Leitsatz (amtlich)

Die Formulierung in einem privatschriftlichen gemeinschaftlichen Testament, durch die die Ehegatten im Anschluss an die gegenseitige Einsetzung zu Alleinerben bestimmen

"Als weitere Erben können nur unsere derzeitigen Kinder H. und D. eingesetzt werden"

kann als wechselbezügliche Schlusserbeinsetzung der genannten Kinder auszulegen sein.

 

Normenkette

BGB §§ 2269-2270

 

Verfahrensgang

LG Bielefeld (Beschluss vom 26.11.2009; Aktenzeichen 23 T 506/09)

AG Bielefeld (Beschluss vom 09.07.2009; Aktenzeichen 115 VI 87/09)

 

Tenor

Der angefochtene Beschluss und der Vorbescheid des AG Bielefeld vom 9.7.2009 werden aufgehoben.

Eine Erstattung außergerichtlicher Kosten findet nicht statt.

Der Geschäftswert wird auf 50.000 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Erblasserin und ihr Ehemann errichteten am 10.5.1960 ein gemeinschaftliches privatschriftliches Testament. Zu diesem Zeitpunkt war die Erblasserin 38 Jahre alt und ihr Ehemann 37 Jahre alt. Der Ehemann war, was die Ehegatten wussten, schwer erkrankt und verstarb zwei Monate nach der Testamentserrichtung. Das von den Ehegatten eigenhändig geschriebene und unterschriebene gemeinschaftliche Testament hat folgenden Wortlaut:

"Unser Wille

wir Eheleute W, geb. am 29.10.1922 und Ehefrau N, geborene L, geb. am 24.2.1922, vererben uns gegenseitig, unser gemeinsam erworbenes oder geerbtes Vermögen.

Als weitere Erben können nur unsere derzeitigen Kinder I und E eingesetzt werden.

C, 10.5.1960

W

N W geb. L"

Der Beteiligte zu 1) ist der im Testament genannte Sohn I, der Beteiligte zu 2) ist der dort genannte Sohn E. Während der Beteiligte zu 2) das gemeinsame Kind der Erblasserin und ihres Ehemannes ist, ist der Beteiligte zu 1) der nichteheliche Sohn der Erblasserin, der nach der Eheschließung vom Ehemann der Erblasserin adoptiert worden ist.

Am 6.3.1996 verfasste die damals 74jährige Erblasserin ein weiteres eigenhändig geschriebenes und unterschriebenes Testament, das folgenden Wortlaut hat:

"Mein letzter Wille!

Ich, die Unterzeichnende N Christine W, geborene L, geboren am 24.2.1922, bestimme hiermit für den Fall meines Todes das folgende:

Mein verstorbener Ehemann, Herr W und ich haben am 10.5.1960 ein Testament errichtet und uns wechselseitig zu Erben eingesetzt. Im Hinblick auf die Erbschaft nach dem Letztversterbenden von uns haben wir seinerzeit angeordnet, dass als weitere Erben nur unsere damaligen Kinder I und E eingesetzt werden können. Mit dieser Formulierung war gemeint, dass entweder beide Kinder oder nur eines von beiden Kindern Erbe sein sollte.

Ich bestimme deswegen zu meinem Erben meinen Sohn I W geb. am 10.6.1945 in W sein Wohnort H-Weg M

Mein Sohn E soll nur seinen Pflichtteil erhalten, und zwar ausschließlich deswegen, weil ich nicht will, dass Teile des Nachlasses zu Lebzeiten meines Sohnes E oder nach dessen Tod der Ehefrau meines Sohnes E zugute kommen.

gez.

N D W

ge. L"

Nach dem Tod der Erblasserin beantragte der Beteiligte zu 1) in notarieller Urkunde vom 14.5.2009 (Urkunde Nr. .../... des Notars Dr. B S in C) beim Nachlassgericht die Erteilung eines Erbscheins, der ihn als Alleinerben seiner Mutter ausweist.

Der Beteiligte zu 2) widersprach dem Antrag und gab dazu eine Versicherung an Eides Statt ab, in der es heißt:

"... Bei unserem Besuch im Juli 1978 bei meiner Mutter hat meine Mutter sich bei mir und meiner jetzigen Ehefrau gegenüber darüber beklagt, dass I (mein Halbbruder) ihr dauernd "im Nacken sitze". Er wolle, dass sie ein Testament zu seinen Gunsten mache. Aber das könne sie doch gar nicht und das habe sie ihm auch gesagt. Ein einseitiges Testament zu I Gunsten sei doch gar nicht mehr möglich, da beim AG schon ein Testament liege, das auch sie (meine Mutter) mit unterschrieben habe und sie habe dieses Testament doch mit unterschreiben müssen, um das Erbe meines verstorbenes Vaters antreten zu können. Außerdem habe mein verstorbener Vater damals noch vor der Errichtung des gemeinsamen Ehegattentestaments meiner Eltern von meiner Mutter verlangt, dass dieser letzte Wille nach dem Tod meines Vaters aber niemals zu Ungunsten seines eigenen leiblichen Kindes ausgelegt werden dürfe. Das habe sie ihrem sterbenden Ehemann (meinem Vater) auf dem Totenbett in die Hand versprechen müssen. Auch dies habe sie I gesagt. Sie habe ihrem sterbenden Ehemann schwören müssen, dass sein Nachlass gerecht zu gleichen Teilen zwischen I und mir später einmal aufgeteilt würde. Denn für den anderen Fall habe mein sterbender Vater ihr angedroht, sonst nur meine Mutter und mich in einem einseitigen Testament zu seinen Erben einzusetzen. Aus all diesen Gründen könne und wolle sie Helmuts Drängen nicht nachgeben ...

Mit Vorbescheid vom 9.7.2009 kündigte das AG an, den beantragten Erbschein erteilen zu wollen, wenn nicht binnen zwei Wochen hiergegen Beschwerde eingelegt werde.

Mit Schreiben vom 24.7.2009 legte der Beteiligte zu 2) Beschwerde gegen den Vorbescheid ein, die das LG mit Beschluss vom 26.11.2009 zurückwies. Hiergegen richtet sich die weitere Beschwerde des Beteiligten zu 2).

II....

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