Entscheidungsstichwort (Thema)

fehlende Betäubungsmittelabhängigkeit. strafschärfende Bewertung. minder schwerer Fall

 

Leitsatz (amtlich)

Die strafschärfende Wertung des Umstands, dass der Angeklagte die Tat nicht aus einer Betäubungsmittelabhängigkeit heraus begangen hat, ist rechtsfehlerhaft.

 

Normenkette

StGB § 46; BtMG § 30 Abs. 2

 

Verfahrensgang

LG Münster (Entscheidung vom 18.04.2016; Aktenzeichen 14 Ns - 240 Js 435/15 - 3/16)

 

Tenor

  1. Das angefochtene Urteil wird im Rechtsfolgenausspruch mit den zu Grunde liegenden Feststellungen aufgehoben und die Sache im Umfang der Aufhebung zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Revisionsverfahrens - an eine andere kleine Strafkammer des Landgerichts Münster zurückverwiesen.
  2. Die weitergehende Revision wird als offensichtlich unbegründet verworfen.
 

Gründe

I.

Das Amtsgericht Ahaus - Schöffengericht - hat den Angeklagten mit Urteil vom 04.12.2015 wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und drei Monaten verurteilt.

Die hiergegen gerichtete Berufung des Angeklagten hat die 14. kleine Strafkammer des Landgerichts Münster mit Urteil vom 18.04.2016 verworfen.

Gegen dieses in Anwesenheit des Angeklagten und seines Verteidigers verkündete und dem Verteidiger des Angeklagten ausweislich des sich in der Akte befindlichen Empfangsbekenntnisses am 26.05.2016 zugestellte Urteil hat der Angeklagte mit Schriftsatz vom 22.04.2016, per Fax eingegangen beim Landgericht Münster am selben Tag, Revision eingelegt. In der Revisionsbegründung vom 22.06.2016, per Fax eingegangen beim Landgericht Münster am selben Tag, hat der Angeklagte bzw. sein Verteidiger die Verletzung materiellen Rechts gerügt und beantragt, das angefochtene Urteil mit den Verstimmungen aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückzuverweisen. Zur Begründung hat der Angeklagte bzw. sein Verteidiger im Wesentlichen ausgeführt, dass die Strafzumessung rechtsfehlerhaft sei. Sowohl bei der Ablehnung eines minder schweren Falles als auch bei der Strafzumessung im engeren Sinne habe das Landgericht maßgebliche Umstände nicht berücksichtigt. Insbesondere bei der Ablehnung eines minder schweren Falles im Sinne des § 30 Abs. 2 BtMG habe das Landgericht strafschärfend und insoweit rechtsfehlerhaft zu seinen Lasten berücksichtigt, dass eine Betäubungsmittelabhängigkeit zum Tatzeitpunkt nicht vorgelegen habe, da er, der Angeklagte, zum Tatzeitpunkt nach seinen eigenen Angaben lediglich geringe Mengen konsumiert habe.

Die Generalstaatsanwaltschaft hat mit Antragsschrift vom 14.09.2016 beantragt, die Revision gemäß § 349 Abs. 2 StPO als offensichtlich unbegründet zu verwerfen, da die auf die Sachrüge hin vorzunehmende Überprüfung des Urteils in materiell-rechtlicher Hinsicht keine durchgreifenden Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten erkennen lasse.

Der Angeklagte bzw. sein Verteidiger hat keine Gegenerklärung zu der Antragsschrift der Generalstaatsanwaltschaft vom 14.09.2016 abgegeben.

II.

Die gemäß § 333 statthafte und auch im Übrigen zulässige Revision des Angeklagten ist in der Sache teilweise begründet.

1.

Die auf die erhobene Sachrüge hin vorgenommene materiell-rechtliche Überprüfung des Urteils hat im Rahmen der Ausführungen zum Rechtsfolgenausspruch einen durchgreifenden Rechtsfehler zu Lasten des Angeklagten ergeben.

a)

Auch der Rechtsfolgenausspruch ist als Rechtsanwendung vom Revisionsgericht überprüfbar (BVerfG NJW 2007, 2977).

Der Tatrichter muss seine Zumessungserwägungen daher in einem dem Revisionsgericht die Nachprüfung ermöglichenden Umfang darlegen (Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 59. Auflage, § 337 StPO Rn. 34).

Allerdings trägt in erster Linie der Tatrichter die Verantwortung für die Festsetzung von Rechtsfolgen. Insbesondere die Strafzumessung ist grundsätzlich Sache des Tatrichters, wobei er auf der Grundlage des umfassenden Eindrucks, den er in der Hauptverhandlung von der Tat und der Person des Täters gewonnen hat, die wesentlichen entlastenden und belastenden Umstände festzustellen, sie zu bewerten und gegeneinander abzuwägen hat (BGH NJW 1995, 340 m. w. N; Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 59. Auflage, § 337 StPO Rn. 34 m. w. N.). Die Beurteilung des Tatrichters ist dabei bis zur Grenze des Vertretbaren hinzunehmen (BGH NStZ 1982, 114; Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 59. Auflage, § 337 StPO Rn. 34 m. w. N.). Ein Eingriff des Revisionsgerichts in die Strafzumessung ist nur dann möglich, wenn die Zumessungserwägungen in sich fehlerhaft sind, von unzutreffenden Tatsachen ausgehen oder gegen rechtlich anerkannte Strafzwecke verstoßen oder wenn sich die verhängte Strafe nach oben oder unten von ihrer Bestimmung löst, ein gerechter Schuldausgleich zu sein (BGH NJW 2011, 819; NStZ-RR 2008, 343; NJW 1995, 340 m. w. N; Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 59. Auflage, § 337 StPO Rn. 34 m. w. N.).

Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze und Anforderungen kann der Rechtsfolgenausspruc...

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