Leitsatz (amtlich)

1. Das Rechtsbeschwerdegericht kann, wenn das tatrichterliche Urteil ungenügend begründet ist, von der ihm in § 79 Abs. 6 OWiG eingeräumten Möglichkeit, in der Sache selbst zu entscheiden, Gebrauch machen.

2. Zum Absehen vom Fahrverbot, bei einem Betroffenen, der bereist straßenverkehrsrechtlich in Erscheinung getreten ist.

 

Verfahrensgang

AG Recklinghausen

 

Tenor

Die Rechtsbeschwerde wird auf Kosten des Betroffenen verworfen.

 

Gründe

I.

Das Amtsgericht hat den Betroffenen wegen einer fahrlässigen Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit nach den §§ 41 Abs. 2, 49 StVO in Verbindung mit §§ 24, 25 StVG zu einer Geldbuße von 500 DM verurteilt und außerdem ein Fahrverbot von einem Monat verhängt. Zur Begründung seiner Entscheidung hat das Amtsgericht ausgeführt:

"Der Betroffene ist Vertriebsleiter und Prokurist der Firma S-S-Technik GmbH. Er hat eine jährliche Fahrleistung von 30. 000 bis 50. 000 km.

Am 15. 12. 1999 wurde gegen ihn ein Bußgeldbescheid wegen einer am 22. 10. 1999 begangenen Geschwindigkeitsüberschreitung von 26 km/h erlassen. Dieser Bußgeldbescheid ist seit dem 16. 03. 2000 rechtskräftig.

Der Betroffene befuhr am 13. 07. 2000 um 10. 22 Uhr mit einem der Geschäftsführer der S-S-Technik GmbH mit dem Pkw BMW, polizeiliches Kennzeichen KS - K 1872 die BAB A 2 in Fahrtrichtung Oberhausen. Er beabsichtigte, in den Niederlanden einen geschäftlichen Termin wahrzunehmen.

Zu dem genannten Zeitpunkt fand auf der A 2 bei Kilometer 451, 200 eine Radarmessung mit dem Stativgerät VRG MU 6F, geeicht bis 31. 12. 2000 statt. Die dort zulässige Geschwindigkeit beträgt 100 km/h. Die Messstelle war nach dem dritten 100-km/h-Schild eingerichtet. Das Verkehrsradargerät stand 1700 m nach dem ersten 100-km/h-Schild. Der Betroffene wurde mit einer Geschwindigkeit von 146 km/h gemessen. Abzüglich einer Toleranz von 5 km/h ergibt dies eine gefahrene Geschwindigkeit von 141 km/h. Der Betroffene fuhr mithin 41 km/h zu schnell.

Der Betroffene lässt sich dahin ein, dass er die Fahrstrecke durch seine häufigen Fahrten in die Niederlande kenne. An diesem Tag sei auf der Fahrt über viele geschäftliche Angelegenheiten geredet worden, so dass er die Geschwindigkeitsbegrenzungsschilder wohl übersehen habe.

Der Betroffene hat sich damit einer fahrlässigen Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit gemäß §§ 41 Absatz 2, 49 StVO, 24 StVG schuldig gemacht.

Die Regelbuße für einen derartigen Verkehrsverstoß beträgt 200, -- DM und 1 Monat Fahrverbot. Im Hinblick auf die Voreintragung ist die Geldbuße auf 250, -- DM erhöht worden. Eine derart erhebliche Geschwindigkeitsüberschreitung ist sowohl objektiv, als auch subjektiv als eine besonders grobe Pflichtverletzung anzusehen. Die Geschwindigkeitsüberschreitung wurde nach dem dritten 100-km/h-Schild gemessen. Da dem Betroffenen die Fahrstrecke auch bekannt war, weiß er von der dortigen Geschwindigkeitsbegrenzung und hat besonders leichtfertig gehandelt. Das Gericht konnte daher auch insbesondere im Hinblick auf die Voreintragung nicht von der Verhängung eines Fahrverbotes gegen Erhöhung der Geldbuße absehen. Hierbei konnte auch nicht unberücksichtigt werden, dass der Betroffene sich hinsichtlich der Voreintragung ungerecht behandelt fühlt. Jedoch hat das Gericht - im Gegensatz zur Verwaltungsbehörde - nur auf ein Fahrverbot von einem Monat erkannt. Der Betroffene hat die Grenze, an der ein Fahrverbot verhängt wird, nur um 1 km/h überschritten. In Hinblick auf seine Einlassung und seine berufliche Situation scheint ein einmonatiges Fahrverbot als Denkzettel und Besinnungsmaßnahme ausreichend. Gemäß § 25 Abs. 2 a StVG ist dem Betroffenen die "Viermonats-Frist" gewährt worden. "

Mit seiner auf die Anordnung des Fahrverbotes beschränkten Rechtsbeschwerde erhebt der Betroffene die materielle Rüge und meint, die Verhängung des Fahrverbotes sei im Hinblick auf die Erhöhung der Geldbuße nicht angemessen. Die Generalstaatsanwaltschaft hat beantragt, das angefochtene Urteil im Rechtsfolgenausspruch aufzuheben.

II.

Die zulässige Rechtsbeschwerde des Betroffenen hat im Ergebnis keinen Erfolg.

1.

Die Generalstaatsanwaltschaft hat ihren Antrag auf Aufhebung des Rechtsfolgenausspruchs wie folgt begründet:

"I.

Das Amtsgericht Recklinghausen hat den Betroffenen wegen fahrlässigen Überschreitens der zulässigen Höchstgeschwindigkeit zu einer Geldbuße von 500, 00 DM verurteilt und gegen ihn ein Fahrverbot von einem Monat verhängt.

II.

Die gem. § 79 Abs. 1 Nr. 2 OWiG statthafte Rechtsbeschwerde ist rechtzeitig eingelegt und form- und fristgerecht begründet worden, sie hat nach hiesiger Ansicht auch in der Sache Aussicht auf Erfolg.

Soweit die Rechtsbeschwerde ausschließlich die Anordnung des Fahrverbotes beanstandet, ist diese Beschränkung unwirksam (vgl. Göhler, OWiG, 12. Aufl. , § 79 Rdn. 9 m. w. N. ). Da die bei der Bemessung der Höhe der Geldbuße und die zur Frage der Verhängung eines Fahrverbots anzustellenden Erwägungen so eng miteinander verbunden sind, dass eine getrennte W...

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