Verfahrensgang

AG Paderborn (Beschluss vom 07.03.2006; Aktenzeichen 8 F 810/05)

 

Nachgehend

BGH (Beschluss vom 11.09.2007; Aktenzeichen XII ZB 41/07)

 

Tenor

Die namens der betroffenen Kinder durch die Rechtsanwälte I und T2 in T eingelegte Beschwerde gegen den Beschluss des AG - FamG - Paderborn vom 7.3.2006 wird als unzulässig verworfen.

Die Beschwerde der Beteiligten zu 1) gegen den Beschluss des AG - FamG - Paderborn vom 7.3.2006 wird als unzulässig verworfen, soweit mit ihr die Verfahrenspflegerbestellung unmittelbar angegriffen wird.

Im Übrigen wird ihre Beschwerde zurückgewiesen.

Die Beteiligten zu 1) tragen die gerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Der Beschwerdewert beträgt 3.000 EUR.

Die Rechtsbeschwerde gegen diesen Beschluss wird zugelassen.

 

Gründe

I. Die Beteiligten zu 1) sind die Eltern der betroffenen grundschulpflichtigen Kinder. E hat die ersten drei Schuljahre einer öffentlichen Grundschule besucht. Seit dem Schuljahr 2004/2005 - 4. Schulklasse - nimmt er am Unterricht nicht mehr teil. N hätte im Schuljahr 2004/2005 eingeschult werden sollen. Die Einschulung ist nicht erfolgt. Die betroffenen Kinder haben noch weitere Geschwister. Die älteren drei Kinder haben öffentliche Schulen wie Hauptschule und Realschule besucht oder besuchen sie noch.

Die Beteiligten zu 1) sind gläubige Baptisten. Unter Beifügung von "Schulbestätigungen" der Deutschen Fernschule in X vom 3.9.2004 haben die Beteiligten zu 1) Anfang September 2004 der Grundschule mitgeteilt, dass die beiden Kinder ab sofort nicht mehr am Unterricht der Grundschule teilnehmen und über die Fernschule zu Hause unterrichtet würden. Das Verhalten wurde im Wesentlichen damit erklärt, dass der Besuch der staatlichen Schule aus religiösen Gründen abgelehnt werde.

Bei der deutschen Fernschule in X handelt es sich weder um eine öffentliche Schule, noch um eine staatlich anerkannte oder vorläufig erlaubte Ersatzschule i.S.d. § 6 Abs. 5 Schulpflichtgesetzes NRW a.F., §§ 34 Abs. 3, 101 SchulG NRW.

Trotz Aufforderungen und mehrfachen Hinweisen durch die Schulleitung und das Schulamt, der Schulpflicht nachzukommen, schickten die Beteiligten zu 1) die betroffenen Kinder nicht wieder zur Schule. Auch das gegen die Eltern angestrengte Bußgeldverfahren und die sich anschließende rechtskräftige Verurteilung der Eltern - Urteil des AG Paderborn vom 9.5.2005 zu 27 Owi 441 Js 227/05 Owi 92/05 - zur Zahlung eines Bußgeldes von je 250 EUR führte nicht dazu, dass die Beteiligten zu 1) die betroffenen Kinder wieder zur Schule brachten. Die Einschaltung des Integrationsbeauftragten der Landesregierung Anfang 2005 blieb ebenso erfolglos. Die zwangsweise Zuführung der betroffenen Kinder im Wege des Verwaltungszwanges ist bislang nicht durchgesetzt worden. Die Beitreibung festgesetzter Verwaltungszwangsgelder scheiterte bislang an der fehlerhaften Androhung der Zwangsgelder, da hier das Schulamt und nicht die Schulleitung tätig geworden war. Die Zwangsgeldandrohungen und -festsetzungen sind nach Widerspruch der Beteiligten zu 1) und nach einer Entscheidung des VG Arnsberg in einem einstweiligen Rechtsschutzverfahren in anderer Sache vom Schulamt aufgehoben worden. Die Schulleitung beabsichtigt nunmehr, Zwangsgeldverfahren erneut einzuleiten.

Der Beteiligte zu 1) hat am 5.7.2005 mit weiteren glaubenszugehörigen Eltern anderer Kinder einen Antrag auf Genehmigung einer Ersatzschule gestellt. Weder die Verfahrensdauer noch das Ergebnis des Antrags ist derzeit absehbar. Die Verwaltung in Form der Bezirksregierung hat Bedenken gegen eine solche Genehmigung geäußert.

Das Jugendamt hat die betroffenen Kinder und die Beteiligten zu 1) am 6.7.2005 angehört und mit Schreiben vom 11.7.2005 Stellung genommen.

Mit einstweiliger Anordnung vor mündlicher Verhandlung hat das AG - FamG - Detmold am 15.7.2005 den Beteiligten zu 1. das Aufenthaltsbestimmungsrecht und das Recht zur Regelung von Schulangelegenheiten entzogen. Insoweit wurde eine Pflegschaft angeordnet und das Jugendamt der Stadt Q zum Pfleger bestellt. Der Pfleger wurde ermächtigt, die Herausgabe der Kinder unter Anwendung von Gewalt, notfalls mittels Betreten und Durchsuchen der Wohnung, zu erzwingen und sich dafür der Hilfe des Gerichtsvollziehers und der Polizei zu bedienen. In demselben Beschluss wurde Rechtsanwältin L in Q den betroffenen Kindern als Verfahrenspflegerin zur Seite gestellt.

Mit Schreiben vom 26.7.2005 an das Jugendamt als Pfleger und mit Schriftsatz vom 29.7.2005 stellten die Beteiligten zu 1) den Antrag, ihnen zu gestatten, die betroffenen Kinder in Q abzumelden, um eine Anmeldung zum Fernunterricht in P zu erreichen. Die Anmeldung zum dortigen Fernunterricht erfordere eine Begründung des Wohnsitzes in P, was wiederum eine Abmeldung in Deutschland voraussetze. Der Pfleger verweigere dies zu Unrecht. Der Entzug des Aufenthaltsbestimmungsrechts berechtige den Pfleger nicht, die Begründung eines neuen Wohnsitzes der betroffenen Kinder mit ihrer Mutter im Ausl...

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