Leitsatz (amtlich)

Ein Testament ist nur dann wirksam, wenn der Erblasser bei seiner Errichtung einen ernstlichen Testierwillen hatte, d.h. ernstlich eine rechtsverbindliche Anordnung für seinen Todesfall treffen wollte. Zweifel an einem endgültigen Testierwillen können sich u. a. aus ungewöhnlichen Schreibmaterialien, ungewöhnlichen Errichtungsformen, der inhaltlichen Gestaltung und einem ungewöhnlichen Aufbewahrungsort ergeben. Bei solchen Zweifeln ist stets zu prüfen, ob es sich nicht lediglich um einen Testamentsentwurf handelt.

 

Normenkette

BGB § 133

 

Verfahrensgang

AG Herne (Aktenzeichen 7 VI 424/20)

 

Tenor

Die Beschwerde der Beteiligten zu 1) vom 24.11.2020 gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Nachlassgericht - Herne vom 18.11.2020 wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der notwendigen Aufwendungen der Beteiligten zu 2) bis 4) werden der Beteiligten zu 1) auferlegt.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Der Gegenstandswert des Verfahrens wird auf 280.000,00 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Am 20.07.2009 errichtete der Erblasser vor dem Notar A in B ein notarielles Testament (UR-Nr. 00/2019), in dem er die Beteiligte zu 2) zu seiner Alleinerbin einsetzte.

Dieses Testament ist durch das Nachlassgericht am 31.03.2020 eröffnet worden, nachdem der ledige und kinderlose Erblasser am 00.00.2020 verstorben war.

Mit Schreiben vom 14.03.2020, eingegangen beim Nachlassgericht am 15.04.2020, übersandte die Beteiligte zu 3), bei der es sich um eine von zwei Schwestern des Erblassers handelt, weitere Unterlagen an das Nachlassgericht, die sie zusammen mit dem Testament vom 20.07.2009 in den persönlichen Unterlagen des Erblassers in einer Mappe mit der Aufschrift "Testament" aufgefunden hatte.

Bei den Unterlagen handelt es sich um insgesamt fünf mit einem Bleistift handschriftlich beschriebene Papiere im DIN A 4 Format, wobei es sich bei vier dieser Papiere jeweils um die Rückseite von mit Werbung für Kurse der Eschule B bedruckten Zetteln handelt.

Das erste Schriftstück hat folgenden Inhalt:

"Fr. 7.10.16 10 41

Testamentsveränderung 7.10.016 B d. ....

Hiermit möchte ich mein bisheriges 1. Testament, erstellt am 20.7.2009 Urkunde Rolle Nr. 00 2009 von A in B verändern auf für ungültig erklären Mein ganzes Vermögen bestehend aus:

1- Eigentumswohnungen in dem Haus B (..) Cstraße 00

1O-Geschoss links 40 m2 und 1. OG Rechts 46 m2

2- sowie dazugehörige Garten 360 m2

hintere "

3- sowie Ersparnisse bei der Dbank B

bestehend aus:

- Cash Konto zur Zeit 96000EUR 88000EUR

- Fondsvermögen Wert zur Zeit 63000EUR 74000EUR

- 1 Bausparvertrag zur Zeit 2240,38EUR Stammnr (..)

- 1 Flexible Rentenversicherung der Z (Nr (..)

VertragsKontoNr (..)

bisher herige Anzahlungen von 2014 1349,94EUR

2015 1349,94EUR + Zuzahlung v. 10000EUR

möchte ich der Hilfsorganisation01

vererben.

B den ....

Y"

Der so beschriebene Zettel ist am 16.04.2020 durch das Nachlassgericht gemeinsam mit einem weiteren der Papiere eröffnet worden.

Das ebenfalls eröffnete, nicht unterschriebene Schriftstück enthält in der Kopfzeile u. a. die Aufschrift "Mein Testament S 50!! für Dummies". Nachfolgend findet sich der Satz "Hiermit möchte ich Y mein bisheriges Testament vom 20. Juli 2009 vom Notar A abgefasst für ungültig erklären und hebe hiermit vorsorglich alle bisherigen von mir errichteten Verfügungen von Todes wegen in vollem Umfang auf." Dieser Satz wurde mit mehrfachen Einschüben u. a. in Bezug auf die UR-Nummer, die Adresse des Notars und eine Seitenzahl ("S140") versehen.

Sodann folgt "Aus meinem Nachlass setzte ich als Vollerben ein:", wobei erneut der Zusatz "S140" enthalten ist und nachfolgend der Beteiligte zu 1) mit Anschrift, Telefon- und Faxnummer benannt wird. Anschließend folgt der Satz "Mein Nachlass besteht bisher aus: Stand Juni 2017" und eine Aufzählung von Vermögensbestandteilen.

Ein weiteres Papier enthält in der Kopfzeile das Datum 30.5.17, Seitenzahlen sowie Notizen u. a. zu der Frage der Verwahrung von Testamenten und deren Registrierung beim Zentralen Testamentsregister.

Das vierte Papier enthält neben z. T. unleserlichen Aufzeichnungen mit Kugelschreiber u. a. folgende Notizen:

"Do 8.6.17 im Gericht gewesen Lit Dummies stimmt nicht ganz T2 kostet 75EUR + 18EUR

- Soll kommen u all 2T. mitbringen T1 + T2 handgeschrieben

Inhalt: wer erben soll

(...)

Wenn Vermögen sich verändert hat muß ich dann Neues - T. schreiben.

- Alleiniger Erbe: Hilfsorganisation02

(...)

1 Kann ich das 1. Testament auch so stehen lassen

- wenn ich bis zum Tot mehr oder weniger Kap. habe

- das Kapital + 1. OG/Garten zur Todes Zeit greift

12.6.17 im Amtsgericht gewesen gleicher Herr wie 8.6. Do

- ich lasse altes Testament so Alleinigen Erben heißt:

Stand dann Todestag

- Ersparnisse

- Garten Hilfsorganisation03

- 1. OG. Li + Re nach meinem Tot."

Auf dem letzten Zettel ist in der Kopfzeile das Datum "So 15.1.17" eingerahmt von den Uhrzeiten 18:15 Uhr und 18:16 Uhr notiert, darunter finden sich Seitenangaben nebst Schlagworten mit erbrechtlichen Begriffen.

Wegen des weiteren Inhalts und der Gestal...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge