Gründe

I. Die Klägerin vermietete der Beklagten mit Vertrag vom 14. Mai 1983 eine Wohnung für die Zeit vom 1. Juli 1983 bis zum 30. Juni 1988. Die Vertragsdauer sollte sich dann jeweils um 1 Jahr verlängern, falls der Vertrag nicht zuvor unter Einhaltung der gesetzlichen Kündigungsfrist gekündigt wurde. Weiter legten die Parteien einen gestaffelten, sich jährlich erhöhenden Mietzins im Mietvertrag fest. Mit Schreiben vom 12. März 1987 kündigte die Beklagte das Mietverhältnis unter Berufung auf § 10 Abs. 2 MHG zum 30. Juni 1987. Die Klägerin erwiderte sogleich, daß eine Kündigung nach § 10 Abs. 2 S. 5 MHG erst nach Ablauf von 4 Jahren und dann auch unter Einhaltung der gesetzlichen Kündigungsfrist ausgesprochen werden könne, so daß das Mietverhältnis der Parteien erst mit Ablauf des 30. September 1987 beendet werde. Die Beklagte zog zum 30. Juni 1987 aus der Mietwohnung aus. Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte für Juli bis September 1987 Miete zu zahlen hat. Das Amtsgericht hat der Klägerin Mietzins für vorgenannten Zeitraum mit der Begründung zugesprochen, die Kündigung einer langjährigen Staffelmietvereinbarung könne vom Mieter frühestens nach Ablauf der 4-Jahresfrist des § 10 Abs. 2 S. 5 MHG erklärt werden. Das von der Beklagten mit der Berufung angerufene Landgericht tendiert demgegenüber dahin, eine Kündigung bereits zum Ablauf der 4-Jahresfrist des § 10 Abs. 2 S. 5 MHG zuzulassen. Es hält die Auslegung von § 10 Abs. 2 S. 5 MHG für grundsätzlich bedeutsam und hat deshalb folgende Folge zur Entscheidung mittels Rechtsentscheids vorgelegt:

"Ist der Mieter gem. § 10 Abs. 2 S. 5 des Gesetzes zur Regelung der Miethöhe (MHG) berechtigt, das Mietverhältnis unter Einhaltung der gesetzlichen Kündigungsfrist mit Wirkung zum Ablauf von 4 Jahren seit Abschluß der Staffelmietvereinbarung zu kündigen

oder

kann der Mieter erstmals nach Ablauf dieser 4 Jahre von seinem Recht zur Kündigung unter Einhaltung der gesetzlichen Kündigungsfrist Gebrauch machen?"

Der Vorlagebeschluß ist in ZMR 1989, 13 abgedruckt.

II. Der Senat kann die Vorlage während der Gerichtsferien bescheiden, obwohl der zugrundeliegende Rechtsstreit keine gesetzliche oder durch Beschluß des Gerichts als solche bezeichnete Feriensache im Sinne des § 200 GVG ist. Die Entscheidung zur Vorlage zum Rechtsentscheid stellt nämlich einen internen Akt der Rechtsfindung dar, der durch die Gerichtsferien nicht berührt wird (Senatsbeschluß vom 12.08.1988, ZMR 1988, 432, unter Hinweis auf den Beschluß des vormals für den Erlaß von Rechtsentscheiden zuständigen hiesigen 4. Zivilsenates vom 10.09.1984, ZMR 1984, 414).

III. Die Vorlage ist gem. Art. III Abs. 1 S. 1 Alternative 2 des 3. MÄG zulässig. Durch das Gesetz zur Erhöhung des Angebots an Mietwohnungen vom 20.12.1982 (BGBl. I S. 1912) ist § 10 Abs. 2 MHG in seiner jetzigen Fassung in das MHG eingefügt worden. Danach haben die Mietvertragsparteien die Möglichkeit, für preisfreien Wohnraum eine Staffelmiete zu vereinbaren. Gem. § 10 Abs. 2 S. 2 MHG darf die Vereinbarung eines gestaffelten Mietzinses nur einen Zeitraum bis zu jeweils 10 Jahren umfassen. Eine Beschränkung des Kündigungsrechtes des Mieters ist allerdings unwirksam, soweit sie sich auf einen Zeitraum von mehr als 4 Jahren erstreckt (§ 10 Abs. 2 S. 5 MHG). Die entscheidungserhebliche Vorlagefrage, ob § 10 Abs. 2 S. 5 MHG den Zeitpunkt der Kündigungswirkung oder den der Kündigungserklärung anspricht, ist von grundsätzlicher Bedeutung. Sie ist nicht auf den vorliegenden Einzelfall beschränkt. Es ist vielmehr zu erwarten, daß sie sich in Zukunft häufiger im Zusammenhang mit der Kündigung von Staffelmietvereinbarungen stellen wird. Die Vorlagefrage wird in der Literatur unterschiedlich beantwortet. Während Barthelmess, Kommentar zum zweiten Wohnraumkündigungsgesetz, 3. Aufl., § 10 MHG Rdz. 75, Landfermann, Gesetz zur Erhöhung des Angebots an Mietwohnungen, Erläuterungen und Materialien zum neuen Mietrecht, Beilage 9/83 zum Bundesanzeiger Nr. 46 a vom 8. März 1983, Seite 54, Fischer-Dieskau/Pergande/Schwender, Wohnungsbaurecht, Band 5, Stand November 1987, § 10 MHG, Anm. 3, S. 6 bis 7, Sternel, Mietrecht, 3. Aufl., III Rdz. 437, Köhler, Das neue Mietrecht, 1983, S. 79, Schade/Schubart, Soziales Miet- und Wohnrecht, Bd. 1, Stand Juni 1988, § 10 MHG, Anm. 4, Schmidt-Futterer/Blank, Wohnraumschutzgesetze, 6. Aufl., C Rdz. 522 eine unter Beachtung der Kündigungsfristen des § 565 Abs. 2 BGB (bereits) zum Ablauf der 4-Jahresfrist des § 10 Abs. 2 S. 5 MHG ausgesprochene Kündigung für unzulässig halten, wird von Voelskow in Münchener Kommentar zum BGB, 2. Aufl., § 10 MHG Rdz. 18 und Gramlich in NJW 1983, 417 bis 419 die Ansicht vertreten, der Mieter könne unter Einhaltung der Fristen des § 565 Abs. 2 BGB spätestens zu dem Zeitpunkt kündigen, der 4 Jahre nach Abschluß der Staffelmietvereinbarung liege. Durch Rechtsentscheid ist über diese Frage noch nicht entschieden worden.

IV. Die Rechtsfrage war wie aus der Entscheidungsformel ersichtlich zu beantworten.

1. Ein...

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