 1994, Stand Oktober 1999, VIII Rdn. 989, 992 u. 1073).

Während die Versicherungsbeiträge vom jeweiligen Einkommen abhängen, sind die Leistungen von dem individuellen Beitragsvolumen unabhängig; jeder Niederländer erhält im Prinzip die gleiche Altersrente (vgl. Gutachten zum internationalen und ausländischen Privatrecht, 1985/86 (1989), X, 1 f) Nr. 37 B.I. S. 364 f.). Dies wird auch durch eine vom Ministerium für Arbeit und Soziales der Niederlande herausgegebene Broschüre "Kurze Übersicht über die soziale Sicherheit in den Niederlanden" (Stand Juli 1999) sowie durch die Internetseite der niederländischen Sociale Verzekeringsbank (www.svb.-org/aow.htm) bestätigt. Danach werden die Beiträge und zwar in Höhe eines allein vom Arbeitnehmer aufzubringenden Beitragssatzes von 17,90 % bis zu einem zu versteuernden Einkommen von höchstens 48.175 hfl - zusammen mit der Lohnsteuer erhoben und sind an das Finanzamt abzuführen. Die Leistungsgewährung hängt aber, jedenfalls bei in den Niederlanden wohnenden Personen, weder dem Grunde noch der Höhe nach von der Tatsache der Beitragszahlung oder von deren Umfang ab. Vielmehr steht die AOW- Pension grundsätzlich jeder Person bei Vollendung des 65. Lebensjahres zu, die einen Wohnsitz in den Niederlanden aufweist, die Eigenschaft als Versicherter ist allein davon abhängig, dass der Betreffende in den Niederlanden gewohnt und/oder gearbeitet hat. Darüber hinaus ist die Höhe der AOW-Pension von dem Umfang der tatsächlichen Beitragsentrichtung unabhängig. Für jedes AOW-Versicherungsjahr (d. h. also insbesondere auch für die Zeit des bloßen Wohnens in den Niederlanden, welches als Versicherungszeit gilt) zwischen dem 15. und 65. Lebensjahr werden 2 % des vollen Betrages der AOW-Pension (augenblicklich bei Alleinstehenden 1.702,88 hfl brutto pro Monat) angesammelt; für jedes fehlende Versicherungsjahr wird dem gemäss die volle AOW-Pension um 2 % gekürzt. Lediglich für solche Personen, die nicht in den Niederlanden wohnen, aber dort arbeiten (und demzufolge ebenfalls den Beitrag für die AOW-Pension entrichten müssen), besteht dem Grunde nach ein Zusammenhang zwischen der Beitragsentrichtung und der späteren Entstehung des AOW-Pensionsanspruchs. Auch in diesen Fällen kommt es für den Umfang der Pension aber nicht auf die Höhe der gezahlten Beiträge, sondern nur auf den Zeitraum der Beitragsentrichtung (im Hinblick auf die Kürzung für jedes fehle...

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