Leitsatz (amtlich)

Gegenstand eines selbstständigen Beweisverfahrens können auch die auf ein Grundstück einwirkenden Geräuschimmissionen sein.

 

Verfahrensgang

LG Münster (Aktenzeichen 012 OH 9/18)

 

Tenor

Auf die sofortige Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss der 12. Zivilkammer des Landgerichts Münster vom 03.01.2019 aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Entscheidung - auch über die Kosten des Beschwerdeverfahrens - an das Landgericht zurückverwiesen, dem die erforderlichen Anordnungen übertragen werden.

 

Gründe

I. Der Antragsteller begehrt die Durchführung eines selbständigen Beweisverfahrens.

Der Antragsteller ist Eigentümer eines im Außenbereich errichteten Wohnhauses, Hweg 1 in W. Die Antragsgegnerin plante die Erweiterung ihres Standortes; das Wohnhaus des Antragstellers befindet sich östlich des Plangebiets in unmittelbarer Nähe zu dem geplanten Bauvorhaben.

Der Antragsteller hat behauptet, dass an seinem Wohnhaus Gewerbelärmimmissionen tagsüber von 50,9 dB (A) und nachts von 33,7 dB(A) prognostiziert würden. Diese Prognose sei falsch und er leide erheblich unter Immissionen, da die einschlägigen Emissionswerte - 60 dB (A) tagsüber und 45 dB (A) nachts - überschritten würden. Es sei davon auszugehen, dass in unzulässiger Weise Kühlaggregate auf dem Platz, der der Auslieferung von Lkw-Aufliegern diene, betrieben würden. Auch sei im Rahmen der Schallprognose weder der Geländeverlauf noch der Umstand berücksichtigt worden, dass Fahrzeuge auch zur Nachtzeit ankämen. Die Klärung der auf sein Grundstück einwirkenden Geräuschimmissionen sei zulässiger Gegenstand eines selbständigen Beweisverfahrens. Seine Beweisfragen seien auch hinreichend bestimmt, zumal in einem anderen selbständigen Beweisverfahren auf der Grundlage dieser Fragen die Einholung eines Gutachtens beschlossen worden sei. Er habe auch ein rechtliches Interesse an der Durchführung des selbstständigen Beweisverfahrens, da bei einer entsprechenden festgestellten Grenzwertüberschreitung durch einen gerichtlich bestellten Sachverständigen davon auszugehen sei, dass die Antragsgegnerin ihre Produktionsabläufe hierauf einrichten und passiven Schallschutzmaßnahmen am seinem Wohnhaus nicht entgegentreten werde

Der Antragsteller hat

die Einholung eines lärmtechnischen Sachverständigengutachtens zu folgenden Fragen beantragt:

Wie hoch ist seine Lärmbelästigung

tagsüber

nachts an seinem Wohnhaus Hweg 1 in W?

Wie hoch sind die einzuhaltenden Grenzwerte?

Werden die Grenzwerte eingehalten?

Die Antragsgegnerin hat beantragt,

den Antrag auf Eröffnung des selbständigen Beweisverfahrens zurückzuweisen.

Die Antragsgegnerin hat gemeint, der Antrag des Antragstellers sei auf reine Ausforschung gerichtet und unzulässig. Die Beweisanträge seien nicht auf bestimmte Betriebsvorgänge oder einzelne Maschinen oder konkrete Zeiträume festgelegt; auch der Einfluss der zwischen dem Betriebsstandort und dem Grundstück des Antragstellers liegenden Bundesstraße werde ausgeblendet. Ein rechtliches Interesse werde weder behauptet noch glaubhaft gemacht und das selbständige Beweisverfahren sei nicht geeignet, einen Rechtsstreit zu vermeiden, zumal die Parteien sich in zahlreichen öffentlich-rechtlichen Rechtsstreitigkeiten befänden. Beachtlich sei, dass ihre Produktionsstätte genehmigt worden sei; im Rahmen des Genehmigungsverfahrens seien auch Schallgutachten unter Einbeziehung des Standortes des Antragstellers gefertigt und zur Grundlage des Genehmigungsbescheides gemacht worden. Aus der Baugenehmigung vom 30.06.2016 und dem Bauvorbescheid vom 11.02.2016 ergebe sich, dass ein Betrieb der Anlage zur Nachtzeit ohnehin nicht genehmigt sei, so dass es in der Nachtzeit nicht zu Belästigungen des Antragstellers kommen könne. Überdies zeige sich an dem eingeholten schalltechnischen Gutachten, dass die zulässigen Immissionsrichtwerte deutlich unterschritten würden. Ungeachtet dessen sei beachtlich, dass die Geräuschimmissionen von unterschiedlichen Betriebsabläufen abhingen. Zudem wirkten mehrere Geräuschquellen zusammen. Damit aber handele es sich nicht um einen einheitlichen Zustand einer Sache und variable Emissionswerte könnten folglich nicht Gegenstand des selbständigen Beweisverfahrens sein.

Nach Erteilung eines entsprechenden Hinweises mit Verfügung vom 14.11.2018 hat das Landgericht mit Beschluss vom 03.01.2019 den Antrag des Antragstellers auf Durchführung des Beweisverfahrens zurückgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass die Beweisfragen 1 a) und b) nicht hinreichend konkret seien. Zwar könne die Feststellung von Immissionen im Wege des selbständigen Beweisverfahrens begehrt werden; indes lasse sich anhand der Beweisfragen für einen Sachverständigen nicht hinreichend sicher entnehmen, wann und wo er Lärmmessungen vornehmen solle. Die Beweisfrage zu 2) sei eine reine Rechtsfrage, auch wenn dies nicht ausschließe, dass Sachverständigenbeweis hinsichtlich der Einhaltung der Grenzwerte erhoben werde.

Gegen diesen Beschluss wendet sich der Antragsteller mit seiner sofortigen B...

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