Leitsatz (amtlich)

1) Gegen die Verfügung des Grundbuchamtes, durch die einem Beteiligten die Verpflichtung zur Vornahme bestimmter Handlungen gem. § 82 S. 1 GBO auferlegt wird, ist die Beschwerde nach § 71 Abs. 1 GBO statthaft (Abweichung von OLG München FGPrax 2010, 122).

2) Die Verpflichtung eines Beteiligten aus § 82 S. 1 GBO ist erschöpft, wenn er einer Aufforderung des Grundbuchamtes folgend einen Antrag gestellt hat, der zu einer berichtigenden Eintragung im Grundbuch geführt hat.

3) Hat das Grundbuchamt diese Eintragung unter Verletzung gesetzlicher Vorschriften vorgenommen, kann es nicht den ursprünglich verpflichteten Beteiligten auf die Beibringung weiterer Nachweise (hier betr. den Eintritt einer Nacherbfolge) in Anspruch nehmen, sondern ist darauf beschränkt, gem. § 53 Abs. 1 S. 1 GBO einen Amtswiderspruch einzutragen, nachdem es die dazu erforderlichen eigenen Ermittlungen zur fortbestehenden Unrichtigkeit des Grundbuchs durchgeführt hat.

 

Normenkette

GBO § 71 Abs. 1, § 82 S. 1; FamFG § 35

 

Verfahrensgang

AG Witten (Aktenzeichen HV-750-22)

 

Tenor

Die angefochtene Verfügung wird aufgehoben

 

Gründe

I. Ursprünglich eingetragener Eigentümer des eingangs genannten Grundstücks war Herr T. Dieser errichtete in notarieller Urkunde vom 4.2.1966 (UR-Nr..../... Notar L in X) ein Einzeltestament, in dem er seine Ehefrau N T zur befreiten Vorerbin berief. Er ordnete Nacherbfolge an, die mit dem Tod der Vorerbin eintreten sollte. Als Nacherbin setzte er die Beteiligte, seine Tochter S T1, ein und ordnete weiter an, dass nach dem Tode seine Tochter deren Abkömmlinge zu gleichen Teilen erben sollen. Für den Fall, dass seine Tochter von seiner Ehefrau den Pflichtteil verlangen sollte, sollte seine Tochter nur den Pflichtteil erhalten.

T verstarb am 27.6.1967. Nach seinem Tod wurde der überlebenden Ehefrau N T ein Erbschein erteilt (5 VI 306/68 AG Witten), der sie als Erbin mit der Maßgabe ausweist, dass Nacherbfolge angeordnet ist, die mit dem Tode der - befreiten - Vorerbin eintritt und Nacherbin die Tochter S T1 ist, ferner dass eine weitere Nacherbfolge angeordnet ist und Nach-Nacherben die Abkömmlinge der Nacherbin S T1 sind. N T wurde daraufhin am 18.11.1968 im Wege der Grundbuchberichtigung als Eigentümerin und gleichzeitig in Abt. II Nr. 1 ein Nacherbenvermerk eingetragen, der inhaltlich dem erteilten Erbschein entspricht.

N T verstarb am 11.11.1994. Für ihren eigenen Nachlass wurde am 26.4.1995 ein Erbschein (13 VI 54/95 AG Witten) erteilt, der die Beteiligte als alleinige Erbin ausweist. Die Mitteilung dieses Erbscheins nahm das Grundbuchamt zum Anlass, die Beteiligte zur Antragstellung auf Berichtigung des Grundbuchs aufzufordern. Auf ihren daraufhin am 9.5.1995 gestellten Antrag trug das Grundbuchamt am 29.5.1995 die Beteiligte als Eigentümerin im Grundbuch ein, wobei in Spalte 4 als Eintragungsgrundlage der soeben genannte Erbschein des AG Witten angeführt wurde.

Die Beteiligte hat mit notariellem Vertrag vom 6.5.2009 (UR-Nr..../... Notar I in T2) das vorgenannte Grundstück an ihre Tochter, Frau U geb. T1 gegen Übernahme dinglicher Belastungen und Begründung eines Wohnungsrechts übertragen; gleichzeitig haben die Beteiligten die Löschung des Nacherbenvermekrs Abt. II Nr. 1 des Grundbuchs bewilligt.

Den Antrag auf Vollzug der Eigentumsumschreibung nebst Löschung des Nacherbenvermerks Abt. II Nr. 1 und von Rechten in Abt. III sowie Eintragung des Wohnungsrechts und einer Rückauflassungvormerkung hat das Grundbuchamt zunächst mit Zwischenverfügung vom 19.8.2009 dahin beanstandet, es sei eine Bewilligung der Nacherben sowie ein Erbschein zum Nachweise der (Nach-) Erbfolge nach T erforderlich. Der Urkundsnotar hat mit Schriftsatz vom 5.1.2010 auf der Grundlage einer Ergänzungsurkunde der Beteiligten erklärt, dass die Eigentumsumschreibung auch unabhängig von der Löschung des Nacherbenvermerks vorgenommen werden solle. Am 14.1.2001 hat das Grundbuchamt in Abt. II Nr. 2 des Grundbuchs einen Amtswiderspruch gegen die Eintragung des Eigentums der Beteiligten S T1 zugunsten des bzw. der Nacherben nach T eingetragen. Durch Beschluss vom 1.2.2010 hat das Grundbuchamt den Antrag auf Eigentumsumschreibung, Löschung von Rechten in Abt. III und Neueintragung von Rechten in Abt. II zurückgewiesen. Die hiergegen gerichtete Beschwerde der Beteiligten hat das LG Bochum durch Beschluss vom 27.10.2010 (7 T 108/10) ebenfalls zurückgewiesen.

Bereits mit Verfügung vom 22.2.2010 hat das Grundbuchamt die Beteiligte darauf hingewiesen, das Grundbuch sei infolge Erbfalls unrichtig geworden. Die Beteiligte habe die Eintragung "aller Erben" zu beantragen und dazu einen Erbschein des Nachlassgerichts beizubringen. Nach erfolglosen Erinnerungen an die Erledigung dieser Verfügung hat das Grundbuchamt mit Verfügung vom 15.4.2011 die Beteiligte "gebeten", den ausstehenden Berichtigungsantrag bis zum 15.5.2011 zu stellen. Dem Antrag seien die erforderlichen Unterlagen beizufügen. Die Verfügung enthält ferner den Hinweis, dass die Beteiligte gem. § ...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge