Verfahrensgang

LG Dortmund (Aktenzeichen 25 O 325/11)

 

Tenor

beabsichtigt der Senat, die Berufung der Beklagten gemäß § 522 Abs. 2 ZPO durch einstimmigen Beschluss zurückzuweisen, da sie offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, der Sache keine grundsätzliche Bedeutung zukommt und eine Entscheidung des Berufungsgerichts auch nicht der Fortbildung des Rechts oder der Einheitlichkeit der Rechtsprechung dient. Zudem ist eine mündliche Verhandlung nicht geboten.

Der Beklagten wird Gelegenheit zur Stellungnahme binnen 3 Wochen gegeben.

 

Gründe

Nach § 513 ZPO kann die Berufung nur darauf gestützt werden, dass die Entscheidung auf einer Rechtsverletzung beruht oder nach § 529 ZPO zugrunde zu legende Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen. Solches zeigt die Berufungsbegründung nicht auf.

Die Kläger haben gegen die Beklagte einen Anspruch auf Rückzahlung des Reisepreises gemäß § 651 e Abs. 1 BGB, denn sie haben den zwischen den Parteien geschlossenen Reisevertrag aufgrund eines erheblichen Mangels wirksam fristlos gekündigt. Zudem können die Kläger Ersatz der nutzlosen Aufwendungen für die Anreise gemäß § 651 f Abs. 1 BGB sowie der vorgerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren gemäß §§ 280 Abs. 1, 286 Abs. 1 BGB verlangen. Der Senat folgt den zutreffenden Gründen der angefochtenen Entscheidung, auf die Bezug genommen wird.

Das Berufungsvorbringen rechtfertigt keine andere Beurteilung.

1.

Die Parteien haben einen Reisevertrag im Sinne von § 651 a Abs. 1 BGB geschlossen. Darunter ist eine Pauschalreise zu verstehen, d.h. eine aus mehreren Einzelleistungen zu einer Einheit zusammengefasste, als solche angebotene und innerhalb eines bestimmten Zeitraumes zu erbringende Gesamtleistung. Erforderlich sind mindestens zwei Leistungen; unbedeutende Nebenleistungen bleiben außer Betracht (Palandt-Sprau, BGB, 69. Aufl. 2010, Einf. v. § 651 a Rn. 3). Die Kläger haben mit der “Großen Donauflusskreuzfahrt„ bei der Beklagten als Reiseveranstalter eine Pauschalreise gebucht. Kreuzfahrten sind - unabhängig von der umstrittenen Frage, ob die Vollpension eine selbständige Leistung darstellt - als Pauschalreise zu qualifizieren, da Vertragsbestandteil regelmäßig ein Veranstaltungsprogramm ist (MüKo-Tonner, BGB, 5. Aufl. 2009, § 651 a Rn. 25 f). So liegt der Fall auch hier, denn Gegenstand des zwischen den Parteien geschlossenen Vertrages war auch die Organisation von Ausflügen vor Ort. Die Leistungen müssen nicht bereits mit der Buchung in Rechnung gestellt werden. Vielmehr genügt es, dass - wie vorliegend - dem Reisenden die Entscheidung zu einem späteren Zeitpunkt ermöglicht wird (BGH NJW 2000, 1188).

2.

Die Kläger waren berechtigt, den Reisevertrag gemäß § 651 e Abs. 1, Abs. 2 S. 2 i.V.m. § 651 c BGB fristlos zu kündigen, da die Reise mit einem erheblichen Mangel behaftet war. Sie entsprach nicht den bei der Buchung getroffenen vertraglichen Vereinbarungen. Danach schuldete die Beklagte zwar keine vollständig behindertengerechte Unterbringung auf der MS T, da das Schiff, worauf die Kläger hingewiesen wurden, nicht behindertengerecht ausgestattet war. Die Kreuzfahrt musste jedoch so beschaffen sein, dass der gehbehinderte, auf einen Rollstuhl angewiesene Kläger zu 1) lediglich kleinere Strecken einschließlich einzelner Stufen mit einer Gehhilfe zu bewältigen hatte. Diesen Anforderungen wurde die gebuchte Reise nicht gerecht, da der Zugang zu dem gebuchten Kreuzfahrtschiff bereits am Anreisetag nur über ein weiteres Schiff und eine darauf befindliche Treppe mit 18 Stufen möglich war.

a)

Unstreitig war die Beklagte darüber informiert, dass es sich bei dem Kläger zu 1) um einen gehbehinderten Reisegast mit besonderen Bedürfnissen handelte, der mit einem Rollstuhl anreisen würde. In einem solchen Fall ist der Reiseveranstalter verpflichtet, die besonderen Bedürfnisse des Reisenden durch Nachfrage zu ermitteln, dieselben in der schriftlichen Anmeldung festzuhalten und für ihre Verwirklichung bis zum Antritt der Reise zu sorgen (LG Frankfurt NJW 1989, 2397; BeckRS 2008, 03932; Führich, Reiserecht, 6. Auflage 2010, 2. Kapitel Rn. 113). Überwiegend wird die Auffassung vertreten, dass die besonderen Pflichten den Reiseveranstalter bereits treffen, wenn die Behinderung erkennbar ist, so wenn der Reisende das Reisebüro auf Krücken oder im Rollstuhl aufsucht (LG Frankfurt a.a.O.; Führich a.a.O., MüKo-Tonner, BGB, 5. Auflage 2008, § 651 e Rn. 12). Nach a.A. muss der Reisende auf seine besonderen Bedürfnisse von sich aus und ausdrücklich hinweisen (AG Frankfurt RRa 1999, 191, Staudinger-Eckert, BGB, Neubearbeitung 2003, § 651 e Rn. 22). Allein der Umstand, dass eine Person mit Rollstuhl reist, lasse den Schluss auf den Grad der Behinderung nicht zu (AG Frankfurt a.a.O.). Der Streit bedarf hier keiner Entscheidung, denn der Beklagten war nach den Gesamtumständen bekannt, dass der Kläger zu1) schwer gehbehindert und nur ausnahmsweise nicht auf den Rollstuhl angewiesen ist. Dies ergibt sich bereits - worauf das Landgericht zutreffend hingewiesen hat - aus...

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