Entscheidungsstichwort (Thema)

Lebensversicherung: Zahlungsanspruch des Bezugsberechtigten gegen den Versicherer und Valutaverhältnis

 

Leitsatz (amtlich)

Das Begehren des Bezugsberechtigten an den Versicherer auf Auszahlung ist treuwidrig, wenn feststeht, dass im Verhältnis zwischen dem Bezugsberechtigten und den Erben des VN die Leistung den Erben zusteht (Anschluss an Oberlandesgericht Saarbrücken, Urteil vom 17.05.2017 - 5 U 35/16, VersR 2018, 149).

 

Verfahrensgang

LG Münster (Aktenzeichen 115 O 153/17)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das am 03.09.2018 verkündete Urteil der 15. Zivilkammer des Landgerichts Münster wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.

Das angefochtene Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

Der Vollstreckungsschuldner darf die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.

 

Gründe

I. Die Klägerin nimmt als Bezugsberechtigte die Beklagte auf Auszahlung der Versicherungsleistung aus einer kapitalbildenden Lebensversicherung in Anspruch.

Der Versicherungsnehmer schloss Ende 1986 einen Vertrag über eine kapitalbildende Lebensversicherung mit der Beklagten ab und bestimmte ein widerrufliches Bezugsrecht zugunsten der Klägerin, die seine Patentochter ist. Nach einer zwischenzeitlichen Heirat widerrief der Versicherungsnehmer das Bezugsrecht und bestellte ein solches zugunsten seiner Ehefrau. Nachdem die Ehe gescheitert war, widerrief er auch das Bezugsrecht seiner Ehefrau und bestellte schließlich ein widerrufliches Bezugsrecht zugunsten der "Erben laut Testament".

Im November 2016 starb der Versicherungsnehmer. Nach seinem Tod wurde eine Nachlasspflegerin bestellt, die mit Schreiben vom 20.12.2016 gegenüber der Beklagten den Auftrag zur Übermittlung des Schenkungsangebotes widerrief. Zu diesem Zeitpunkt hatte die Beklagte noch keinen Kontakt zur Klägerin aufgenommen.

Es existiert ein "Testament", nach dessen maschinenschriftlich abgefasstem Text die Klägerin zur Alleinerbin bestimmt wird, wobei zwischen den Parteien streitig ist, ob die darauf ebenfalls vorhandene Unterschrift vom Versicherungsnehmer stammt. Gesetzliche Erbin nach dem Versicherungsnehmer ist Frau K.

Die Klägerin ist, der Auffassung, es sei unabhängig von der Formwirksamkeit des "Testaments" zu ihren Gunsten ein wirksames Bezugsrecht bestimmt worden. Dieses sei mit dem Tod des Versicherungsnehmers unwiderruflich geworden, so dass sie die Auszahlung der Versicherungsleistung an sich beanspruchen könne, deren Höhe mit 54.026,- EUR zwischen den Parteien unstreitig ist.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt: Es könne dahinstehen, ob das "Testament" vom Versicherungsnehmer stamme. Denn selbst wenn dies der Fall sein sollte, sei die Geltendmachung des klägerischen Anspruchs gemäß § 242 BGB ausgeschlossen. Im Verhältnis zur tatsächlichen Erbin fehle es an einem Rechtsgrund, der die Klägerin dazu berechtigen würde, die Versicherungssumme zu behalten. Aufgrund des Umstandes, dass die Leistung sogleich an die Erbin auszukehren sei, stehe der Geltendmachung der "dolo-agit"-Grundsatz entgegen, was vorliegend ausnahmsweise trotz der Tatsache gelte, dass die "Rückgewähr" nicht an die Beklagte, sondern an einen Dritten - nämlich die Erbin - zu erfolgen habe.

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes in erster Instanz, der Anträge, des Tenors und der Begründung des Urteils wird auf dieses Bezug genommen (GA 76 ff.).

Mit der Berufung verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren weiter. Sie ist weiterhin der Ansicht, aufgrund der gebotenen strikten Trennung zwischen dem Valuta- und dem Deckungsverhältnis könne die Beklagte der Klägerin einen Mangel im Valutaverhältnis nicht entgegen halten. Wegen der Berufungsbegründung im Einzelnen wird verwiesen auf den Schriftsatz des Beklagten vom 03.12.2018 (GA 112 ff.).

Die Klägerin beantragt in Abänderung des angefochtenen Urteils,

die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 54.026,- EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 30.05.2017, hilfsweise seit dem 03.08.2017 zu zahlen,

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt die angegriffene Entscheidung.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes in zweiter Instanz wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Der Senat hat durch Beschluss vom 02.01.2019 darauf hingewiesen, dass er beabsichtige, die Berufung gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen. Zwar stehe der Klägerin der Anspruch auf Auszahlung der Versicherungsleistung materiell-rechtlich zu. Dessen Geltendmachung verstoße jedoch im vorliegenden Fall gegen § 242 BGB. Da der Versicherer gegenüber dem Versicherungsnehmer Treuepflichten habe, müsse er ausnahmsweise dem Bezugsberechtigten einen Mängel im Valutaverhältnis entgegen halten können, wenn dieser offenkundig ist. ...

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