Leitsatz (amtlich)

Auch wenn die Dynamisierung gem. § 1612a BGB nur für den Unterhalt eines Minderjährigen gilt, ist eine zeitliche Begrenzung bis zur Volljährigkeit des Kindes gesetzlich nicht vorgesehen. Hat der Unterhaltspflichtige ohne eine entsprechende Übereinkunft einen auf die Zeit der Minderjährigkeit befristeten Titel geschaffen, so hat der Minderjährige daher einen Anspruch auf unbefristete Festsetzung seines Unterhaltsanspruchs in Form eines dynamisierten Titels über einen bestimmten Prozentsatz des Mindestunterhalts.

 

Normenkette

BGB § 1612a

 

Verfahrensgang

AG Lüdinghausen (Aktenzeichen 13 F 172/10)

 

Tenor

Der angefochtene Beschluss wird abgeändert.

Der Antragstellerin wird unter Beiordnung von Rechtsanwältin Q Ver-fahrenskostenhilfe bewilligt.

Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst.

 

Gründe

Die sofortige Beschwerde ist gem. §§ 111,113 Abs. 1 FamFG, 127 Abs. 2 ZPO zulässig und hat auch in der Sache Erfolg, da der Rechtsverfolgung der Antragstellerin hinreichende Erfolgsaussicht zukommt und sie nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen nicht in der Lage ist, die Kosten des Verfahrens zu tragen, § 114 ZPO.

Zwar hat nach § 1612a BGB nur das minderjährige Kind einen Anspruch auf Dynamisierung seines Unterhaltes entsprechend seiner jeweiligen Altersstufe. Eine Begrenzung der 3. Altersstufe bis zur Volljährigkeit ist jedoch im Gesetz nicht vorgesehen, auch wenn die Dynamisierungsbestimmungen nur für den Unterhalt eines Minderjährigen gelten. Der Titel gilt dann in Höhe des letzten Zahlbetrages bis zu einer Abänderung fort, da vom Gesetzgeber nicht gewollt ist, dass das Kind gezwungen wird, sich nach Eintritt der Volljährigkeit sogleich einen neuen Titel schaffen zu müssen, wenn es - wie in der Regel - noch unterhaltsbedürftig ist. Da das Kind hierauf ein Anrecht hat, darf ihm dieses nicht dadurch genommen werden, dass der Unterhaltsschuldner gegen den Willen des Kindes einen nur bis zum Eintritt von dessen Volljährigkeit befristeten Titel schafft und das Kind dann hierdurch gehindert wäre, einen seinem materiell-rechtlichem Anspruch entsprechenden Titel zu erhalten. Deshalb hat der Minderjährige auch in den Fällen, in denen ohne eine zuvor mit ihm getroffene Übereinkunft der Unterhaltsverpflichtete einen auf die Zeit der Minderjährigkeit befristeten Titel geschaffen hat, einen Anspruch auf unbefristete Festsetzung seines Unterhaltsanspruches in Form eines dynamisierten Titels über einen bestimmten Prozentsatz des jeweiligen Mindestunterhaltes.

Somit sind vorliegend die Voraussetzungen für die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe gegeben.

 

Fundstellen

Haufe-Index 2658024

FamRZ 2011, 1407

FPR 2011, 7

FamFR 2011, 201

FamRB 2011, 344

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