Entscheidungsstichwort (Thema)
Strafzumessung. kurze Freiheitsstrafe. Besitz geringer Mengen von Betäubungsmitteln zum Eigenverbrauch. Übermaßverbot
Leitsatz (amtlich)
1. Die Verhängung von Freiheitsstrafen ist bei Besitz geringer Mengen von Betäubungsmitteln zum Eigenverbrauch auch bei einschlägig vorbestraften abhängigen Drogenkonsumenten nur in Ausnahmefällen gerechtfertigt.
2. Befindet sich ein zuvor über mehrere Jahre nicht inhaftierter Angeklagte zum Zeitpunkt der Hauptverhandlung in anderer Sache in Haft, ist zur Begründung der Unerlässlichkeit der Verhängung einer kurzen Freiheitsstrafe im Regelfall eine Erörterung der Frage geboten, welche Einwirkungen die aktuelle bisherige Vollstreckung der Freiheitsstrafe auf den Angeklagten hat bzw. gehabt hat.
Normenkette
StGB §§ 46-47; BtMG § 29 Abs. 5, § 31a
Verfahrensgang
AG Dortmund (Entscheidung vom 13.07.2016) |
LG Dortmund (Aktenzeichen 40 Ns 87/16) |
Tenor
Das angefochtene Urteil wird im Rechtsfolgenausspruch mit den zugrunde liegenden Feststellungen aufgehoben.
Die weitergehende Revision wird verworfen.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere kleine Strafkammer des Landgerichts Dortmund zurückverwiesen.
Gründe
I.
Das Amtsgericht Dortmund hat den Angeklagten mit Urteil vom 13.07.2016 wegen unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln zu einer Freiheitsstrafe von zwei Monaten verurteilt, deren Vollstreckung es zur Bewährung ausgesetzt hat. Nach den Feststellungen des Urteils war der bereits vielfach unter anderem auch wegen (aufgrund von Betäubungsmittelabhängigkeit begangener) Diebstahlstaten vorbestrafte und langjährig betäubungsmittelabhängige Angeklagte am 01.03.2016 um 11:30 Uhr im Eingangsbereich der Bahnstation "T" in E im Rahmen einer Polizeikontrolle im Besitz von drei Stücken Haschisch im Gesamtgewicht von 3,68 Gramm, zwei Tabletten mit dem Wirkstoff Buprenorphin und zwei angebrochenen Tabletten mit dem Wirkstoff Buprenorphin und einer zerbrochenen Tablette mit dem Wirkstoff Buprenorphin angetroffen worden. Dabei war das Amtsgericht mangels Wirkstoffgutachtens von einem unterdurchschnittlichen Wirkstoffgehalt des sichergestellten Haschisch ausgegangen.
Gegen dieses Urteil hat die Staatsanwaltschaft rechtzeitig Berufung eingelegt und diese auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkt.
Mit Urteil vom 03.11.2016 hat das Landgericht Dortmund die Berufung der Staatsanwaltschaft mit der Maßgabe verworfen, dass der Angeklagte zu einer Freiheitsstrafe von zwei Monaten verurteilt wurde, deren Vollstreckung nicht mehr zur Bewährung ausgesetzt wurde. Hiergegen richtet sich die Revision des Angeklagten, mit der er unter Erhebung der Rüge der Verletzung materiellen Rechts den Antrag verfolgt, das angefochtene Urteil aufzuheben.
Die Generalstaatsanwaltschaft hat beantragt, die Revision des Angeklagten gemäß § 349 Abs. 2 StPO als offensichtlich unbegründet zu verwerfen.
II.
1.
Soweit sich die Revision des Angeklagten gegen den Schuldspruch richtet, ist sie unzulässig, da durch die wirksame Beschränkung der Berufung der Schuldspruch des Urteils des Amtsgerichts Dortmund vom 13.07.2016 und die ihn tragenden Feststellungen in Rechtskraft erwachsen sind. Zwar enthält das Urteil des Amtsgerichts Dortmund vom 13.07.2016 keine Feststellungen zum Wirkstoffgehalt der sichergestellten Betäubungsmittel, dies steht jedoch ausnahmsweise der Wirksamkeit der Berufungsbeschränkung gemäß § 318 Satz 1 StPO nicht entgegen.
Grundsätzlich setzt bei einer Verurteilung wegen eines Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz die zutreffende Beurteilung des Schuldumfangs auch Feststellungen zum Wirkstoffgehalt des Betäubungsmittels in Rahmen des Schuldspruchs voraus. Das Unrecht einer Betäubungsmittelstraftat und die Schuld des Täters werden maßgeblich durch die Wirkstoffkonzentration und die Wirkstoffmenge bestimmt (vgl. BGH, Beschluss vom 07.12.2011 - 4 StR 517/11-, [...], Senatsbeschlüsse vom 20.08.2015 - III-1 RVs 51/15 - und vom 01.05.2016 - III-1 RVs 96/15 -; [...]). Von genaueren Feststellungen darf ausnahmsweise jedoch dann nur abgesehen werden, wenn ausgeschlossen ist, dass eine genaue Angabe des Wirkstoffgehalts das Strafmaß zu Gunsten des Angeklagten hätte beeinflussen können (vgl. OLG Köln, Beschluss vom 12.01.1999 - Ss 2/99 -, [...]; OLG Hamm, Beschluss vom 05.01.2016 - III-1 RVs 96/15 -, [...]). Gegenstand des Verfahrens ist der unerlaubte Besitz einer Bruttogewichtsmenge von 3,3 g Haschisch. Angesichts dieser geringen Gewichtsmenge eröffnet sich eine derart enge Bandbreite der je nach Wirkstoffgehalt in Betracht kommenden Konsumeinheiten, so dass ein bestimmender Einfluss auf die Strafzumessung ausgeschlossen werden kann. Mithin war vorliegend das Fehlen von Feststellungen zum Wirkstoffgehalt im amtsgerichtliche Urteil unschädlich; vielmehr tragen die Feststellungen des Amtsgerichts den Schuldspruch und bilden eine hinreichende Grundlage für die Prüfung der Rechtsfolgenentscheidung.
2.
Der Rechtsfol...