Verfahrensgang

LG Bochum (Beschluss vom 07.12.2015; Aktenzeichen 15 O 127/14)

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde des Klägers vom 04.01.2016 gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des LG Bochum vom 07.12.2015 wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt der Kläger.

Der Beschwerdewert beträgt 804,25 EUR.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

 

Gründe

I. Der Kläger hat die Beklagte vorprozessual durch seine späteren Prozessbevollmächtigten mit drei Schreiben jeweils wegen drei verschiedener wettbewerbswidriger Handlungen abgemahnt.

In dem nachfolgenden einheitlichen Rechtsstreit wurde die Beklagte durch Versäumnisurteil vom 10.12.2014 jeweils antragsgemäß zur Unterlassung diverser wettbewerbswidriger Verhaltensweisen, zur Zahlung einer Vertragsstrafe i.H.v. 20.400,- EUR, zur Zahlung vorgerichtlicher Anwaltskosten für die drei Abmahnungen in Höhe von 1.434,40 EUR, 984,60 EUR und 1.424,40 EUR verurteilt. Ferner wurde die Beklagte zur Zahlung von Testkaufkosten i.H.v. 45,75 EUR und 2,89 EUR und zur Auskunftserteilung verurteilt. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf den Urteilstenor (Bl. 202 - 204 d.A.) Bezug genommen.

Der Gesamtstreitwert der Klageanträge wurde vom LG auf bis zu 135.000,- EUR festgesetzt.

Der Klägerin hat eine 1,3. fache Verfahrensgebühr sowie eine 1,2-fache Terminsgebühr nach einem Streitwert von 135.000,- EUR nebst Nebenkosten abzüglich einer 0,65 fachen Geschäftsgebühr nach einem Gegenstandswert 135.000,- EUR zur Festsetzung angemeldet (Bl. 234 d.A.).

Im Rahmen der Kostenfestsetzung hat die Rechtspflegerin die Verfahrensgebühr der Prozessbevollmächtigten der Klägerin um 0,65 der jeweils titulierten Geschäftsgebühren (Abmahnkosten) gekürzt und einen Betrag von 1.891,70 EUR in Abzug gebracht.

Hiergegen richtet sich die sofortige Beschwerde des Klägers, mit der er die Festsetzung weiterer 804,25 EUR beantragt. Er ist der Ansicht, anzurechnen sei nur eine 0,65-fache Geschäftsgebühr aus einem Gesamtstreitwert von 135.000,- EUR.

Die Rechtspflegerin hat der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache dem hiesigen Oberlandesgericht zur Entscheidung vorgelegt.

Die originär mit der Sache befasste Einzelrichterin hat das Verfahren dem Senat zur Entscheidung gemäß § 568 Satz 2 Nr. 2 ZPO übertragen.

II. Die gemäß §§ 104 Abs. 2, 567 Abs. 1 und 2, 569 Abs. 1 ZPO zulässige sofortige Beschwerde des Klägers hat in der Sache keinen Erfolg.

Die titulierten vorprozessual angefallenen drei Geschäftsgebühren - nach Gegenstandswerten von jeweils zweimal 45.000,- EUR (d.h. jeweils 1.414,40 EUR) und einmal 20.000,- EUR (d.h. 964,60 EUR) - sind zu Recht mit jeweils 0,65 (also 707, 20 EUR + 707,20 EUR + 482,30 EUR = 1.896,70 EUR; wobei zugunsten des Klägers 5,- EUR zu wenig angerechnet wurden) auf die im nachfolgenden Ausgangsrechtsstreit verdiente 1,3- fache Verfahrensgebühr nach dem Gesamtstreitwert von 135.000 EUR angerechnet worden.

Der Umfang der Anrechnung mehrerer vorgerichtlicher Geschäftsgebühren nach Vorbem. 3 Abs. 4 VV-RVG auf die im nachfolgenden einheitlichen Rechtsstreit verdiente Verfahrensgebühr ist umstritten.

Teilweise wird vertreten, die Anrechnung der Geschäftsgebühren sei nur nach dem (fiktiven) Betrag vorzunehmen, der sich unter Zugrundelegung des Gesamtstreitwertes ergeben würde (OLG Koblenz, Beschluss vom 24.09.2008, 14 W 590/08, JurBüro 2009, 304;). Zur Begründung wird angeführt, dass sich sonst sogar ein negativer Saldo zu Lasten der betroffenen Partei ergeben könne und es nicht gerechtfertigt sei, einerseits die Ersparnis zu berücksichtigen, die durch die Verbindung der Ansprüche in einem Prozess entstehe, andererseits aber die Anrechnung der Geschäftsgebühr zu verlangen, wie sie nur bei getrennten Prozessen möglich sei (OLG Koblenz, aaO).

Das OLG Frankfurt/Main (Beschluss vom 23.06.2009, 18 W 153/09, AGS 2009, 569-571) und das Bayrische Verfassungsgericht (VGH München, Beschluss vom 23.01.2008, 6 C 07.238; juris) rechnen die vorprozessual für mehrere Gegenstände angefallene Geschäftsgebühr auf die spätere Verfahrensgebühr entsprechend dem Anteil des jeweiligen Gegenstandes am gerichtlichen Verfahren an.

Schließlich wird die Ansicht vertreten, dass die angefallenen Geschäftsgebühren ohne Veränderungen auf die Verfahrensgebühr anzurechnen sind (Gerold/Schmidt/Müller-Rabe, RVG, 22. Aufl., Vorb. 3 VV Rn. 295 f.; Riedel/Sußbauer/Ahlmann, RVG, 10. Aufl. VV Verb. 3, Rn. 90; OLG Frankfurt, Beschluss vom 21.08.2012, 18 W 155/12, juris, für die Anrechnung im OH-Verfahren).

Der Senat folgt in ständiger Rechtsprechung letztgenannter Auffassung (vgl. Beschlüsse des Senats vom 14.04.2014, Az. 25 W 303/13 und vom 18.11.2015, Az. 25 W 333/15, jeweils nicht veröffentlicht).

Dafür spricht bereits der Wortlaut der Vorbem. 3 Abs. 4 VV RVG. Danach ist eine Geschäftsgebühr - soweit sie entsteht - anzurechnen. Entstanden sind hier vorprozessual 3 Geschäftsgebühren nach Streitwerten von zweimal 45.000,- EUR und einmal 20.000,- EUR. Für die von dem Kläger erstrebte reduzierte Anrechnung - insoweit inkonsequent, al...

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