Entscheidungsstichwort (Thema)

Hemmung der Verjährung - Übergang von Kindesunterhaltsansprüchen

 

Verfahrensgang

AG Essen (Beschluss vom 26.02.2016; Aktenzeichen 106 F 5/16)

 

Tenor

Auf die sofortige Beschwerde des Antragstellers vom 23.03.2016 wird der Beschluss des AG - Familiengericht - Essen vom 26.02.2016 (106 S 5/16) geändert.

Dem Antragsteller wird Verfahrenskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt L zur unentgeltlichen Wahrnehmung seiner Rechte bewilligt.

 

Gründe

Die sofortige Beschwerde des Antragstellers ist begründet. Gemäß § 113 Abs. 1 FamFG, § 114 ZPO ist dem Antragsteller Verfahrenskostenhilfe zu bewilligen, weil die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Erfolgsaussichten bietet. Dem Antragsteller steht gegen den Antragsgegner ein Zahlungsanspruch i.H.v. 2.112,44 EUR gemäß § 812 I 1 S. 1 ZPO zu.

Unstreitig hat der Antragsteller sämtliche Zahlungen ab dem 01.04.2014 lediglich unter Vorbehalt geleistet. Soweit es um Steuererstattungsansprüche des Antragstellers geht, hat der Antragsgegner die Aufrechnung erklärt. Die Leistungen des Antragstellers erfolgten ohne rechtlichen Grund. Denn Zahlungsansprüche des Antragsgegners gemäß § 7 UVG im Hinblick auf die in der Zeit von Mai 1995 bis 28.02.2001 erbrachten Leistungen an den Sohn des Antragstellers, X, nach dem Unterhaltsvorschussgesetz waren nach dem schlüssigen Vortrag des Antragstellers gemäß § 195 BGB verjährt, nachdem sich der Antragsteller auf die Einrede der Verjährung berufen hatte (§ 214 Abs. 1 BGB).

Unzutreffend ist die Rechtsauffassung, Zahlungsansprüche, die aufgrund der Beendigung der Beistandschaft wieder auf das Land Nordrhein-Westfalen übergegangen seien, seien nicht verjährt, weil Rückerstattungsansprüche des Landes aus § 7 UVG nach Bewilligung von Unterhaltsleistungen unmittelbar zum Zwecke der Einziehung durch den Amtspfleger auf das Kind zurückübertragen worden seien. Zwar wird in der Literatur die Auffassung vertreten, dass die Hemmung nach § 207 Abs. 1 Nr. 2b) BGB von neuem beginnt, wenn eine Forderung wieder an das Familienmitglied zurückübertragen wird (vgl. Mü-Ko-Grothe, BGB, 7. Auflage, § 207 Rz. 2; StaudingerPeters/Jacoby, BGB, Neubearbeitung 2014, § 207 Rz. 6; Palandt-Ellenberger, BGB, 75. Auflagen, § 207 Rz. 1). Dieser Auffassung folgt der Senat jedoch nicht. Gesetzlicher Grund für die Hemmung der Verjährung gemäß § 207 BGB ist das besondere persönliche Verhältnis der Beteiligten eines der dort bezeichneten Schuldverhältnisse. Das minderjährige Kind soll nicht gezwungen werden, während der Minderjährigkeit Unterhaltsansprüche gegen einen Verwandten geltend zu machen, nur damit diese nicht verjähren. Die Rückabtretung bewirkt zwar, dass das Kind wieder Gläubiger des Unterhaltsanspruchs wird, macht aber den einmal eingetretenen gesetzlichen Forderungsübergang nicht ungeschehen. Wird der Unterhaltsanspruch erst nach Vollendung der Verjährung an das Kind zurückabgetreten, bleibt es bei der einmal eingetretenen Verjährung. Erfolgt die Rückabtretung vor Eintritt der Verjährung, wird die Frist für das Kind nicht wieder gehemmt. Denn der Unterhaltsanspruch dient dazu, dass das Land beim Schuldner wegen des geleisteten Vorschusses Regress nehmen kann. Daran ändert die Rückabtretung nichts. Vielmehr hat das Kind Beträge, die der Schuldner auf den rückständigen Unterhalt gezahlt hat, abzuführen (§ 667 BGB), soweit Zahlungen des Sozialleistungsträgers für das Kind erbracht sind. Das Kind benötigt deshalb den Schutz durch die Hemmung der Verjährung während seiner Minderjährigkeit nicht mehr (vgl. OLG Oldenburg, Beschluss vom 29.11.2012, 13 UF 77/12, BeckRS. 2012, 25078; Gerhardt, in Wendl/Dose, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis, 9. Auflage, § 6 Rz. 151; Klinkhammer, a.a.O., § 8 Rz. 274).

Soweit sich die hierfür darlegungs- und beweispflichtige Antragsgegnerin auf eine Hemmung bzw. einen Neubeginnn der Verjährung beruft, sind derartige Umstände im vorliegenden Verfahren bisher nicht konkret vorgetragen und ergeben sich auch nicht aus dem Vortrag im Verfahren 106 F 20/14 AG Essen.

Die letzte Leistung nach dem UVG erfolgte im Februar 2001, so dass die Regelverjährung hierfür am 31.12.2001 begann und die Verjährung mit Ablauf des 31.12.2004 eingetreten ist.

Durch die regelmäßigen Teilzahlungen, die der Antragsteller nach den Aufstellungen in der Beiakte (dort Bl. 60 f. und 94) in der Zeit vom 05.08.1998 bis 09.02.2001 monatlich und am 25.07.2002 erbracht hat, begann die Verjährung gemäß § 212 Abs. 1 Nr. 1 BGB jeweils neu, zuletzt am 26.07.2002. Verjährung ist mithin mit Ablauf des 26.07.2005 eingetreten. Weder die in der Aufstellung unter dem 16.11.2006 erfasste Zahlung i.H.v. 8,45 EUR, noch erste Zwangsvollstreckungsversuche (Zwangsvollstreckung-Antrag vom 11.05.2007, Beiakte Bl. 75) konnten die Verjährung erneut beginnen lassen.

Rechtsbehelfsbelehrung:

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

 

Fundstellen

Haufe-Index 10229619

NZFam 2017, 371

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge