Entscheidungsstichwort (Thema)

Kurze Freiheitsstrafe bei Bagatelldelikten

 

Leitsatz (amtlich)

Die Verhängung einer Freiheitsstrafe von sieben Monaten wegen des Besitzes von 19,3gr Haschisch stellt auch bei einem mehrfach einschlägig vorbestraften Täter keinen gerechten und angemessenen Schuldausgleich mehr dar.

 

Normenkette

StGB §§ 46-47; BtMG § 29a Abs. 5, § 31a

 

Verfahrensgang

LG Dortmund (Aktenzeichen 42 Ns 182/13)

 

Tenor

Das angefochtene Urteil wird im Rechtsfolgenausspruch mit den zugrunde liegenden Feststellungen aufgehoben.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Revisionsverfahrens - an eine andere kleine Strafkammer des Landgerichts Dortmund zurückverwiesen.

Die weitergehende Revision wird verworfen.

 

Gründe

I.

Das Amtsgericht Hamm hat den Angeklagten mit Urteil vom 19. Juli 2013 wegen unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln zu einer Freiheitsstrafe von 7 Monaten verurteilt. Nach den Feststellungen des Urteils war der bereits vielfach und unter anderem auch mehrfach wegen unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln vorbestrafte und langjährig betäubungsmittelabhängige Angeklagte am 28. Dezember 2012 um 13:50 Uhr im Bereich der O-Parkanlage in I im Rahmen einer Polizeikontrolle im Besitz von 19,31 g Haschisch mit nicht mehr festgestellter Wirkstoffkonzentration angetroffen worden, welches zum Eigenkonsum bestimmt war.

Gegen dieses Urteil hat der Angeklagte rechtzeitig Berufung eingelegt und diese in der Berufungshauptverhandlung auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkt.

Mit Urteil vom 21. Oktober 2013 hat das Landgericht Dortmund die Berufung des Angeklagten verworfen. Hiergegen richtet sich der Angeklagte mit seiner form- und fristgerecht eingelegten Revision, mit der er unter Erhebung der Rüge materiellen Rechts den Antrag verfolgt, das angefochtene Urteil aufzuheben.

Die Generalstaatsanwaltschaft hat beantragt, die Revision des Angeklagten gemäß § 349 Abs. 2 StPO als offensichtlich unbegründet zu verwerfen.

II.

Die Revision des Angeklagten ist teilweise zulässig und hat in dem Umfang, in dem sie zulässig ist, auch in der Sache Erfolg.

1.

Hinsichtlich des Schuldspruchs ist die Revision unzulässig.

Infolge der wirksamen Beschränkung der Berufung sind der Schuldspruch des Urteils des Amtsgerichts Hamm vom 19. Juli 2013 und die ihn tragenden Feststellungen in Rechtskraft erwachsen.

Die insoweit entgegenstehende Rechtskraft führt bezüglich der Angriffe gegen den Schuldspruch bereits zur Unzulässigkeit der Revision.

2.

Der Rechtsfolgenausspruch des angefochtenen Urteils hält dagegen der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.

a.

Die Strafkammer hat im Rahmen der konkreten Strafzumessung als strafschärfend gesehen, "dass es sich nicht nur um eine oder wenige Konsumeinheiten handelte, sondern er (der Angeklagte) sich im Besitz eines immerhin 19,3 g netto schweren Stückes Haschisch befunden hat". In Anbetracht des Umstandes, dass eine Bestimmung des Wirkstoffgehaltes des sichergestellten Haschisch nicht erfolgt ist und deshalb - wie das Landgericht zutreffend ausführt - auch ein sehr geringer Wirkstoffgehalt in Betracht zu ziehen ist, begegnen die vorgenannten Erwägungen durchgreifenden Bedenken, da es an der Feststellung ermangelt, von welcher Mindestanzahl von Konsumeinheiten das Landgericht ausgeht, mit der Folge, dass die erfolgte Bewertung, es handele sich um "nicht wenige" (Konsumeinheiten) einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht zugänglich ist.

b.

Ungeachtet des Vorstehenden wird die mit dem angefochtenen Urteil verhängte Freiheitsstrafe von 7 Monaten den Anforderungen an einen gerechten und angemessenen Schuldausgleich nicht mehr gerecht. Sie steht zu dem Unrechtsgehalt der Tat und der Schuld des Angeklagten außer Verhältnis und verletzt mithin das verfassungsrechtlich verankerte Übermaßverbot.

Allerdings ist die Strafzumessung grundsätzlich allein Sache des Tatrichters. Das Revisionsgericht kann im allgemeinen nur dann eingreifen, wenn die Erwägungen, mit denen der Tatrichter Strafart und Strafmaß begründet hat, in sich rechtlich fehlerhaft sind, wenn anerkannte Strafzwecke außer Betracht geblieben sind oder wenn sich die Strafe nach oben oder unten von ihrer Bestimmung löst, gerechter Schuldausgleich zu sein, d.h., wenn die Strafe in einem groben Missverhältnis zu Tatunrecht und Tatschuld steht und gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz verstößt.

Insoweit ist auch hinsichtlich des letztgenannten Aspektes die grundsätzlich dem Tatrichter vorbehaltene Strafzumessung der rechtlichen Überprüfung durch das Revisionsgericht zugänglich (vgl. Fischer, StGB, 61. Aufl., § 46 Rdn 146, 149 a).

In der obergerichtlichen Rechtsprechung wird nahezu durchgängig die Auffassung vertreten, dass in den Fällen des Besitzes geringer Mengen Betäubungsmittel zum Eigenkonsum im Sinne der §§ 29 Abs. 5, 31 a BtMG auch bei einschlägig vorbestraften abhängigen Drogenkonsumenten die Verhängung einer Freiheitsstrafe nur in Ausnahmefällen in Betracht kommt und sich - soweit sie sich al...

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