Entscheidungsstichwort (Thema)

Schadensersatzklage nach Kfz-Unfall: Behauptung einer vermuteten fachgerechten Fahrzeugreparatur durch den Voreigentümer

 

Leitsatz (amtlich)

1. Behauptet der Geschädigte, von einem eventuellen Vorschaden selbst keine Kenntnis und die beschädigte Sache in unbeschädigtem Zustand erworben zu haben, kann ihm nicht verwehrt werden, eine tatsächliche Aufklärung auch hinsichtlich solcher Punkte zu verlangen, über die er kein zuverlässiges Wissen besitzt und auch nicht erlangen kann. Er ist deshalb grundsätzlich nicht gehindert, die von ihm nur vermutete fachgerechte Reparatur des Vorschadens zu behaupten und unter Zeugenbeweis zu stellen. Darin kann weder eine Verletzung der prozessualen Wahrheitspflicht noch ein unzulässiger Ausforschungsbeweis gesehen werden (vgl. BGH, 15. Oktober 2019, VI ZR 377/18). (Rn. 13)

2. Der Geschädigte muss nicht in Eigeninitiative zunächst Recherchen über den Reparaturweg anstellen und das Ergebnis seiner Bemühungen oder das Scheitern der Bemühungen zur Substantiierung seines Tatsachenvortrags in das Verfahren einführen. (Rn. 13)

3. Hinreichend substantiiert ist das Vorbringen des Geschädigten bereits dann, wenn er vorträgt, das Fahrzeug seinerseits als unbeschädigt erworben zu haben, oder wenn er darlegt, dass bei einer fachkundigen Untersuchung des Fahrzeugs Vorschäden nicht festgestellt worden seien. Beschränkt sich der Kläger allerdings darauf, lediglich pauschal den Erwerb eines unfallfreien Fahrzeugs zu behaupten, kann die Grenze zur willkürlichen Behauptung "aufs Geratewohl" oder "ins Blaue hinein" überschritten sein. (Rn. 13)

 

Normenkette

BGB § 823 Abs. 1; StVG § 7 Abs. 1, § 18 Abs. 1

 

Verfahrensgang

LG Dortmund (Aktenzeichen 21 O 16/21)

 

Tenor

Der Senat weist darauf hin, dass beabsichtigt ist, die Berufung nach § 522 Abs. 2 ZPO durch Beschluss zurückzuweisen.

Es besteht Gelegenheit, innerhalb von drei Wochen ab Zustellung Stellung zu nehmen.

 

Gründe

Die zulässige Berufung hat nach der einstimmigen Überzeugung des Senates offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg.

I. Der Kläger macht gegen die Beklagten Schadensersatzansprüche aus einem behaupteten Verkehrsunfallereignis vom 02.10.2020 in D. geltend. Der Kläger - so seine Behauptung - hatte den am 22.02.2019 letztmals zugelassenen BMW 740i, Baujahr 2006 mit einer Laufleistung von 192.507 km im Straßenraum geparkt. Der Beklagte zu 1 sei mit dem auf den Beklagten zu 2 zugelassenen und bei der Beklagten zu 3 krafthaftpflichtversicherten FIAT Bravo, Baujahr 2009, Kilometerstand 325.452 km, bei dem Versuch neben dem B. rückwärts einzuparken, gegen dessen linke Fahrzeugseite gestoßen, wobei Schäden über die gesamte linke Flanke hinweg entstanden seien. Der B. hatte infolge eines Vorunfalls am 17.01.2019 bereits vor der Besitzzeit des Klägers einen Vorschaden an der linken Flanke aufgenommen. Hierüber verhält sich das Schadensgutachten des Dipl.-Ing ... vom 24.01.2019. Dieser attestierte angesichts der Reparaturkosten von 19.050,84 EUR bei einem Wiederbeschaffungswert von 10.800,- EUR unter Berücksichtigung des Restwerts von 3.100,- EUR eine wirtschaftlichen Totalschaden.

Den Sachschaden vom 02.10.2020 rechnet der Kläger - neben weiteren Positionen - mit 6.930,- EUR nach dem Wiederbeschaffungsaufwand ab. Er hat, nach vorherigem Hinweis des Landgerichts auf den mit Blick auf die deckungsgleiche Vorschadensproblematik ergänzungsbedürftigen Sachvortrag, zu Umfang des Vorschadens und der Art und Weise der Reparatur unter auszugsweiser Vorlage des Schadensgutachtens ... mitgeteilt, er könne dazu nichts vortragen, da er den B. repariert erworben habe, was er vorprozessual in das Zeugnis zweier Zeugen gestellt hatte. Im Weiteren hat er erstinstanzlich vorgetragen, der Vorschaden sei fachgerecht repariert worden, ohne Einzelheiten mitzuteilen.

Die Beklagten haben bestritten, dass es am 02.10.2020 an dem angegebenen Ort zu einem Unfall gekommen sei und dass hierbei die nunmehr vom Kläger geltend gemachten Schäden, die aus drei unabhängig voneinander resultierenden Anstößen resultierten, entstanden seien. Neben der fehlenden Kompatibilität der Schäden haben sie behauptet, es liege ein manipuliertes Geschehen vor.

Das Landgericht hat in der mündlichen Verhandlung erneut darauf hingewiesen, dass mangels konkreter Angaben zu Art und Weise der Reparatur des Vorschadens es weiterhin an substantiiertem Vortrag zum Schaden fehle. Das Landgericht hat nach Anhörung des Beklagten zu 1 die Klage abgewiesen. Der Kläger habe nichts dazu vorgetragen, in welcher Weise der Vorschaden repariert worden sei, so dass eine Abgrenzung, welche Schäden durch den Vorunfall und welche durch den aktuellen Unfall entstanden seien, nicht vorgenommen werden könne. Dabei ist das Landgericht - entgegen dem ausdrücklichen Vortrag des Klägers in dem mit der Klageschrift überreichten vorprozessualen Schreiben an die Beklagte zu 3 vom 26.11.2020 - davon ausgegangen, dass sich der Vorschaden in der Besitzzeit des Klägers ereignet habe, Seite 5 des Urteils.

Mit der B...

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