Leitsatz (amtlich)

Der Fahrer eines Pkw ist trotz eingeschaltetem (defektem) Tempomat verpflichtet, die von ihm gefahrene Geschwindigkeit zu kontrollieren und so die Einhaltung von Beschränkungen der Höchstgeschwindigkeit zu gewährleisten.

 

Verfahrensgang

AG Herne-Wanne (Entscheidung vom 12.01.2006)

 

Tenor

Die Rechtsbeschwerde wird als unbegründet verworfen.

Die Kosten des Rechtsmittels fallen dem Betroffenen zur Last.

 

Gründe

Das Amtsgericht hat den Betroffenen wegen fahrlässiger Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit zu einer Geldbuße von 110,- EUR verurteilt und nach §§ 41 Abs. 2, 49 StVO, §§ 24, 25 StVG, § 4 Abs. 1 BKatV ein Fahrverbot von einem Monat festgesetzt.

Nach den getroffenen Feststellungen befuhr der Betroffene am 30. April 2005 um 15.55 Uhr mit seinem damaligen Firmenfahrzeug Daimler Chrysler, amtliches Kennzeichen XXXXXXX in Herne die Bundesautobahn 42 in Fahrtrichtung Duisburg, wobei dort die zulässige Höchstgeschwindigkeit gemäß § 41 (Zeichen 274) StVO auf 100 Km/h beschränkt ist. Auf der Fahrt wurde der Betroffene mit einer gefahrenen Geschwindigkeit von 152 Km/h gemessen. Die Geschwindigkeitsmessung erfolgte mit dem Radarmessgerät Multanova 6 F. Das Amtsgericht ist unter Berücksichtigung eines Toleranzwertes von 3 %, aufgerundet auf 5 Km/h, von einer Überschreitung der zulässigen Geschwindigkeit um 47 Km/h ausgegangen.

Mit seiner Rechtsbeschwerde erhebt der Betroffene die Sachrüge und eine Verfahrensrüge.

Mit der Sachrüge macht er geltend, das Amtsgericht habe sein Ermessen im Hinblick auf die Anordnung des einmonatigen Fahrverbotes nicht pflichtgemäß ausgeübt, da es sich insbesondere nicht mit den Besonderheiten des Einzelfall und der besonderen Härte für den Betroffenen hinreichend auseinandergesetzt habe.

Mit der Verfahrensrüge macht der Betroffene geltend, dass Amtsgericht habe in den Urteilsgründen Feststellungen getroffen, die einer Wahrunterstellung im Hinblick auf einen Defekt des vom Betroffenen zum Tatzeitpunkt eingesetzten Tempomats seines Fahrzeuges widersprechen. Bei zutreffender Anwendung der vom Amtsgericht zugesicherten Wahrunterstellung entfalle der Fahrlässigkeitsvorwurf.

Die Generalstaatsanwaltschaft hat beantragt, die Rechtbeschwerde als offensichtlich unbegründet zu verwerfen.

Die zulässige Rechtbeschwerde des Betroffenen hat - entsprechend dem Antrag der Generalstaatsanwaltschaft - keinen Erfolg.

Die vom Amtsgericht getroffenen tatsächlichen Feststellungen tragen die Verurteilung wegen einer fahrlässigen Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit gemäß §§ 3 Abs. 3, 41 (Zeichen 274), 49 StVO, § 24 StVG. Es ist dabei nicht zu beanstanden, dass das angefochtene Urteil sich hinsichtlich der Feststellungen zur Zuverlässigkeit der Geschwindigkeitsmessung darauf beschränkt, dass die Messung mit dem Radargerät Multanova 6 F vorgenommen wurde und die Tatrichterin zum Ausgleich von Messungenauigkeiten einen Toleranzwert von 5 Km/h von der gemessenen Geschwindigkeit abgezogen hat. Dies ist, wenn - wie hier - Besonderheiten nicht vorliegen, nach ständiger Rechtsprechung aller Obergerichte ausreichend, zumal der Betroffene die Geschwindigkeitsüberschreitung an sich und auch deren Höhe geständig eingeräumt bzw. nicht bestritten hat.

2.

Die formelle Rüge der Rechtsbeschwerde hat keinen Erfolg und führt ebenfalls nicht zur Aufhebung des angefochtenen Urteils. Hierbei kann letztlich dahingestellt bleiben, ob das Amtsgericht eine von ihm selbst anlässlich der Beweisanträge des Betroffenen beschlossene Wahrunterstellung nicht eingehalten hat, was allerdings nahe liegt, weil nach ständiger Rechtsprechung der Obergerichte eine Wahrunterstellung dazu zwingt, die behauptete Tatsache in ihrem wirklichen Sinn und ohne jede Einschränkung, Einengung, Verschiebung oder sonstige Änderung in den Urteilsfeststellungen als wahr zu behandeln (vgl. OLG Hamm, Beschluss vom 28. Juni 1999 in 2 Ss 612/99 = VRS 98, 30; StraFo 1999, 306; Meyer-Goßner, StPO, 48. Aufl., § 44 Rdnr. 71). Das erscheint nicht eingehalten, da das Amtsgericht die als wahr unterstellten Tatsachen über den Defekt des Tempomats, den Zeitpunkt seines erstmaligen Auftreten und seine Erkennbarkeit in den Urteilsgründen doch in Zweifel zieht und sie als Schutzbehauptungen wertet.

Hierauf beruht die Verurteilung wegen fahrlässiger Geschwindigkeitsüberschreitung jedoch nicht, weil die als wahr unterstellten aber in Zweifel gezogenen Tatsachen ersichtlich nicht Anknüpfungspunkt für den Fahrlässigkeitsvorwurf sind. Vielmehr hat das Amtsgericht ausweislich der Urteilsfeststellungen den Fahrlässigkeitsvorwurf zutreffend daran anknüpft, dass der Betroffene trotz eingeschaltetem (defektem) Tempomat verpflichtet bleibt, die von ihm gefahrene Geschwindigkeit zu kontrollieren und so die Einhaltung von Beschränkungen der Höchstgeschwindigkeit zu gewährleisten. Jedenfalls gegen diese Kontroll- und Überwachungspflicht hat der Betroffene (fahrlässig) verstoßen, weil er ansonsten die tatsächlich gefahrene Geschwindigkeit sofort auf die zulässige...

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