Entscheidungsstichwort (Thema)

Löschung eines Nießbrauchs bei Eintritt der Pflegebedürftigkeit des Berechtigten

 

Leitsatz (amtlich)

1) Die Bewilligung der Löschung eines Nießbrauchs, die der Berechtigte bei der Bestellung des Rechts ("bereits jetzt") aufschiebend bedingt für den Eintritt der Pflegebedürftigkeit in der Form einer endgültigen und dauernden Heimunterbringung erklärt, ist grundbuchverfahrensrechtlich unwirksam.

2) Eine gleichzeitig erteilte Vollmacht zur Bewilligung der Löschung des Rechts, die unter derselben aufschiebenden Bedingung erteilt ist, hat das Grundbuchamt auf den Eintritt der Bedingung zu überprüfen. Es besteht in einem solchen Fall kein Anlass, von dem Erfordernis des Nachweises des Eintritts in der Form des § 29 GBO abzusehen.

 

Normenkette

GBO § 19; BGB §§ 875, 1030, 1061

 

Verfahrensgang

AG Siegen (Beschluss vom 10.05.2010; Aktenzeichen SI-9742-6)

 

Tenor

Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben.

Das Grundbuchamt wird angewiesen, den am 25.05.2010 in Abt. II lfd. Nr. 8 und 9 des Grundbuchs eingetragenen vorläufigen Amtswiderspruch in der Veränderungsspalte als endgültig zu kennzeichnen.

 

Gründe

I. Die Beteiligte zu 2) und ihre Schwester L2 übertrugen mit notariellem Vertrag nebst Auflassung vom 20.09.2007 - UR-Nr. 310/2007 des Notars I in T2 - ihre jeweils hälftigen Miteigentumsanteile an den eingangs genannten Grundstücken auf den Beteiligten zu 1). Zugleich behielten sie sich ein lebenslanges und unentgeltliches Nießbrauchrecht an sämtlichen Räumlichkeiten des Hauses vor. Der Beteiligte zu 1) wurde am 23.10.2007 als alleiniger Grundstückseigentümer in das Grundbuch eingetragen. Die Eintragung des Nießbrauchrechts, löschbar bei Nachweis des Todes, wurde am selben Tage in Abt. II Nr. 6 und 7 des Grundbuchs eingetragen.

In dem notariellen Vertrag vom 20.09.2007 ist zu dem Nießbrauchrecht unter anderem folgendes ausgeführt:

"Die Erschienenen zu 1 und 2 [die Berechtigten] bewilligen bereits jetzt unwiderruflich die Löschung des ihnen jeweils zustehenden Nießbrauchrechtes für den Fall, dass aufgrund nachhaltig eingetretener Pflegebedürftigkeit eine endgültige und dauernde Heimunterbringung der Erschienenen zu 1 oder zu 2 erfolgt und infolge dessen eine Rückkehr in die dem Nießbrauchrecht unterliegenden Räumlichkeiten des Hauses I-Str. 40 ausgeschlossen ist.

Die Erschienenen zu 1 und 2 erteilen insoweit, jeder für sich selbst, dem Erschienenen zu 3 [dem Beteiligten zu 1)] die Vollmacht, beim Eintritt vorstehender Bedingung, der dem Grundbuchamt durch ein entsprechendes ärztliches Attest nachzuweisen ist, die Löschung des Nießbrauchrechts im Grundbuch von T2 Blatt 9742 in Vollmacht und im Namen der Erschienenen zu 1 und 2 zu bewilligen und zu beantragen. Die Vollmacht gilt jeweils seitens der Erschienenen zu 1 und 2 unabhängig voneinander zu Gunsten des Erschienenen zu 3 erteilt."

Am 18.10.2009 verstarb Frau L2. Für die Beteiligte zu 2) wurde in dem bei dem Amtsgericht Siegen geführten Betreuungsverfahren - 33 XVII K 1513 - am 27.01.2010 Frau B zur Betreuerin bestellt. Der Aufgabenkreis der Betreuerin umfasst unter anderem die "Klärung des Nießbrauchsrechts". Derzeit lebt die Beteiligte zu 2) in dem Alten- und Pflegeheim Haus "P" in T2.

Der Beteiligte zu 1) beantragte am 23.03.2010 in notariell beglaubigter Form - UR-Nr. 34/2010 des Notars M in T2 - die Löschung der Nießbrauchsrechte wie folgt:

"Der Eigentümer, Herr L, des im Grundbuch von T2 Blatt 9742 verzeichneten Grundbesitzes beantragt hiermit Bezugnahme auf die Löschungsbewilligungen der Berechtigten in dem notariellen Übertragsvertrag des Notars I in T2 vom 20.09.2007 - UR-Nr. 310/2007, und unter Überreichung der Sterbeurkunde der Frau L2 sowie des ärztlichen Attestes des Dr. med. I2 in T2 vom 22.02.2010 betr. Frau L3, die Löschung der in Abt. II lfd. Nr. 6 u. 7 jeweils für die Berechtigten, Frau L2 und Frau L3, eingetragenen Nießbrauchrechte."

In dem in Bezug genommenen Attest vom 22.02.2010 war ausgeführt, dass die Beteiligte zu 2) "aufgrund einer Demenz vom Alzheimertyp, eines Diabetes mellitus, einer Herzinsuffizienz und einer Anpassungsstörung nach dem Tod der Schwester der Betreuung und der Unterbringung im Pflegeheim" bedürfe.

Mit Schriftsatz vom 24.03.2010 reichte der Notar den Antrag nebst in Bezug genommener Anlagen bei dem Amtsgericht - Grundbuchamt - Siegen ein und stellte den Löschungsantrag nach § 15 GBO. Das Grundbuchamt nahm daraufhin die Löschung der Nießbrauchrechte am 29.03.2010 vor.

Dem trat die Beteiligte zu 2) mit Schriftsatz ihrer Verfahrensbevollmächtigten vom 09.04.2010 entgegen und regte die Eintragung eines Amtswiderspruchs an. Denn eine endgültige und dauernde Heimunterbringung stehe nicht fest; eine Rückkehr in die Räumlichkeiten des Hauses I- Straße 40 sei nicht ausgeschlossen.

Mit Beschluss vom 10.05.2010 lehnte das Grundbuchamt die Eintragung eines Amtswiderspruchs gegen die eingetragene Löschung ab. Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Beteiligten zu 2) vom 14.05.2010, der das Grundbuchamt nicht abgeholfen hat...

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