Leitsatz (amtlich)

1. Im Rahmen der Bemessung eines Schmerzensgeldes ist sowohl für die Ausgleichsfunktion als auch in besonderem Maße für die Genugtuungsfunktion des Schmerzensgeldes der Grad der Verursachung von Bedeutung, mit welchem die schädigende Handlung zu den Leiden des Verletzten beigetragen hat.

2. Wenn die Gesundheitsbeeinträchtigungen Auswirkungen einer Schadensanfälligkeit sind, kann es geboten sein, in die Billigkeitsentscheidung miteinzubeziehen, inwieweit die körperlichen Beschwerden des Verletzten einerseits durch den Unfall und andererseits durch die vorher vorhandene krankhafte Anlage verursacht wurden.

 

Normenkette

StVG §§ 7, 11 S. 2, § 18; VVG § 115 Abs. 1 Nr. 1

 

Verfahrensgang

LG Dortmund (Aktenzeichen 21 O 72/16)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das am 15.11.2017 verkündete Urteil des Landgerichts Dortmund (Az. 21 O 72/16) wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Das angefochtene Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 6.400,00 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Gemäß § 522 Abs. 2 S. 2 ZPO wird wegen der tatsächlichen Feststellungen auf diejenigen im angefochtenen Urteil und die Ausführungen im Senatsbeschluss vom 15.03.2018 Bezug genommen.

Mit vorgenanntem einstimmig gefassten Beschluss hat der Senat auf seine Absicht, die Berufung gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, hingewiesen.

Hierzu hat die Klägerin mit nachgelassenem Schriftsatz vom 09.04.2018 Stellung genommen.

II. Die Berufung der Klägerin unterliegt gemäß § 522 Abs. 2 ZPO wegen offensichtlich fehlender Erfolgsaussicht und des Fehlens der Voraussetzungen der Nummern 2 und 3 des § 522 Abs. 2 ZPO nach einstimmigem Votum des Senats der Zurückweisung, ohne dass es der Anberaumung einer mündlichen Verhandlung bedarf.

1. Hinsichtlich der fehlenden Erfolgsaussicht wird zunächst auf die in dem Senatsbeschluss vom 15.03.2018 enthaltenen Rechtsausführungen Bezug genommen. Die Ausführungen der Klägerin im Schriftsatz vom 09.04.2018 führen nicht zu einer anderen rechtlichen Beurteilung.

Im Einzelnen:

a) Der Vortrag der Klägerin zu etwaigen Selbstheilungskräften des Körpers und der Möglichkeit der Regeneration bzw. Stabilisation der Halswirbelsäule gibt dem Senat keinen Anlass zu einer weitergehenden Beweisaufnahme mittels Einholung eines weiteren Sachverständigengutachtens. Vielmehr bleibt der Senat - auf Basis des Ergebnisses der durchgeführten Beweisaufnahme - bei seiner Einschätzung, dass die Vorschädigung der Halswirbelsäule vor dem Unfall bereits ein Ausmaß angenommen hatte, welches eine baldige Behandlungsbedürftigkeit auch ohne das Unfallereignis als überwiegend wahrscheinlich erwarten ließ.

Hiervon ist der Senat aufgrund der Ausführungen des medizinischen Gutachters zweifelsfrei überzeugt. Dieser hat bei der Klägerin einen erheblichen Verschleiß festgestellt, welchen er als "krass" bezeichnet hat (S. 20 und 25 des Gutachtens); an anderer Stelle spricht der Gutachter von einer degenerativen Zerstörung der Halswirbelsäule, welche vom Ausmaß her auch in großen Kliniken lediglich in Einzelfällen pro Jahr gesichtet werde (S. 26 des Gutachtens). Aufgrund dessen ist nach den weiteren Ausführungen des Gutachters zweifelhaft, dass in den Monaten und Jahren vor dem Unfall keine Beschwerden und keine Behandlungen bei einer derart zerstörten Halswirbelsäule stattgefunden haben sollen (S. 27 d. Gutachtens). Angesichts dieser nachvollziehbaren und durch bildgebende Verfahren belegten Einschätzung des Sachverständigen verbleiben beim Senat keinerlei Zweifel an der Richtigkeit seiner Schlussfolgerung, dass die zum Zeitpunkt der Exploration noch bestehenden Beschwerden der Klägerin nichts mehr mit dem Unfall zu tun hatten, sondern als Folge des ausgeprägten Verschleißes anzusehen sind (S. 27 und 29 des Gutachtens). Dass - wie die Klägerin ohne nähere Begründung meint - ein Selbstheilungsprozess durch das Unfallereignis massiv gestört worden sein könnte und die aktuellen Beschwerden der Klägerin daher letztlich doch auf das Unfallereignis zurückzuführen seien, ist mit Blick auf dieses eindeutige Ergebnis auszuschließen. Auch wenn sich das Gutachten mit etwaigen Selbstheilungskräften nicht ausdrücklich auseinandersetzt, ist dem nunmehr mit Schriftsatz vom 09.04.2018 unterbreiteten Beweisangebot auf Einholung eines (ergänzenden) Sachverständigengutachtens nicht nachzukommen; denn weder bei Einholung des erstinstanzlichen Sachverständigengutachtens noch heute sind objektive Anhaltspunkte für vorkollisionär in Gang gesetzte Selbstheilungsprozesse seitens der Klägerin dargetan oder sonst ersichtlich. Demnach handelt es sich insoweit schlicht um unbeachtlichen Vortrag "ins Blaue hinein".

b) Der Senat bleibt auch bei der mit Hinweisbeschluss vom 15.03.2018 im Einzelnen unter II. 1. b) bb) (1) dargelegten Einschätzung, dass die Klägerin das Vorliegen einer Gurtverletzung in Form von Blutergüssen nicht bewiesen hat. Dass sie eine solche bei dem Unfall erlitten hätte, erscheint angesichts des Ergebnisses des...

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