Leitsatz (amtlich)

Allein die Umstände eines lohnenden Streifschadens mit geringem Verletzungsrisiko unter Einsatz typischerweise bei einem manipulierten Unfall eingesetzter Fahrzeuge sowie zwei Unfallereignisse innerhalb von zwei Wochen genügen nicht zwingend - so hier - für die Annahme einer Einwilligung in einen Verkehrsunfall.

 

Normenkette

StVG § 7

 

Verfahrensgang

LG Bielefeld (Aktenzeichen 2 O 140/19)

 

Tenor

Der Senat weist darauf hin, dass beabsichtigt ist, die Berufung nach § 522 Abs. 2 ZPO durch Beschluss zurückzuweisen.

Es besteht Gelegenheit, innerhalb von drei Wochen ab Zustellung Stellung zu nehmen.

 

Gründe

Die zulässige Berufung hat nach der einstimmigen Überzeugung des Senates offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg.

I. Die Parteien streiten um Schadenersatzansprüche des Klägers nach einem Verkehrsunfall vom 06.08.2018, bei dem das auf dem Seitenstreifen abgestellte Fahrzeug des Klägers seiner Behauptung nach einen Streifschaden über die linke Fahrzeugseite erhalten hat. Die Beklagte hat erstinstanzlich die Aktivlegitimation sowie darüberhinaus auch bestritten, dass sich das klägerseitig behauptete Unfallereignis überhaupt ereignet hat. Sie hat behauptet, dass es sich nicht um ein unfreiwilliges Schadenereignis gehandelt habe, sondern um ein manipuliertes und dies an Indizien angeknüpft. Schließlich hat die Beklagte noch Einwendungen gegen den Schadensumfang erhoben.

Das Landgericht hat den Kläger angehört und Beweis erhoben durch zeugenschaftliche Vernehmung des Fahrers des unfallgegnerischen Fahrzeugs sowie durch Einholung eines unfallanalytischen Gutachtens des Sachverständigen D. In dem mit der Berufung angefochtenen Urteil, auf das wegen des erstinstanzlichen Parteivorbringens und wegen der erstinstanzlichen Anträge Bezug genommen wird, hat das Landgericht die Beklagte antragsgemäß zur Zahlung von Schadenersatz verurteilt. Es hat die Eigentümerstellung des Klägers im Unfallzeitpunkt als erwiesen angesehen und auch, dass die schadenstiftende Kollision tatsächlich stattgefunden hat. Das Landgericht hat anhand der Indizienlage nicht die Überzeugung zu gewinnen vermocht, dass es sich bei dem Unfall um einen einvernehmlich herbeigeführten gehandelt hat. Die hieran verbliebenen Zweifel hat es vielmehr zu Lasten der Beklagten gewertet.

Hiergegen richtet sich die Berufung der Beklagten, mit der sie ihr Ziel der vollständigen Abweisung der Klage weiterverfolgt. Die Beweiswürdigung des Landgerichts, nach deren Ergebnis es sich nicht um einen gestellten bzw. manipulierten Unfall handelt, hält die Beklagte nicht für überzeugend. In Kenntnis der für ein manipuliertes Unfallereignis sprechenden Indizien mit der Beschädigung eines hochwertigen Fahrzeugs, der Entstehung eines nominell hohen Schadens, der sich preisgünstig optisch beseitigen lasse, der fiktiven Abrechnung des Schadens, dem praktisch wertlosen Schädigerfahrzeug, dem praktisch fehlenden Verletzungsrisiko bei dem Streifschaden und dem angeblich flüchtigen Unfallverursacher habe das Gericht seine Auffassung, es liege ein unfreiwilliges Schadensereignis vor, allein auf die Angaben des Zeugen K gestützt. Abgesehen von den erheblichen Vorstrafen des Zeugen wegen unterschiedlichster Delikte habe das Gericht übersehen, dass es sich gerade bei der von dem Zeugen präsentierten Unfallschilderung um eine solche handele, die typischer Weise in manipulierten Unfallereignissen vorgetragen werde. So handele es sich bei dem angeblichen Ausweichen vor einem auf der Strecke entgegenkommenden Fahrzeug - welches nicht im Detail beschrieben werden könne und natürlich auch nicht an der Unfallstelle verblieben sei - um einen Klassiker. Insbesondere auch unter Berücksichtigung des Umstandes, dass dem Zeugen W zwei Wochen zuvor (ebenfalls montagabends gegen 20.00 Uhr) keine 15 km entfernt ein nahezu identisches "Missgeschick" (streifender Anstoß an einem geparkten hochwertigen Fahrzeug) passiert ist, mache seine Angaben schlicht unglaubhaft. Unglaubwürdig sei der Zeuge ohnehin. Bemerkenswert sei auch, dass der Zeuge gegenüber der Polizei die angeblichen Details um die Verursachung durch ein flüchtiges drittes Fahrzeug nicht angegeben habe und dieser keine Angaben zu der Unfallursache des gerade zwei Wochen früher stattgefundenen Unfalls habe machen können. In diesem Zusammenhang verwundere es auch nicht, dass die "Geschädigten" aus den beiden angeblich vom Zeugen K verursachten "Unfällen" dann auch noch dasselbe Unternehmen mit der Fahrzeugvermessung beauftragt hätten. Eine lebensnahe Gesamtwürdigung sämtlicher Umstände lasse schlicht keinen anderen Schluss zu, als dass es sich nicht um ein unfreiwilliges Ereignis gehandelt habe.

Die Beklagte beantragt nunmehr,

unter Abänderung der Entscheidung des Landgerichts Bielefeld vom 27. November 2020 zum Az. 2 O 140/19 die Klage in vollem Umfang abzuweisen,

hilfsweise, die angegriffene Entscheidung aufzuheben und zur erneuten mündlichen Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht zurückzuverweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung...

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