Leitsatz (amtlich)

Zum Umfang der erforderlichen Feststellungen bei einer Geschwindigkeitsüberschreitung, die durch ein standardisiertes Messverfahren festgestellt worden ist und zur Täteridentifizierung anhand eines vom Verkehrsverstoß gefertigten Lichtbildes.

 

Verfahrensgang

AG Hagen (Entscheidung vom 14.11.2003)

 

Tenor

Das Urteil des Amtsgerichts Hagen wird mit den zu Grunde liegenden Feststellungen aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Amtsgericht Hagen zurückverwiesen.

 

Gründe

I.

Das Amtsgericht hat gegen den Betroffenen wegen einer fahrlässigen Geschwindigkeitsüberschreitung nach den §§ 41 Abs. 2, 49 StVO in Verbindung mit §§ 24, 25 StVG eine Geldbuße von 100,00 EURO festgesetzt und ein Fahrverbot von einem Monat verhängt. Hiergegen richtet sich die Rechtsbeschwerde des Betroffenen mit der im Einzelnen ausgeführten Rüge des materiellen Rechts. Die Generalstaatsanwaltschaft hat beantragt, das angefochtene Urteil aufzuheben.

II.

Die zulässige Rechtsbeschwerde hat auch in der Sache - zumindest vorläufig - Erfolg.

Das Amtsgericht hat die Verurteilung des Betroffenen wegen einer fahrlässigen Geschwindigkeitsüberschreitung auf folgende tatsächliche Feststellungen gestützt und seine Rechtsfolgenentscheidung wie folgt begründet:

"Am 08.09.2002 um 8.27 Uhr befuhr er in Hagen die Bundesautobahn A 1 mit seinem Pkw Typ Diamond mit dem amtlichen Kennzeichen XXXXXXXX in Fahrtrichtung Bremen. Beim Kilometerstein 59,2 darf auf Grund einer entsprechenden Beschilderung nur mit einer Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h gefahren werden Der Betroffene befuhr diese Stelle aber mit einer Geschwindigkeit von 142 km/h. Er hat damit die zulässige Höchstgeschwindigkeit außerhalb geschlossener Ortschaften um 42 km/h überschritten. Die Geschwindigkeitsüberschreitung wurde durch eine so genannte Radaranlage ermittelt....

Das Gericht hat auch keine Zweifel daran, dass der Betroffene zur Tatzeit den Pkw gefahren hat. Denn insoweit hat das Gericht den Betroffenen im Hauptverhandlungstermin in Augenschein genommen und ihn mit den Fotos auf Blatt 22 der Akten verglichen. Dabei wurde festgestellt, dass die Person, die auf den Fahrerfotos zu sehen ist, identisch ist mit dem Betroffenen....

Wegen dieser Ordnungswidrigkeit hielt das Gericht eine Geldbuße von 100,00 EURO für angemessen. Gleichfalls musste gemäß § 25 StVG ein Fahrverbot von 1 Monat verhängt werden. Gründe von der Regel des § 25 StVG abzuweichen haben sich in der Hauptverhandlung nicht ergeben und sind auch vom Betroffenen nicht vorgetragen worden....."

Die Generalstaatsanwaltschaft hat ihren Aufhebungsantrag wir folgt begründet:

"Das Amtsgericht Hagen hat den Betroffenen durch Urteil vom 14.11.2003 wegen fahrlässiger Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit zu einer Geldbuße von 100,00 EUR verurteilt und gegen ihn ein Fahrverbot für die Dauer eines Monats verhängt (Blatt 89-93 d.A.).

Die gem. § 79 Abs. 1 Ziff. 2 OWiG statthafte Rechtsbeschwerde ist rechtzeitig eingelegt und form- und fristgerecht begründet worden. Ihr ist ein zumindest vorläufiger Erfolg nicht zu versagen.

Das Urteil ist auf die Sachrüge aufzuheben, weil die tatsächlichen Feststellungen des Amtsgerichts die Verurteilung des Betroffenen wegen fahrlässiger Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit bislang nicht tragen. Die Feststellungen sind vielmehr lückenhaft und ermöglichen nicht die Überprüfung der festgesetzten Rechtsfolgen.

Nach ständiger Rechtsprechung des Senats muss der Tatrichter dem Rechtsbeschwerdegericht in seinem Urteil die rechtliche Nachprüfung der Zuverlässigkeit der Feststellung der Geschwindigkeitsüberschreitung ermöglichen. Hierzu gehört, dass er in den Urteilsgründen zumindest das zur Feststellung der eingehaltenen Geschwindigkeit angewandte Messverfahren sowie den berücksichtigten Toleranzwert mitteilt (zu vgl. Senatsbeschluss vom 08.07.2003 - 2 Ss OWi 482/03 - m.w.N.).

Vorliegend teilt das Gericht lediglich mit, dass die Geschwindigkeitsüberschreitung durch eine .,so genannte Radaranlage" ermittelt wurde. Es fehlt jedoch die genaue Bezeichnung des verwendeten Gerätes. Darüber hinaus wird nicht dargelegt, ob und gegebenenfalls welcher Toleranzabzug berücksichtigt worden ist.

Die Urteilsgründe entsprechen darüber hinaus nicht den Anforderungen, die nach der Rechtsprechung der Obergerichte an die Darlegung der Beweiswürdigung zur Identifizierung des Betroffenen anhand der bei Verkehrsüberwachungsmaßnahmen gefertigten Beweisfotos zu stellen sind. Danach müssen die Urteilsgründe so gefasst sein, dass das Rechtsbeschwerdegericht prüfen kann, ob das Belegfoto überhaupt geeignet ist, die Identifizierung einer Person zu ermöglichen. Diese Forderung kann der Tatrichter dadurch erfüllen, dass er in den Urteilsgründen auf die in der Akte befindlichen Fotos gem. § 267 Abs. 1 S. 3 StPO i.V.m. § 71 Abs. 1 OWiG deutlich und zweifelsfrei Bezug nimmt. Die Verwendung des Gesetzestextes wird diesem Erfordernis gerecht (zu vgl. OLG Hamm, Beschluss vom 20.05.2003 - 1 Ss O...

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