Leitsatz (amtlich)

1. Der Verbund der Folgesachen bleibt im Beschwerdeverfahren auch dann bestehen, wenn nur Teile der erstinstanzlichen Entscheidung angefochten werden und die Scheidung selbst rechtskräftig wird; er besteht dann hinsichtlich der mit der Beschwerde angefochtenen Folgesachen fort (im Anschluss an BGH, Urteil vom 26.06.2013 - XII ZR 133/11 -, FamRZ 2013, 1366).

2. Ein die Aufhebung und Zurückverweisung gem. § 69 Abs. 1, S. 3 FamFG berechtigender wesentlicher Verfahrensmangel kann sich aus der Verletzung der auf den §§ 113 Abs. 1 FamFG, 139 Abs. 3, 4 ZPO beruhenden Hinweispflicht ergeben, wenn das Familiengericht dem Beteiligten mit dem von ihm erteilten Hinweis nicht zugleich die Möglichkeit gegeben hat, seinen Sachvortrag bzw. seinen Antrag in angemessener Zeit sachdienlich zu ergänzen (im Anschluss an BGH, Urteil vom 08.02.1999 - II ZR 261/97 -, NJW 1999, 2123).

 

Normenkette

FamFG § 69 Abs. 1, S. 3, § 113 Abs. 1, § 137; ZPO § 139 Abs. 3-4

 

Verfahrensgang

AG Dorsten (Aktenzeichen 12 F 286/15)

 

Tenor

1. Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin wird der am 08.10.2019 verkündete Teilanerkenntnisschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Dorsten in seinem Ausspruch zum Zugewinnausgleich einschließlich des dieser Folgesache zugrundeliegenden Verfahrens aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung über diese Folgesache sowie über die Kosten des Beschwerdeverfahrens an das Amtsgericht - Familiengericht - Dorsten zurückverwiesen.

2. Der Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 40.504,25 EUR festgesetzt (Beschwerde des Antragstellers zur Folgesache Unterhalt; 3.644,98 EUR, Beschwerde der Antragsgegnerin zur Folgesache Unterhalt: 8.929,20 EUR, Beschwerde der Antragsgegnerin zur Folgesache Zugewinn: 27.930,07 EUR). Der Wert für den Vergleich wird auf 12.574,18 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Beteiligten haben am 30.08.1991 die Ehe miteinander geschlossen. Aus ihrer Ehe ist der inzwischen volljährigen Sohn D, geboren am 00.00.1990, hervorgegangen.

Seit dem 19.07.2014 leben die Beteiligten voneinander getrennt. Der Scheidungsantrag des Antragstellers ist der Antragsgegnerin am 19.10.2015 zugestellt worden. Erstinstanzlich haben die Beteiligten im Wesentlichen über die Folgesachen Nachscheidungsunterhalt und Zugewinnausgleich gestritten.

Hinsichtlich des Zugewinnausgleichs hat die Antragsgegnerin mit Stufenantrag vom 01.06.2016 vom Antragsteller zunächst Auskunft über sein Anfangs- und Endvermögen begehrt. Diesen Antrag hat der Antragsteller im Termin vom 16.08.2016 anerkannt, woraufhin das Amtsgericht - Familiengericht - Dorsten einen entsprechenden Teilanerkenntnisbeschluss erlassen hat. Mit Schriftsatz seiner erstinstanzlichen Verfahrensbevollmächtigten vom 18.08.2016 hat der Antragsteller die begehrte Auskunft erteilt und zugleich seinen Anspruch auf Zugewinnausgleich auf 51.363,39 EUR nebst Zinsen beziffert.

In der Folgezeit haben die Beteiligten über die inhaltliche Richtigkeit insbesondere der Auskunft des Antragstellers sowie den Wert einzelner Vermögensgegenstände gestritten. Die Antragsgegnerin hat vom Antragsteller darüber hinaus mit Antrag vom 16.11.2016 Auskunft über sein Endvermögen zum Trennungszeitpunkt verlangt, die der Antragsteller unter dem 24.03. sowie 06.06.2017 erteilt hat. Auch insoweit herrschte zwischen den Beteiligten Streit über die Richtigkeit und Vollständigkeit der Auskünfte. Im Termin vom 16.01.2018 hat der Antragsteller die Richtigkeit und Vollständigkeit seiner Angaben zu Protokoll an Eides Statt versichert.

Nachdem die Beteiligten in der Folgezeit in erster Linie in der Folgesache Nachscheidungsunterhalt gestritten und das Familiengericht insoweit umfangreich Beweis erhoben hatte, hat der Antragsteller im Termin vom 08.10.2019 seinen im Schriftsatz vom 18.08.2016 angekündigten Zahlungsantrag betreffend die Folgesache Zugewinnausgleich zurückgenommen.

Die Antragsgegnerin hat daraufhin zur Folgesache Zugewinnausgleich keinen Antraggestellt.

Der Antragsteller hat insoweit beantragt,

"den Zahlungsantrag der Antragsgegnerin zurückzuweisen".

Wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf die zu den Akten gereichten Schriftstücke nebst Anlagen sowie die Terminsprotokolle vom 16.08.2016, 16.01.2018 und 08.10.2019.

Mit dem am 08.10.2019 verkündeten Teilanerkenntnisschlussbeschluss hat das Familiengericht die Ehe der Beteiligten geschieden, den Versorgungsausgleich durchgeführt, den Antragsteller verpflichtet, an die Antragsgegnerin ab Rechtskraft der Scheidung nachehelichen Unterhalt in Höhe 855,00 EUR monatlich - befristet für die Dauer von drei Jahren - zu zahlen und den Antrag der Antragsgegnerin auf Zahlung von Zugewinnausgleich zurückgewiesen.

Zur Begründung der Zurückweisung ihres Antrags zur Folgesache Zugewinnausgleich hat das Familiengericht ausgeführt, der Antrag der Antragsgegnerin auf Zahlung von Zugewinnausgleich sei unzulässig. Es fehle an einem hinreichend bestimmten Antrag i. S. v. § 253 Abs. 2...

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