Leitsatz (amtlich)

Nach ständiger Rechtsprechung des Senats muss der Tatrichter dem Rechtsbeschwerdegericht in seinem Urteil die rechtliche Nachprüfung der Zuverlässigkeit der Feststellung der Geschwindigkeitsüberschreitung ermöglichen. Hierzu gehört, dass er in den Urteilsgründen zumindest die zur Feststellung der eingehaltenen Geschwindigkeit angewandte Messmethode mitteilt und darüber hinaus darlegt, dass mögliche Fehlerquellen ausreichend berücksichtigt worden sind.

 

Verfahrensgang

AG Hagen (Entscheidung vom 30.09.2003)

 

Tenor

Das angefochtene Urteil wird mit den zu Grunde liegenden Feststellungen aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an das Amtsgericht Hagen zurückverwiesen.

 

Gründe

Der Betroffene ist durch das angefochtene Urteil wegen fahrlässiger Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit zu einer Geldbuße von 130,00 EUR verurteilt worden. Außerdem ist ein Fahrverbot von einem Monat angeordnet worden, dessen Wirksamkeit eintritt, wenn der Führerschein nach Rechtskraft des Urteils in amtliche Verwahrung gelangt, spätestens jedoch mit Ablauf von vier Monaten seit Eintritt der Rechtskraft.

Nach den getroffenen Feststellungen befuhr der Betroffene am 06. Dezember 2002 um 10.53 Uhr die BAB 1 in Hagen in Fahrtrichtung Köln in Höhe des Kilometersteins 60,9 mit einer "festgestellten Geschwindigkeit" von 146 km/h, obwohl die zulässige Höchstgeschwindigkeit 100 km/h betrug.

Die Generalstaatsanwaltschaft hat ihren Antrag, das angefochtene Urteil aufzuheben, u.a. wie folgt begründet:

"Die gem. § 79 Abs. 1 Ziff. 2 OWiG statthafte Rechtsbeschwerde ist rechtzeitig eingelegt und form- und fristgerecht begründet worden. Ihr ist in der Sache ein zumindest vorläufiger Erfolg nicht zu versagen.

Das Urteil ist auf die Sachrüge aufzuheben, weil die tatsächlichen Feststellungen des Amtsgerichts die Verurteilung des Betroffenen wegen fahrlässiger Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit bislang nicht tragen. Die Feststellungen sind vielmehr lückenhaft und ermöglichen nicht die Überprüfung der festgesetzten Rechtsfolgen.

Nach ständiger Rechtsprechung des Senats muss der Tatrichter dem Rechtsbeschwerdegericht in seinem Urteil die rechtliche Nachprüfung der Zuverlässigkeit der Feststellung der Geschwindigkeitsüberschreitung ermöglichen.

Hierzu gehört, dass er in den Urteilsgründen zumindest die zur Feststellung der eingehaltenen Geschwindigkeit angewandte Messmethode mitteilt und darüber hinaus darlegt, dass mögliche Fehlerquellen ausreichend berücksichtigt worden sind (zu vgl. Senatsbeschluss vom 13.08.2001 - 2 Ss OWi 725/2001 - m.w.N. und vom 24.03.2000 in MDR 2000, 765).

Vorliegend teilt das Amtsgericht weder mit, mit welcher Messmethode die festgestellte Geschwindigkeitsüberschreitung von den Polizeibeamten ermittelt worden ist, noch wird dargelegt, welcher Toleranzabzug berücksichtigt worden ist.

Diese Mitteilungen waren nicht etwa deshalb entbehrlich, weil der Betroffene, wie im Urteil mitgeteilt ist, ein "Geständnis" abgelegt hat. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (zu vgl. BGH NJW 1993m 3081 ff. m.w.N.) kann zwar eine Verurteilung wegen Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit grundsätzlich auch auf ein Geständnis des Betroffenen gestützt werden. Aber auch, wenn dieses vorliegt, muss das (standardisierte) Messverfahren und die nach Abzug der Messtoleranz ermittelten Geschwindigkeit mitgeteilt werden, zumal der Betroffene das angewandte Messverfahren in der Regel kaum einräumen kann, da ihm dieses meistens nicht bekannt sein wird (zu vgl. OLG Hamm, a.a.O.).

Rechtlich bedenklich ist weiterhin, ob die zur Begründung des angeordneten Fahrverbots herangezogene verkehrsrechtliche Voreintragung des Betroffenen überhaupt verwertbar war.

Bei der Verwertung von Voreintragungen des Betroffenen sind grundsätzlich das Datum des Erlasses des Bußgeldbescheides und das seiner Rechtskraft anzugeben (zu vgl. Senatsbeschluss vom 22.01.2003 NZV 2003, 298). Diesen Anforderungen genügt das angefochtene Urteil nicht. Das Amtsgericht teilt lediglich mit, dass der Betroffene am 05.10.2002 wegen der Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit mit einer Geldbuße in Höhe von 50,00 EUR belegt worden ist.

Diese Ausführungen ermöglichen es dem Rechtsbeschwerdegericht nicht, Feststellungen zur Verwertbarkeit der zu Lasten des Betroffenen berücksichtigten Voreintragungen zu treffen, da nicht erkennbar ist, ob die auf Grund des Vorfalls vom 05.10.2002 ergangene Bußgeldentscheidung zum Zeitpunkt des Urteils am 30.09.2002 bereits rechtskräftig war.

Rechtsfehlerhaft und damit zu beanstanden ist auch, dass das Amtsgericht sich bei der Begründung der Verhängung des Fahrverbots nicht mit der Frage auseinander gesetzt hat, ob nicht allein deshalb von der Verhängung des Fahrverbots - bei gleichzeitiger (nochmaliger) Erhöhung der festgesetzten Geldbuße - abgesehen werden konnte, weil bei diesem Betroffenen der mit dem Fahrverbot erstrebte Besinnungs- und E...

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