Verfahrensgang

LG Kleve (Vorlegungsbeschluss vom 19.10.1982)

 

Tenor

Benennt der Mister, der aus persönlichen Gründen vorzeitig aus einem Wohnungsmietvertrag entlassen werden möchte, ein nicht verheiratetes Paar verschiedenen Geschlechts als Ersatzmieter, so ist es dem Vermieter, auch wenn er nicht in demselben Haus und nicht einmal in demselben Ort wohnt, nicht von vorneherein verwehrt, nur aus Gründen seiner religiösen Überzeugung dieses Paar zum Nachteil des Mieters als Ersatzmieter abzulehnen. Die genannten – und etwaige sonstige Ablehnungsgründe des Vermieters sind vielmehr gegen die Belange des Mieters nach den Gesichtspunkten von Treu und Glauben abzuwägen. Eine derartige Abwägung ist jeweils Sache des Einzelfalls und insoweit einer näheren Regelung durch Rechtsentscheid nicht zugänglich.

 

Tatbestand

I.

Das Landgericht … hat dem Senat gemäß Art. III Abs. 1 des Dritten Gesetzes zur Änderung mietrechtlicher Vorschriften vom 21.12.1967 (BGBL. I S. 1248) in der Fassung des Gesetzes vom 5. Juni 1980 (BGBl. I S. 657) durch am 19. Oktober 1982 verkündeten Beschluß folgende Frage zum Rechtsentscheid vorgelegt:

„Kann ein Vermieter, der selbst in einem anderen Ort wohnt, ein Reihenhaus in dörflicher Gegend für eine feste Mietzeit an ein Ehepaar vermietet hat und sich gegen Gestellung eines geeigneten Ersatzmieters zur vorzeitigen Beendigung des Mietverhältnisses bereiterklärt hat, ein nicht verheiratetes Paar als Ersatzmieter ablehnen mit der Begründung, er vermiete aus Glaubensüberzeugung nur an Verheiratete”?

Der Vorlage liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

Die Kläger mieteten von der Beklagten auf Grund Vertrages vom 31.8.1979 deren in … gelegenes Einfamilienreihenhaus für die Dauer von 5 Jahren, beginnend am 1.9.1979, gegen eine monatliche. Miete von 825,– DM. Zudem leisteten die Kläger eine Kaution in Höhe, von 3 Monatsmieten = 2.475,– DM. Da die Kläger zwischenzeitlich selbst ein Eigenheim erworben hatten, traten sie im Jahre 1980 an die Beklagte mit dem Ansinnen heran, das Mietverhältnis zum 1.7.1981 zu beenden. Hiermit: war die Beklagte unter der Voraussetzung, daß die Kläger ihr einen geeigneten Nachmieter benannten, einverstanden. Obwohl die Kläger der Beklagten mehrere Nachmieter benannten, kam es erst ab dem 1.9.1981 zum Abschluß eines Nachfolgemietvertrages, weil die Beklagte die ihr benannten Ersatzmieter abgelehnt hatte. Unter den ihr vorgeschlagenen Ersatzmietern befand sich das unverheiratete Paar …

Die Kläger, die im Juni 1981 ausgezogen waren, entrichteten die Miete für Juli und August nicht. Daraufhin nahm die Beklagte die Kläger in Höhe eines Betrages von 1.650,– DM aus der geleisteten Bürgschaft in Anspruch. Diesen Betrag verlangen die Kläger mit der vorliegenden Klage von der Beklagten erstattet. Sie sind der Auffassung, die Beklagte habe zumindestens einen der von ihnen nachgewiesenen Ersatzmieter akzeptieren müssen. Es wäre ihr dann möglich gewesen, das Nachfolgemietverhältnis schon zum 1.7.1981 zu begründen.

Die Beklagte hat gemeint, sie sei berechtigt gewesen, sämtliche vorgeschlagenen Nachmieter zurückzuweisen.

Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es u.a. ausgeführt, die Beklagte sei grundsätzlich nicht verpflichtet gewesen, einen der nachgewiesenen Nachmieter zu akzeptieren. Die Beklagte habe im Rahmen der ihr zustehenden Vertragsfreiheit den Abschluß eines neuen Mietvertrages ablehnen dürfen, soweit sie dabei nicht gegen Treu und Glauben verstoßen habe. Dahingehendes könne aber nicht festgestellt werden.

Gegen dieses Urteil wenden sich die Kläger mit der Berufung. Sie tragen vor, die Beklagte habe an die von ihnen gestellten Nachmieter übertriebene Anforderungen gestellt. Insbesondere hätte die Beklagte das Paar … nicht ablehnen dürfen, zumal das Mietobjekt nicht im Wohnbereich der Beklagten gelegen habe. Deren Moralvorsteilungen hätten demgegenüber zurückzustehen. Das Landgericht ist nach Prüfung des Parteienvortrages der Auffassung, die Beklagte habe alle ihr benannten Ersatzmieter ablehnen dürfen, jedoch mit Ausnahme des benannten Paares …. Die diesen gegenüber erklärte Ablehnung als Ersatzmieter sei nur berechtigt gewesen, wenn sich die Beklagte auf ihre Glaubensüberzeugung, wonach das Zusammenleben zweier unverheirateter Partner nicht zu billigen sei, mit Erfolg berufen könne. Es komme mithin für die Sachentscheidung des Rechtsstreits auf die Vorlagefrage an, die bisher nicht entschieden sei.

Die Parteien hatten Gelegenheit zur Stellungnahme.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die Vorlage ist zulässig.

III.

Die Vorlagefrage war wie aus der Beschlußformel ersichtlich zu entscheiden.

Grundsätzlich, ist der Vermieter in seiner Entscheidung, wem er sein Eigentum zum Gebrauch überläßt, frei. Denn das Bürgerliche Recht gewährt, ausgehend vom Grundsatz der Privatautonomie, jedem einzelnen das Recht, seine Lebensverhältnisse, mithin auch seine vertraglichen Beziehungen zu anderen im Rahmen der Rechtsordnung eigenverantwortlich zu regeln und zu gestalten. Die Vertragsfreiheit ist als Tei...

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