Entscheidungsstichwort (Thema)

Unfallversicherung: (Wieder-)Ausschluss bei Infektionen durch geringfügige Haut- oder Schleimhautverletzungen

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die in § 2 Abs. 2 Unterabs. 3 AUB 94 getroffene Regelung (Infektionen grundsätzlich ausgeschlossen; aber versichert, wenn Krankheitserreger durch Unfallverletzung in den Körper gelangt sind; jedoch - wieder - ausgeschlossen Haut- oder Schleimhautverletzungen, die als solche geringfügig sind ...) ist wirksam.

2. Als geringfügig sind anzusehen solche Haut- oder Schleimhautverletzungen, die (erstens) keiner Behandlung bedürfen oder mit einfachen Mitteln wie etwa einem Pflaster selbst versorgt werden können und bei denen (zweitens) zu erwarten ist, dass sie alsbald folgenlos wieder verheilen. Abzustellen ist hierbei ausschließlich auf die Verletzung und nicht auf die möglichen Folgen, die dadurch entstehen, dass Erreger in den Körper gelangt sind.

 

Normenkette

AUB 94 § 2 Abs. 2 Unterabs. 3

 

Tenor

Die Berufung ist nach dem Beschluss zurückgenommen worden.

Der Senat beabsichtigt, die Berufung des Klägers gemäß § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO zurückzuweisen.

Es wird Gelegenheit gegeben, binnen drei Wochen Stellung zu nehmen.

 

Gründe

I. Der Kläger begehrt mit seiner Klage Invaliditätsleistungen aus einer bei dem Beklagten unter Geltung der AUB 94 genommenen privaten Unfallversicherung, nachdem bei seiner als versicherte Person in die Versicherung einbezogenen Ehefrau, welche als Krankenschwester tätig war, am 10.11.2012 eine Infektion mit Hepatitis C diagnostiziert worden ist. Der Beklagte hat mit Schreiben vom 03.03.2014 die Erbringung von Leistungen vorgerichtlich mit der Begründung verweigert, der Kläger habe die behauptete Invalidität nicht fristgerecht geltend gemacht.

Der Kläger hat erstinstanzlich behauptet, seine Ehefrau habe sich die Infektion durch einen Nadelstich zugezogen, der innerhalb eines Jahres vor Feststellung der Infektion erfolgt sei. Seine Ehefrau habe das Unfallereignis bereits im Januar 2013 telefonisch der Agentur des Beklagten gemeldet.

Der Beklagte hat eine Unfallverletzung, den Eintritt von Invalidität binnen Jahresfrist, die Anzeige des Unfalls im Januar 2013 sowie den Grad der vom Kläger behaupteten Invalidität bestritten. Er hat sich ferner auf den in § 2 II (3) AUB 94 bedungenen Ausschluss berufen, wonach Haut- oder Schleimhautverletzungen, die als solche geringfügig sind und die die Krankheitserreger sofort oder später in den Körper gelangen, nicht als Unfallverletzung gelten.

Wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Parteivorbringens und wegen der erstinstanzlich gestellten Anträge wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils vom 30.04.2015 verwiesen.

Das LG hat mit dem angefochtenen Urteil die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, dass es mit Blick auf § 2 II (3) AUB 94 auf der Grundlage der Sachdarstellung des Klägers an einem versicherten Unfallereignis fehle. Als geringfügige Hautverletzungen im Sinne dieser Klausel seien Verletzungen anzusehen, die abgesehen von der Infektion keinen Krankheitswert hätten und keiner ärztlichen Behandlung bedürften. Vorliegend sei eine etwaige Verletzung der versicherten Person jedenfalls so unbedeutend, dass sie nicht einmal wahrgenommen worden sei und sich die Frage einer Behandlungsmaßnahme erst gar nicht gestellt habe. Abzustellen sei auf die Erheblichkeit der Hautverletzung als solcher, nicht auf die dadurch verursachte Infektion und deren Folgen.

Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner Berufung, mit der er die Verletzung materiellen Rechts durch das LG rügt und sein erstinstanzliches Klagebegehren weiterverfolgt. Er macht geltend, das LG sei rechtsfehlerhaft von einer Geringfügigkeit der Hautverletzung ausgegangen. Denn bei einer Nadelstichverletzung würden mit einem scharfen Objekt, der Nadel, sämtliche drei Hautschichten durchstochen, so dass ein erheblicher Eingriff in die körperliche Unversehrtheit vorliege. Die Frage der Erheblichkeit der Hautverletzung habe das LG nicht ohne sachverständige Hilfe beantworten können. Das diesbezügliche Beweisangebot des Klägers habe das LG rechtsfehlerhaft übergangen.

II. Der Senat ist einstimmig davon überzeugt, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat, weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung auf Grund mündlicher Verhandlung erfordern und eine mündliche Verhandlung auch sonst nicht geboten ist.

Die angefochtene Entscheidung hält rechtlicher Überprüfung durch den Senat stand. Sie beruht weder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von § 546 ZPO, noch rechtfertigen die nach § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere, dem Kläger günstigere Entscheidung, § 513 Abs. 1 ZPO.

Das LG hat die Klage zu Recht unter Hinweis auf § 2 II (3) AUB 94 abgewiesen.

Nach dieser Klausel sind Infektionen grundsätzlich nicht von der Unfallversicherung abgedeckt, es sei denn, dass die Krankheitserreger durch ein Unfal...

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