Verfahrensgang

AG Bielefeld (Entscheidung vom 22.10.2007; Aktenzeichen 39 OWi 63 Js 1663/07)

AG Bielefeld (Entscheidung vom 22.10.2007; Aktenzeichen 39 OWi 63 Js 1109/07)

 

Tenor

Das angefochtene Urteil wird mit den zugrunde liegenden Feststellungen aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsbeschwerde, an das Amtsgericht Bielefeld zurückverwiesen.

 

Gründe

I.

Das Amtsgericht Bielefeld hat die Betroffene mit den angefochtenen Urteil wegen vorsätzlicher Ausübung des Friseurhandwerks als stehendes Gewerbe ohne Eintrag in die Handwerksrolle zu einer Geldbuße von 500 EUR verurteilt.

Das Amtsgericht hat folgende Feststellungen zur Sache getroffen:

"In der Zeit vom 01.01.1999 bis zu 29.01.2007 bot die Betroffene in dem Altenheim Haus V X-Straße in ... C zwei mal wöchentlich - montags und freitags - jeweils in der Zeit von 9.15 Uhr bis 12.00 Uhr Friseurdienstleistungen an und führte diese auch aus. Sie arbeitete selbstständig in Räumlichkeiten, die ihr von der Heimleitung zur Verfügung gestellt wurden.

Mit ihrer Tätigkeit erzielte die Betroffene folgende Gewinne (vor Steuern):

1999

5.031,23 Euro

2000

4.790,38 Euro

2001

3.811,25 Euro

2002

6.634,22 Euro

2003

6.340,83 Euro

2004

5.229,05 Euro

2005

5.115,15 Euro

2006

4.927,01 Euro

Im Januar 2007 machte die Betroffene noch Umsätze in Höhe von 666,- Euro.

Die mit ihrer Friseurtätigkeit erzielten Einkünfte hat die Betroffene ordnungsgemäß versteuert. Erst auf einen entsprechenden Hinweis der Verwaltungsbehörde meldete die Betroffene das Gewerbe am 10.12.2006 rückwirkend zum 31.01.1999 an.

Zu keiner Zeit war die Betroffene als Friseurmeisterin in die Handwerksrolle eingetragen."

Das Amtsgericht hat weiter ausgeführt:

"Nach den getroffenen Feststellungen hat sich die Betroffene einer Ordnungswidrigkeit nach § 117 Abs. 1 Nr. 1 HandwO schuldig gemacht. Denn sie hat entgegen § 1 Abs.1 Satz 2 HandwO das Friseur-Handwerk als stehendes Gewerbe ausgeübt, obwohl sie wusste, dass sie nicht über den erforderlichen Meistertitel und den Eintrag in die Handwerksrolle verfügte."

Das Amtsgericht hat einen Verstoß gegen § 8 Abs. 1 Nr. 1 e) SchwarzArbG mangels erheblichen Umfangs der erbrachten Dienstleistungen als nicht gegeben erachtet.

Die Staatsanwaltschaft Bielefeld hat gegen dieses Urteil Rechtsbeschwerde eingelegt und die Verletzung materiellen Rechts gerügt.

Die Generalstaatsanwaltschaft hat beantragt,

das angefochtene Urteil im Schuldspruch dahingehend abzuändern, dass die Betroffene des selbständigen Betreibens eines stehenden Gewerbes ohne gewerberechtliche Anzeige gemäß § 8 Abs. 1 Nr. 1 d) SchwarzArbG schuldig ist, es im Rechtsfolgenausspruch mit den zugrunde liegenden Feststellungen aufzuheben und die Sache in diesem Umfang zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Amtsgericht Bielefeld zurückzuverweisen.

II.

Die Rechtsbeschwerde ist gemäß § 79 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 OWiG statthaft und im Übrigen zulässig. Sie führt auf die erhobene allgemeine Sachrüge zur Aufhebung des angefochtenen Urteils in vollem Umfang und zur Zurückverweisung an das Amtsgericht Bielefeld.

1.

Die getroffenen Feststellungen tragen die Verurteilung der Betroffenen wegen einer Zuwiderhandlung gegen § 117 Abs. 1 Nr. 1 HwO i.V.m. § 1 Abs. 1 Satz 1 HwO nicht. Gemäß § 46 OWiG, § 267 Abs. 1 S. 1 StPO müssen die Urteilsgründe auch bei Verurteilung wegen einer Ordnungswidrigkeit die für erwiesen erachteten Tatsachen angeben, in denen die gesetzlichen Merkmale der Ordnungswidrigkeit gefunden werden. Diesen Anforderungen genügt das angefochtene Urteil nicht, weil die Urteilsgründe dem Rechtsbeschwerdegericht bereits nicht die Prüfung erlauben, dass die Betroffene den äußeren Tatbestand der genannten Ordnungswidrigkeit erfüllt hat.

Die Feststellungen enthalten nicht die insoweit erforderliche Darlegung, welche handwerklichen Arbeiten im Einzelnen die Betroffene ohne Eintragung in die Handwerksrolle im Rahmen eines stehenden Gewerbes ausgeführt hat, und zwar für jeden Auftrag, nach Art, Umfang, Zeit und Ort (vgl. Senat, Beschluss vom 14.09.2006, 3 Ss 410/06 und Beschluss vom 10.03.2005, 3 Ss OWi 85/05; OLG Hamm, Beschluss vom 27.01.2006, 4 Ss OWi 887/05; OLG Schleswig, Beschluss vom 29.11.2004, 1 Ss OWi 147/04; OLG Hamm, Beschluss vom 08.02.2005, 2 Ss Owi 752/04; OLG Düsseldorf, GewArch 2000, 289 = NStZ-RR 2000, 340; OLG Düsseldorf, GewArch 2000, 346 f; OLG Hamm, Beschluss vom 18.04.2002 - 2 Ss OWi 7/02; GewArch 2002, 378). Dieser Darlegungen bedarf es zur Überprüfung, ob die Leistungen dem Kernbereich des jeweiligen Handwerks zuzuordnen sind und in erheblichem Umfang vorgenommen wurden, und deshalb hierzu die Eintragung in die Handwerksrolle notwendig war. Arbeitsvorgänge, die beispielsweise auch aus der Sicht des vollhandwerklich arbeitenden Betriebes dieser Sparte als untergeordnet und damit vom Typ her gesehen als unwesentlich erscheinen, vermögen die Annahme eines handwerksfähigen Betriebes nicht zu begründen. Das betrifft Tätigkeiten, die wegen ihres geringen Schwierigkeitsgr...

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