Verfahrensgang

LG Bonn (Aktenzeichen 54 StVK 586/15)

 

Tenor

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Behandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens - an die Strafvollstreckungskammer beim Landgericht Bonn zurückverwiesen.

 

Gründe

I.

Der Betroffene verbüßt - vom 21.05.2007 bis zum 11.12.2014 in Untersuchungs- und Strafhaft in der Justizvollzugsanstalt X und seither in der Justizvollzugsanstalt Y - wegen Betäubungsmitteldelikten eine Gesamtfreiheitsstrafe von 14 Jahren. Von dieser Strafe werden am 23.09.2016 zwei Drittel verbüßt sein; das Strafende ist auf den 25.05.2021 notiert.

Am 07.10.2015 beantragte der Betroffene die Verlegung in den offenen Vollzug. Der Leiter der Justizvollzugsanstalt Y lehnte dies mit Bescheid vom 10.11.2015 sowohl wegen Flucht- und Missbrauchsgefahr als auch - wie sich noch hinreichend aus den Gründen zu Ziffer II. der angefochtenen Entscheidung ergibt - wegen fehlender Eignung des Betroffenen ab. Zur Begründung hat der Antragsgegner nach den Feststellungen des angegriffenen Beschlusses Folgendes ausgeführt:

"Der Antragsteller habe sich bislang in keinster Weise mit seinen (erheblichen) Straftaten auseinandergesetzt und zeige keine Einsicht in seine Verurteilung. Zudem sei sein Vollzugsverhalten nicht beanstandungsfrei. Bis Ende 2012 sei er mehrfach u.a. wegen Beleidigung und Bedrohung von Bediensteten, Körperverletzungen zum Nachteil von Mitgefangenen, Nichtbefolgung von Weisungen und Störung der Anstaltsruhe aufgefallen. Zwar seien danach eine Zeit lang keine Disziplinarmaßnahmen mehr verhängt worden. Zuletzt habe der Antragsteller jedoch am 07.10.2015 die Bediensteten der Kammer als "Hurensöhne" beschimpft. Generell falle er permanent dadurch auf, dass er Anordnungen nicht einfach akzeptieren könne, sondern diese ausdiskutieren möchte."

Das Vorbringen des Antragsgegners im gerichtlichen Verfahren wird in der angefochtenen Entscheidung dahingehend zusammengefasst, dass dem Betroffenen insbesondere angesichts der fehlenden Auseinandersetzung mit der Straftat derzeit "noch keine positive Prognose" gestellt werden könne. Der Betroffene müsse sich zunächst in einer offenen Abteilung der Justizvollzugsanstalt Y erproben und an seinem Sozialverhalten arbeiten, ehe an eine Verlegung in den offenen Vollzug zu denken sei.

Den gegen den vorgenannten Bescheid eingelegten Antrag des Betroffenen auf gerichtliche Entscheidung hat die Strafvollstreckungskammer mit dem angefochtenen Beschluss als unbegründet zurückgewiesen.

Gemäß § 12 Abs. 1 S. 2 StVollzG NRW solle ein Gefangener im offenen Vollzug untergebracht werden, wenn er den besonderen Anforderungen des offenen Vollzuges genügt und keine Gefahr der Entweichung oder neuer Straftaten bestehe. Bei der Einschätzung der Eignung des Gefangenen für den offenen Vollzug oder des Bestehens von Flucht- oder Missbrauchsgefahr stehe der Vollzugsbehörde ein Beurteilungsspielraum zu, dessen Einhaltung gerichtlich nur dahin zu überprüfen sei, ob der Anstaltsleiter von einem zutreffend und vollständig ermittelten Sachverhalt ausgegangen sei, man den richtigen Begriff der Versagungsgründe zugrunde gelegt habe, und ob die Beurteilung des Gefangenen vertretbar sei.

Diesen Anforderungen werde die Entscheidung des Antragsgegners gerecht, eine Verlegung in den offenen Vollzug aufgrund einer Missbrauchsgefahr abzulehnen. Der Antragsteller habe sich bislang nicht mit der von ihm begangenen Straftat auseinandergesetzt; er leugne sie nach wie vor. Allein dieser Umstand, welcher auf eine fehlende Unrechtseinsicht schließen lasse, begründe schon für sich eine nicht unerhebliche Gefahr der künftigen Begehung weiterer Straftaten. Zudem sei der Antragsteller auch unter den Bedingungen des Vollzugs mehrfach durch Bedrohungen, Beleidigungen und Körperverletzungen aufgefallen. Zuletzt habe er Bedienstete am 07.10.2015 als "Hurensöhne" betitelt. Abgesehen von dem strafrechtlichen Charakter dieser speziellen Äußerung zeige der Umgang des Antragstellers mit Bediensteten generell, dass er nicht dazu bereit sei, Anordnungen unmittelbar Folge zu leisten, sondern diese stets ausdiskutieren wolle. Offenbar sei er noch nicht uneingeschränkt dazu in der Lage, sich in ein System einzuordnen und Regeln zu befolgen. Wenn der Antragsgegner auf dieser Grundlage zu dem Ergebnis komme, dass eine Verlegung in den offenen Vollzug aufgrund bestehender Missbrauchsgefahr und wegen fehlender Eignung abzulehnen sei, sei dies vertretbar und nicht zu beanstanden.

Gegen den Beschluss wendet sich der Betroffene mit der Rechtsbeschwerde, mit der er beantragt, den angefochtenen Beschluss aufzuheben und den Antragsgegner zur Verlegung des Betroffenen in den offenen Vollzug zu verpflichten.

Das Justizministerium des Landes Nordrhein-Westfalen hält die Rechtsbeschwerde mangels Zulassungsgrundes für unzulässig.

II.

Die angesichts der am 04.03.2016 erfolgten Zustellung der angefochtenen Entscheidung an den im Verfahren v...

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