Leitsatz (amtlich)

  • 1.

    Fahrlässigkeit und Vorsatz beziehen sich im Rahmen des § 24 a Abs. 2 StVG auch auf die Wirkung des Rauschmittels zum Tatzeitpunkt.

  • 2.

    An der Erkennbarkeit der Wirkung zum Tatzeitpunkt kann es ausnahmsweise fehlen, wenn zwischen der Einnahme des Rauschmittels und der Begehung der Tat längere Zeit vergeht.

 

Verfahrensgang

AG Soest (Entscheidung vom 01.02.2005; Aktenzeichen 20 OWi 120 Js 1755/04 OWi -210/04)

 

Tenor

  • 1.

    Die Sache wird dem Bußgeldsenat in der Besetzung mit drei Richtern zur Entscheidung übertragen.

  • 2.

    Das angefochtene Urteil wird mit den Feststellungen aufgehoben

    Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsbeschwerde, an das Amtsgericht Soest zurückverwiesen.

 

Gründe

I.

Das Amtsgericht hat den Betroffenen wegen fahrlässigen Führens eines Kraftfahrzeuges unter der Wirkung eines berauschenden Mittels zu einer Geldbuße in Höhe von 125,- EUR und einem Fahrverbot von einem Monat Dauer verurteilt.

Das Amtsgericht hat zum Verkehrsverstoß folgende Feststellungen getroffen:

" Am 06.05.2004 um 11:00 Uhr befuhr der Betrofffene mit dem Mokick, amtliches Kennzeichen : xxxx, unter anderem den Rosenweg in M. Dabei stand er unter der Wirkung von Haschisch. Eine dem Betroffenen am Tattag um 11:35 Uhr entnommenen Blutprobe ergab folgende Werte:

THC:

6,9 ng/ml

OH-THC:

2,8 ng/ml

THC-COOH:

49,2 ng/ml.

Aufgrund des vorangegangenen Haschischkonsums hätte der Betroffene erkennen können und müssen, dass er noch unter dessen Wirkung stand und dementsprechend die Fahrt unterlassen können und müssen."

Zur Beweiswürdigung hat das Amtsgericht folgendes ausgeführt:

"Der Betroffene hat den Sachverhalt eingeräumt. Er hat sich dahin eingelassen, zwei oder drei Tage vor der Tat Haschisch - wie viel wisse er nicht mehr - konsumiert zu haben. Er habe früher häufiger mal Haschisch genommen.

Die vorstehenden Feststellungen beruhen auf der nach Maßgabe des Hauptverhandlungsprotokolls durchgeführten Beweisaufnahme. Zweifel an der Richtigkeit der Analyseergebnisse des chemisch-toxikologischen Gutachtens des Chemischen Untersuchungsamtes der Stadt H. vom 09.06.2004 bestehen nicht und sind von dem Betroffenen bzw. dem Verteidiger auch nicht vorgebracht worden. In Anbetracht dessen sowie des von dem Betroffenen eingeräumten Haschischkonsums kann dahingestellt bleiben, ob die in dem ärztlichen Bericht zur Blutentnahme festgestellten erweiterten Pupillen Anzeichen für den vorangegangenen Drogenkonsum waren oder aber, wie sich dem von dem Betroffenen vorgelegten augenärztlichen Bericht der Doktoren B. und S. vom 25.01.2005 entnehmen lässt, bedingt waren durch eine operative Linsenlosigkeit."

Zur rechtlichen Würdigung enthält das angefochtene Urteil folgende Ausführungen:

"Der Betroffene hat danach vorwerfbar und zumindest fahrlässig eine Ordnungswidrigkeit des Führens eines Kraftfahrzeugs im Straßenverkehr unter der Wirkung eines berauschende Mittels gemäß § 24 a Abs. II, Abs. III StVG begangen. Allerdings ist die Vorschrift des § 24 a StVG verfassungskonform dahin auszulegen, dass eine Konzentration einer in der Anlage genannten Substanz im Blut nachgewiesen wird, die es entsprechend dem Charakter der Vorschrift als eines abstrakten Gefährdungsdelikts als möglich erscheinen lässt, dass der untersuchte Kraffahrzeugführer am Straßenverkehr teilgenommen hat, obwohl seine Fahrtüchtigkeit eingeschränkt war (vgl. im Einzelnen BverfG, Kammerbeschluß vom 21.12.2004, NJW 2005, 349). Nicht jeder - aufgrund des technischen Fortschritts über einen langen Zeitraum zu führende - Nachweis von THC im Blut eines Verkehrsteilnehmers nach vorangegangenem Haschischkonsum reicht danach für eine Verurteilung nach § 24 a Abs. II StVG aus. In der Wissenschaft wird teilweise bei einer THC-Konzentration von unter oder gleich 1 ng/ml eine mögliche Einschränkung der Fahrtüchtigkeit verneint (Vgl. BverfG aO m.w.N.). Bei der hier festgestellte Wirkstoffkonzentration von 6,9 ng/ml THC im Blut des Betroffenen ist allerdings die "Erheblichkeitsschwelle" bei weitem überschritten. Diese Konzentration war auf jeden Fall geeignet, das sichere Führen von Kraftfahrzeugen zu beeinträchtigen."

Gegen dieses Urteil richtet sich die Rechtsbeschwerde des Betroffenen. Der Generalstaatsanwalt beantragt, die Rechtsbeschwerde zu verwerfen.

II.

Die Entscheidung über die Rechtsbeschwerde ist auf den Bußgeldsenat in der Besetzung mit drei Richtern übertragen worden, weil es gemäß § 80 a Abs. 3 Satz 1 OWiG geboten ist, das Urteil zur Fortbildung des Rechts nachzuprüfen. Der vorliegende Einzelfall gibt Veranlassung, die Frage, welche Anforderungen in subjektiver Hinsicht an einen Verstoß gegen § 24 a Abs. 2 StVG zu stellen sind, näher zu klären.

Die Entscheidung über die Übertragung der Sache auf den Senat in der Besetzung mit drei Richtern beruht auf einer Entscheidung des Einzelrichters gemäß § 80 a Abs. 1 OWiG.

III.

Die fristgemäß eingelegte und begründete Rechtsbeschwerde ist gemäß § 79 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 OWiG statthaft und auch im übrigen zuläs...

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