Leitsatz (amtlich)

Eine Besucherin, die mit den Absätzen ihrer Stöckelschuhe in einer Schmutzfangmatte im Eingangsbereich eines städtischen Theaters hängen bleibt und dann zu Fall kommt, kann die Stadt nicht aufgrund einer Verkehrssicherungspflichtverletzung auf Schadensersatz für erlittene Verletzungen in Anspruch nehmen, wenn die Matte im Eingangsbereich klar erkennbar und bei vorsichtigem Gehen - auch mit Stöckelschuhen - gefahrlos zu überqueren war.

 

Normenkette

BGB § 241 II, § 280 Abs. 1, § 823 Abs. 1, § 831 Abs. 1

 

Verfahrensgang

LG Essen (Urteil vom 22.06.2015; Aktenzeichen 4 O 118/15)

 

Tenor

Der Senat weist darauf hin, dass er beabsichtigt, die Berufung der Klägerin gegen das am 22.06.2015 verkündete Urteil des Einzelrichters der 4. Zivilkammer des LG Essen durch einstimmigen Beschluss nach § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen.

Der Klägerin wird Gelegenheit gegeben, binnen 3 Wochen ab Zugang dieses Beschlusses zu dem Hinweis Stellung zu nehmen oder mitzuteilen, ob die Berufung aus Kostengründen zurückgenommen wird.

 

Gründe

Die Berufung der Klägerin ist zulässig, hat in der Sache aber nach einstimmiger Überzeugung des Senats offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg (§ 522 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 ZPO). Die Rechtssache hat zudem weder grundsätzliche Bedeutung (§ 522 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 ZPO), noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Senats (§ 522 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 ZPO); auch ist eine mündliche Verhandlung vor dem Senat nicht geboten (§ 522 Abs. 2 S. 1 Nr. 4 ZPO).

Die mit der Berufung gegen das angefochtene Urteil erhobenen Einwände tragen weder im Sinne des § 513 Abs. 1 ZPO die Feststellung, dass die Entscheidung auf einer Rechtsverletzung beruht (§ 546 ZPO), noch, dass nach § 529 ZPO zugrundezulegende Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen.

I. Die Klägerin verlangt von der Beklagten materiellen und immateriellen Schadensersatz aufgrund eines Sturzes im Eingangsbereich des städtischen Theaters in N am Abend des 31.05.2014. Die Klägerin war während der Pause eines Theaterstückes beim Wiederbetreten des Theatergebäudes mit den Absätzen beider von ihr getragener Stöckelschuhe in den Löchern einer Schmutzfangmatte aus schwarzem Gummi stecken geblieben, wodurch sie zu Fall kam und sich einen Mittelfußbruch zuzog.

Die streitgegenständliche Schmutzfangmatte weist ausweislich der in dem angefochtenen Urteil in Bezug genommenen Lichtbilder Löcher von zweierlei Größe auf. Die größeren Löcher sind von einem oktagonal geformten Rahmen umfasst, wodurch jeweils vier der größeren Löcher ein kleineres, quadratisches umfassen. Beide Absätze der Klägerin blieben bei dem Sturzgeschehen unstreitig jeweils in einem der kleinen quadratischen Löcher hängen.

Hinsichtlich des Sachverhaltes wird im Übrigen auf den Tatbestand des erstinstanzlichen Urteils vom 22.06.2015 Bezug genommen.

Das LG ist in der angefochtenen Entscheidung davon ausgegangen, dass eine Verkehrssicherungspflichtverletzung seitens der Beklagten nicht vorliege. Bei der streitgegenständlichen Schmutzfangmatte handele es sich nicht um eine abhilfebedürftige Gefahrenstelle. Die Matte - die handelsüblich und in Eingangsbereichen von Gebäuden mit Publikumsverkehr häufig vorzufinden sei - sei für jeden sichtbar ausgelegt gewesen und stelle auch zunächst für Besucher mit Schuhwerk ohne hohe Absätze keine Gefahr dar. Im Gegenteil sei die Matte zur Beseitigung von Gefahren durch nasse Innenböden gedacht. Eine Stolperkante, die grundsätzlich zu vermeiden sei, liege aufgrund der Auslegung der Matte nicht vor, sondern nur die Gefahr des Steckenbleibens mit hohen Absätzen. Das Tragen hoher Absätze gebiete aber besondere Vorsicht. Die Klägerin habe nicht erwarten dürfen, dass die Verkehrsfläche so gestaltet sei, dass keine Gefahr wegen ihrer hohen Absätze bestehe. Die bestehende Gefährdung sei bei Beachtung der von ihr zu erwartenden besonderen Sorgfalt erkennbar gewesen.

II. Mit ihrer Berufung verfolgt die Klägerin ihre erstinstanzlich geltend gemachten Ansprüche vollumfänglich weiter.

Hierzu wird mit der Berufung die Auffassung vertreten, dass das LG in der angefochtenen Entscheidung verkenne, dass eine vertragliche Haftung der Beklagten gegeben sei. Die Verkehrssicherungspflichten der Beklagten würden durch die Zwecke des zwischen den Parteien bestehenden Veranstaltungsvertrages bestimmt.

In diesem Zusammenhang habe das LG unzutreffend unter Verweis auf die zur Akte gereichten Lichtbilder als unstreitig dargestellt, dass die Schuhe der Klägerin Absätze mit einer Höhe von 7 - 8 cm gehabt hätten. Dies sei Grundlage der Wertung des LG geworden, dass die Klägerin sich selbst gefährdet habe.

Hierzu wird - nachdem erstinstanzlich von keiner der Parteien Angaben zur Höhe der Absätze gemacht worden waren - mit der Berufungsbegründung erstmals vorgetragen, dass die Absätze nur eine Höhe von 4,5 cm gehabt hätten. Es handele sich um normale "Ausgehschuhe". Mit normaler Ausgehkleidung der Besucher müsse aber bei einer Theater...

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