Entscheidungsstichwort (Thema)

Eröffnungsbeschluss. fehlender. konkludenter. Schriftform. Anordnung des persönlichen Erscheinens des Angeklagten

 

Leitsatz (amtlich)

Der Wille des Tatrichters, eine Anklage zur Hauptverhandlung zuzulassen, und der Umstand, dass er einen hinreichenden Tatverdacht bejaht hat, kann sich bei Fehlen eines ausdrücklichen Eröffnungsbeschlusses daraus ergeben, dass er in einem Beschluss anlässlich der Terminierung und Ladung das persönliche Erscheinen des Angeklagten (§ 236 StPO) angeordnet hat.

 

Normenkette

StPO §§ 203, 236

 

Verfahrensgang

AG Steinfurt (Entscheidung vom 21.06.2018; Aktenzeichen 23 Ds 117/18)

 

Tenor

Die Revision wird als unbegründet verworfen, da die Nachprüfung des Urteils aufgrund der Revisionsrechtfertigung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben hat (§ 349 Abs. 2 StPO).

Die sofortige Beschwerde wird ebenfalls als unbegründet verworfen.

Die Kosten der Rechtsmittel einschließlich der dem Angeklagten insoweit entstandenen notwendigen Auslagen trägt die Landeskasse (§ 473 Abs. 1 StPO).

 

Gründe

Die Generalstaatsanwaltschaft Hamm hat in ihrer Antragsschrift Folgendes ausgeführt:

"I.

Die Staatsanwaltschaft Münster hat gegen den Angeklagten am 08.03.2018 öffentliche Klage vor dem Amtsgericht - Strafrichter - Steinfurt wegen Erschleichens von Leistungen in zwei Fällen erhoben (Bl. 6-7 R d. A.).

Das Amtsgericht - Strafrichter - Steinfurt hat die Eröffnung des Hauptverfahrens nach Zustellung der Anklageschrift (Bl. 10 11, 11 R d.A.) nicht ausdrücklich beschlossen, indes auf den "Widerspruch" des Angeklagten vom 01.04.2018 (Bl. 12 d.A.) mit Beschluss vom 03.05.2018 (Bl. 14 d. A.) das persönliche Erscheinen des Angeklagten gemäß § 236 StPO angeordnet. Mit weiterer Verfügung vom selben Tag hat das Amtsgericht einen Termin zur Hauptverhandlung anberaumt und den Angeklagten diesbezüglich geladen (Bl. 14, 15 d. A.).

Der Angeklagte ist nachfolgend mit Urteil des Amtsgerichts Steinfurt vom 21.06.2018 wegen Erschleichens von Leistungen in zwei Fällen zu einer Gesamtgeldstrafe von 20 Tagessätzen zu je 25,00 EUR verurteilt worden (Bl. 22-25 d. A.).

Nach Verkündung des Urteils hat der Angeklagte noch im Hauptverhandlungstermin Rechtsmittelverzicht erklärt (Bl. 18 d. A.).

Gegen dieses Urteil hat die Staatsanwaltschaft Münster mit bei dem Amtsgericht Steinfurt am 25.06.2018 eingegangenem Telefax-Schriftsatz vom selben Tag (Bl. 20 d. A.) unbestimmtes Rechtsmittel sowie sofortige Beschwerde gemäß § 464 Abs. 3 StPO gegen die Kosten- und Auslagenentscheidung eingelegt.

Nach Fertigstellung des Hauptverhandlungsprotokolls am 21.06.2018(Bl. 18 d. A.) ist das Urteil auf Anordnung des Vorsitzenden vom 30.06.2018 (Bl. 25, 26 d. A.) der Staatsanwaltschaft Münster am 05.07.2018 zugestellt worden (Bl. 22, 27 d. A.). Mit bei dem Amtsgericht Steinfurt am 01.08.2018 eingegangenem (Bl. 31 d. A.) Schreiben der Staatsanwaltschaft Münster vom 16.07.2018 (Bl. 28 d. A.) hat diese das zuvor eingelegte Rechtsmittel als Revision bezeichnet, jene mit der konkludent erhobenen Rüge der Verletzung formellen Rechts begründet und beantragt, das Urteil des Amtsgerichts Steinfurt vom 21.06.2018 wegen des Fehlens einer Verfahrensvoraussetzung aufzuheben und das Verfahren gemäß § 206a StPO einzustellen.

Dem Angeklagten ist neben einer Mitteilung hinsichtlich der Einlegung der Revision durch die Staatsanwaltschaft auch deren Revisionsbegründung am 03.08.2018 zugestellt worden (Bl. 33, 33 R d. A.).

II.

a)

Die rechtzeitig eingelegte sowie form- und fristgerecht begründete Revision der Staatsanwaltschaft Münster ist zulässig. Der Revision, der nicht beigetreten wird, ist jedoch aus den nachstehenden Gründen der Erfolg zu versagen.

Das Verfahrenshindernis eines fehlenden Eröffnungsbeschlusses liegt nach hiesiger Rechtsansicht nicht vor.

Durch Zulassung der Anklage zur Hauptverhandlung wird das Hauptverfahren auf Grund vorläufiger Tatbewertung unter den Voraussetzungen des § 203 StPO eröffnet.

Zwar enthält die Strafprozessordnung keine speziellen Formvorschriften für den Eröffnungsbeschluss. Es bedarf jedoch insbesondere mit Blick auf dessen Bedeutung als Grundlage des Hauptverfahrens regelmäßig einer schriftlichen Niederlegung der Entscheidung. Erforderlich ist aus Gründen der Rechtsklarheit, dass die Urkunde aus sich heraus oder in Verbindung mit sonstigen Urkunden mit Sicherheit erkennen lässt, dass der Richter die Eröffnung des Hauptverfahrens tatsächlich beschlossen hat (zu vgl. BGH, Beschluss vom 16.06.2015 - 2 StR 29/15 -, zitiert nach juris). Ist dies unterblieben, so besteht ein Verfahrenshindernis, das durch nachträgliche Erklärung des Richters, die Eröffnung des Hauptverfahrens beschlossen zu haben, nicht beseitigt wird (zu vgl. BGH, Beschluss vom 03.04.2012, - 2 StR 46/12 -; BGH, Beschluss vom 16.06.2015 - 2 StR 29/15 -, zitiert nach juris; Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 61. Auflage, 2018, § 207 Rdnr. 8). Es genügt jedoch eine eindeutige und schlüssige schriftliche Erklärung des Gerichts, aus der sich - ggf. in Verbindung mit ...

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