Entscheidungsstichwort (Thema)

Ablehnung der Beurkundung des Vaterschaftsanerkenntnisses im Geburtseintrag bei vermuteter anderer Ehe der Kindesmutter. Ermittlungspflicht des Standesbeamten und der Tatsacheninstanzen im Verfahren nach § 45 Abs. 1 PStG

 

Leitsatz (amtlich)

1. Der Standesbeamte darf nach Anerkennung der Vaterschaft die Beurkundung der Person des Vaters, dessen Identität feststeht, im Geburtseintrag eines Kindes nicht allein deshalb verweigern, weil er wegen fehlender Identitätsnachweise (Reisepass und Geburtsurkunde) nicht mit Sicherheit ausschließen kann, dass die Kindesmutter mit mutmaßlich ivorischer Staatsangehörigkeit anderweitig verheiratet ist.

2. Zur Ermittlungspflicht des Standesbeamten und der Tatsacheninstanzen im Verfahren nach § 45 Abs. 1 PStG im Hinblick auf den urkundlich nicht zu führenden Nachweis einer Negativtatsache (Ausschluss des Bestehens einer Ehe) durch Zulassung einer eidesstattlichen Versicherung der Kindesmutter und näheren Überprüfung der Glaubhaftigkeit ihrer Angaben.

 

Normenkette

PStG § 5 Abs. 3, §§ 20-21

 

Verfahrensgang

LG Bochum (Beschluss vom 03.03.2005; Aktenzeichen 7 T 54/04)

AG Bochum (Beschluss vom 14.01.2004; Aktenzeichen 22-III 94/03)

 

Tenor

Der angefochtene Beschluss und der Beschluss des AG vom 14.1.2004 werden zu den Verfahrensgegenständen Beurkundung des Vaters des Kindes und dessen von ihm abgeleiteten Familiennamen aufgehoben.

Insoweit wird die Sache zur erneuten Behandlung und Entscheidung an das AG zurückverwiesen.

Der Gegenstandswert für das Verfahren der weiteren Beschwerde wird auf 3.000 EUR festgesetzt.

Dem Beteiligten zu 2) wird für das Verfahren der weiteren Beschwerde ratenfreie Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwältin I. bewilligt.

 

Gründe

I. Am 7.7.2003 wurde in E. ein Mädchen geboren. Die schriftliche Anzeige der Geburt durch das Krankenhaus ging am 11.7.2003 bei dem Standesbeamten ein.

Mutter des Kindes ist die Beteiligte zu 1). Diese ist nach eigenen Angaben ivorische Staatsangehörige und 1998 in die Bundesrepublik Deutschland eingereist. Unter dem 29.7.1998 beantragte sie die Anerkennung als Asylberechtigte. Das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge lehnte den Asylantrag ab, stellte jedoch fest, dass hinsichtlich der Elfenbeinküste ein Abschiebungshindernis vorliege. Die gegen die Ablehnung des Asylantrages gerichtete Klage der Beteiligten zu 1) wies das VG Arnsberg zurück.

Urkunden, die die Identität der Beteiligten zu 1) belegen, liegen nicht vor. Da im Verwaltungsverfahren Zweifel an dem von der Beteiligten zu 1) angegebenen Geburtsdatum bestanden, setzten die Ausländerbehörden ein fiktives Geburtsdatum auf den 31.12.1981 fest, das auch in dem für die Beteiligte zu 1) ausgestellten Ausweisersatz angegeben ist.

Am 4.7.2003 wurde das Vaterschaftsanerkenntnis des Beteiligten zu 2) hinsichtlich des zu diesem Zeitpunkt von der Beteiligten zu 1) erwarteten Kindes beurkundet, am 29.7.2003 die Zustimmung der Beteiligten zu 1) hierzu sowie ihre Erklärung, dass das Kind den Familiennamen des Beteiligten zu 2) tragen solle, wozu dieser seine Zustimmung erteilte.

Durch Bescheid vom 3.9.2003 lehnte das Standesamt eine Beurkundung der Geburt des Kindes ggü. der Beteiligten zu 1) ab, da weder deren Identität, noch deren Familienstand nachgewiesen sei. Die Beteiligten zu 1) und 2) beantragten daraufhin am 12.9.2003 beim AG, den Standesbeamten anzuhalten die folgendes Amtshandlung vorzunehmen:

"Im Geburtenbuch des Standesamtes E. ist einzutragen, dass unser Kind, die E, geboren wurde am 7.7.2003 in E, als Kind von uns beiden."

Zur Begründung führten sie insb. aus, dass Papiere, die die Identität der Beteiligten zu 1) belegten, dauerhaft nicht beschafft werden könnten.

Das AG wies den Antrag durch Beschluss vom 14.1.2004 zurück. Gegen diese Entscheidung erhoben die Beteiligten zu 1) und 2) Beschwerde. Im Rahmen des Beschwerdeverfahrens verwiesen sie u.a. auf weitere, letztlich erfolglose Bemühungen, Identitätspapiere für die Beteiligte zu 1) zu beschaffen.

Das LG hat mit dem angefochtenen Beschluss die amtsgerichtliche Entscheidung teilweise abgeändert und den Standesbeamten angewiesen, die Geburt des Kindes im Geburtenbuch in der Weise zu beurkunden, dass nur die Mutter und das Kind in den Geburteneintrag aufgenommen werden mit dem Namen der Mutter D. und dem Vornamen des Kindes E. und einem klarstellenden Zusatz des Inhalts, dass die Namen der Mutter und der Vorname des Kindes nicht festgestellt werden konnten. Im Übrigen, also hinsichtlich der Aufnahme des Beteiligten zu 2) als Vater in den Geburteneintrag, hat es die Beschwerde zurückgewiesen. Gegen die teilweise Zurückweisung der Beschwerde richtet sich die weitere Beschwerde des Beteiligten zu 2), die er zunächst privatschriftlich eingelegt, unter dem 25.4.2005 jedoch zu Protokoll des Rechtspflegers des LG wiederholt hat.

Eingehend am 10.3.2006 hat die Beteiligte zu 1) dem Senat die Ablichtung eines "Extrait du registre des actes de naissance" übersandt.

II. Die weitere Beschwerde i...

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