Leitsatz (amtlich)

Den gesetzlichen Bestimmungen des Wohnungseigentumsrechts über die Mehrheitsentscheidungen kann nicht ein zwingender Leitbildcharakter beigemessen werden. Es ist daher im Grundsatz möglich, dass die Wohnungseigentümer in Abweichung von dem Mehrheitsprinzip ein Einstimmigkeitsprinzip vereinbaren. Hiervon ausgenommen sind nur die Fälle, in denen nach dem Gesetz das Mehrheitsprinzip nicht ausgeschlossen werden kann.

 

Normenkette

WEG § 10

 

Verfahrensgang

LG Bochum (Beschluss vom 13.02.2008; Aktenzeichen 7 T 377/07)

AG Bochum (Aktenzeichen 71 II 91/07)

 

Tenor

Der angefochtene Beschluss und die Entscheidung des AG werden unter Zurückweisung des Rechtsmittels im Übrigen teilweise aufgehoben.

Es wird festgestellt, dass die Regelung in Nr. 8 der in der Teilungserklärung unter III vereinbarten Gemeinschaftsordnung "Beschlüsse können nur einstimmig gefasst werden", nicht gilt, soweit es um eine Abstimmung

geht.

Im Übrigen verbleibt es bei der Zurückweisung des Feststellungsantrags der Beteiligten zu 1) und 2).

Die Gerichtskosten der zweiten und dritten Instanz werden den Beteiligten zu 1) und 2) gesamtschuldnerisch auferlegt, eine Erstattung außergerichtlicher Auslagen findet nicht statt.

Der Geschäftswert wird für das Verfahren der weiteren Beschwerde auf 10.000 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Die drei Beteiligten waren Eigentümer zu je 1/3 Anteil an dem mit einem Wohnhaus bebauten Grundstück S-Straße in C. Das Wohnhaus verfügt über drei Wohnungen. Am 30.3.2000 teilten sie ihr Eigentum nach § 3 WEG in vier Miteigentumsanteile auf, von denen drei gleich große (320/1.000) jeweils mit dem Sondereigentum an einer Wohnung und eines mit dem Teileigentum an einem Raum im Dachgeschoss verbunden sind. Der mit dem Teileigentum verbundene Miteigentumsanteil von 40/1.000 gehört den Beteiligten zu je 1/3 Anteil.

Im vorliegenden Verfahren streiten die Beteiligen in der dritten Instanz nur noch über die Gültigkeit der in Nr. 8 der Teilungserklärung vereinbarten Regelung

"Beschlüsse können nur einstimmig gefasst werden."

In der in der Teilungserklärung unter III vereinbarten Gemeinschaftsordnung heißt es auszugsweise:

"2. Zweckbestimmung

Das gesamte Anwesen ist ausschließlich für Wohnzwecke bestimmt. Jede Änderung dieses Bestimmungszwecks bedarf der einstimmigen Vereinbarung aller Wohnungseigentümer.

Die Ausübung einer freiberuflichen Tätigkeit in der jeweiligen Sondereigentumseinheit erfordert die vorherige Zustimmung aller Miteigentümer. Einzelheiten regelt die Hausordnung.

3. Nutzungsregelung für Gemeinschaftsräume und -flächen

(1) Vom Nutzen und Gebrauch der Grundstücks- und Gebäudeteile, die im "Sondernutzungsplan" gelb angelegt sind, sind alle Wohnungseigentümer ausgeschlossen mit Ausnahme der teilenden Eigentümer, solange diese auch nur Eigentümer einer Wohnungseigentumseinheit sind; gleiches gilt für denn im Aufteilungsplan mit FA./Kl. bezeichneten Raum im Kellergeschoss. Sie sind berechtigt, an diesen Teilflächen, an denen das Mitgebrauchsrecht aller übrigen Eigen-tümer gemäß vorstehendem Satz ausgeschlossen ist, positive Sondernutzungsrechte durch Vereinbarung zugunsten einzelner Wohnungseigentumseinheiten zu begründen bzw. auf diese zu übertragen. Scheidet ein teilender Miteigentü-mer aus der Gemeinschafts der Wohnungseigentümer aus, steht dieses Recht den verbleibenden teilenden Miteigentümern zu.

(2) Bestimmungen über die Nutzung von dem gemeinschaftlichen Gebrauch dienenden Räumen können in einer von der Eigentümerversammlung zu beschließenden Hausordnung festgelegt werden. Änderungen der Hausordnung bedürfen eines einstimmigen Beschlusses aller Wohnungseigentümer.

4. Übertragung von Wohnungseigentum

(1) Das Wohnungseigentum ist veräußerlich und vererblich. Die Veräußerung bedarf der Zustimmung der übrigen Wohnungseigentümer. Dies gilt nicht im Falle der Veräußerung an den Ehegatten, Verwandter in gerader Linie oder Verwandte zweiten Grades in der Seitenlinie oder bei einer Veräußerung des Wohnungseigentums im Wege der Zwangsvollstreckung oder durch den Insolvenzverwalter ...

(2)...

(3) Will der Wohnungseigentümer die Wohnung bzw. die nicht für Wohnzwecke dienenden Raumeinheiten ganz oder zum Teil einem Dritten zur Benutzung überlassen, so bedarf es der schriftlichen Einwilligung der übrigen Wohnungseigentümer. Dies gilt nicht für den Fall der Überlassung an den Ehegatten, Verwandte in gerader Linie oder Verwandte zweiten Grades in der Seitenlinie ...

(4) Bei einer Vermietung eines Wohnungseigentums oder Teilen davon steht den übrigen Wohnungseigentümern im Verhältnis ihrer Miteigentumsanteile ein Vormietrecht zu. Soweit einzelne Miteigentümer von dem Vormietrecht keinen Gebrauch machen, geht es auf den/die übrigen vormietberechtigten Wohnungseigentüm...

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